Nizza-Randale: Kölns nächste Europa-Partie als Risikospiel

    Aufarbeiten der Randale in Nizza:Kölns nächste Europa-Partie als Risikospiel

    09.09.2022 | 18:00
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    Die Randale von Nizza beschäftigt die französische Justiz und den 1. FC Köln. Dessen nächste Europa-Partie wurde zum "Risikospiel" hochgestuft.

    Erschreckende Bilder rund um das Spiel des 1. FC Köln in der Conference League in Nizza: Vor dem Anpfiff gehen Hooligans beider Vereine auf der Tribüne aufeinander los.09.09.2022 | 0:52 min
    Steffen Baumgart stand der Schock über das Erlebte auch am Tag danach noch ins Gesicht geschrieben.
    Weil er für das Conference-League-Spiel seines 1. FC Köln beim OGC Nizza (1:1) gesperrt war, hatte der Trainer auf der Tribüne die Ausschreitungen vor der Partie mit 32 Verletzten aus der Nähe erlebt. "Ich halte mich nicht für den ängstlichsten Menschen", sagte er.

    Aber das, was gestern passiert ist, wird mich sehr lange begleiten. Das war einfach nur nackte Gewalt.

    Steffen Baumgart

    Er selbst habe versucht, auf die Randalierer einzuwirken, berichtete er. "Aber da war nichts möglich. Die Jungs, die hochgeguckt haben, haben durch mich durchgeguckt. Und danach sind wir in den VIP-Raum gegangen, um selbst geschützt zu sein." Er habe darum gebeten, kurz zur Mannschaft zu dürfen. "Das wurde wegen der Gelb-Roten Karte abgelehnt", kritisierte er die Verantwortlichen.

    UEFA leitet Untersuchung ein

    Derweil begann die Aufarbeitung der Zwischenfälle. Die Konsequenzen für den Verein seien "noch nicht abzusehen", sagte Kölns Geschäftsführer Christian Keller. "Da gibt es sicher eine große Bandbreite." Diese reicht von Geldstrafen bis zu Auflagen oder auch Geisterspielen und Zuschauer-Ausschluss bei Auswärtsspielen.
    Die Europäische Fußball-Union UEFA leitete am Freitag eine Untersuchung ein. Bei den Vorwürfen gegen den 1. FC Köln geht es um das Werfen von Gegenständen, das Abbrennen von Feuerwerkskörpern und die Tumulte auf den Rängen. Gegen die Gastgeber wird auch wegen der Sicherheitsvorkehrungen ermitttelt.

    Kölner Fans nicht zum ersten Mal auffällig

    Erschwerend für die Kölner dürfte hinzukommen, dass Fans des Effzeh nicht zum ersten Mal negativ auffielen. Auch bei der bislang letzten Saison im Europapokal 2017/2018 musste die UEFA auf das Fehlverhalten einiger Anhänger bei Auswärtsspielen in London und Belgrad reagieren.
    Als erste Direkt-Maßnahme stufte die UEFA das Kölner Heimspiel am kommenden Donnerstag gegen den 1. FC Slovacko aus Tschechien zum "Risikospiel" hoch.

    Nizza-Bürgermeister kritisiert FC-Fans

    Die Staatsanwaltschaft in Nizza hat derweil mehrere Ermittlungsverfahren eingeleitet. Schwierig ist aber die Frage nach der Schuld. Die zuständige Präfektur warf den Fans der deutschen Mannschaft vor, vor dem Spiel Randale verursacht zu haben. "Es gab seitens der deutschen Fans außerhalb des Stadions Bestrebungen, Auseinandersetzungen zu suchen", sagt Benoît Huber, Kabinettsdirektor des Präfekten, der AFP.
    Auch der Bürgermeister von Nizza, Christian Estrosi, sprach von einem "skandalösen Verhalten der Fans des 1. FC Köln und fehlenden Respekt gegenüber der Stadt, die sie großzügig empfangen hat".

    PSG-Ultras im Gästeblock

    Mehreren Quellen zufolge hatten sich als Kölner Fans getarnte Hooligans in den Gästeblock geschmuggelt. Mehrere Hundert von ihnen, die sich rot-weiß vermummt hatten, stürmten von der Gasttribüne auf eine andere Tribüne und prügelten sich dort mit Fans des OGC Nizza. Zu Beginn des Spiels hatte eine Ultra-Gruppe von Paris Saint-Germain auf der Gasttribüne ein Transparent enthüllt. Zwischen den Ultra-Fans von PSG und des 1. FC Köln bestehen seit Jahren enge Beziehungen.
    PSG verurteilte am Freitag die Gewalt während des Spiels. Zu den Verletzten zählt auch ein PSG-Fan, der sich auf der Gasttribüne befand und stark alkoholisiert fünf Meter tief stürzte. Er wurde schwer verletzt, schwebt nach Angaben der Präfektur aber nicht mehr in Lebensgefahr.

    FC warnte vor Randale

    FC-Geschäftsführer Keller betonte indes, dass sein Verein im Vorfeld auf zahlreiche Sicherheitsbedenken aufmerksam gemacht habe. Die Kölner hätten "ein deutlich höheres Polizeiaufkommen" und auch "eine bessere Fantrennung" dringend empfohlen:

    Es war bekannt, dass wahrscheinlich Mitglieder der verbotenen Gruppierung von Paris St. Germain kommen, darauf haben wir hingewiesen und Vorschläge gemacht. Diese wurden aber größtenteils nicht angenommen.

    Kölns Geschäftsführer Christian Keller

    Köln will Randalierer ausschließen

    Keller kündigte weiter an, der Verein werde "mit aller Härte und Entschlossenheit" versuchen, die Beteiligten an den Krawallen zu ermitteln. "Ich weiß nicht, ob das 50, 60 oder 70 waren. Es waren auf jeden Fall sehr, sehr wenige", sagte Keller. "Aber wir werden alles probieren, um möglichst viele rauszuziehen. Und die schließen wir dann aus, die werden nix mehr machen."
    Positiv war für den Geschäftsführer das Verhalten des großen Teils der friedlichen Fans. "Über 7.900 der 8000 haben sich korrekt verhalten", sagte er. "Ich habe gehört, wie sie gesungen haben: 'Wir sind Kölner und ihr nicht'. Oder wenn ich Videos sehe, auf denen richtige Fans versuchen, den anderen die Sturmkappen wegzuziehen - das ist Zivilcourage. Davon brauchen wir mehr. Und da muss der Klub vorangehen", so Keller.
    Quelle: dpa, AFP, SID
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