Fußball-WM: Die Keeper von Argentinien und Kroatien im Fokus

    Martinez und Livakovic:Torhüter mit Heldenstatus

    von Frank Hellmann
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    Die WM-Halbfinalisten Argentinien und Kroatien konnten sich bisher auf ihre Keeper verlassen. Auch in der Heimat sind Emiliano Martinez und Dominik Livakovic sehr populär.

    Emiliano Martinez
    Garant für Argentiniens Halbfinaleinzug: Emiliano Martinez.
    Quelle: Reuters

    Wie sich doch die Bilder ähneln. Erst recht nach einem Elfmeterschießen. Sowohl in Argentinien als auch in Kroatien wollen gerade ganz viele Kinder Torhüter werden, heißt es. Um einmal so viel Anerkennung zu bekommen, wie die, die gerade auf Emiliano Martinez und Dominik Livakovic herabregnet. Sie sind die Helden des Tages, weil sie ihre Mannschaften mit gehaltenen Elfmetern bei der Fußball-WM erst das Halbfinale zwischen Argentinien und Kroatien (Dienstag, 20 Uhr) ermöglichten.
    Der argentinische Nationalkeeper Martinez ist der typische Spätstarter. Alle nennen den 30-Jährigen nur "Dibu", wobei sich der Spitzname von Dibujo ableitet, eine animierte Figur aus einer argentinischen Telenova.
    "Dibus" Aufstieg begann bei der Copa América 2021, als der erst wenige Monate zuvor in der Nationalelf debütierende Schlussmann über Nacht zum Volkshelden aufstieg. Im Halbfinale gegen Kolumbien hielt Martinez drei Elfmeter und bekam nach dem Turniersieg den Preis als bester Torwart.

    Auch Messi hält viel von Martinez

    "Ich habe viel Scheiße durchgemacht", sagte Martinez nach dem Copa-Endspiel gegen Brasilien. Er hat nicht vergessen, dass der Fußball früh die Familie zerriss. Bereits mit zwölf Jahren zog er von Mar del Plata in die Akademie von CA Independiente in die Provinz Buenos Aires.

    Die hohe Zahl verschossener Elfmeter bei der WM 2022 führt die Technical Study Group (TSG) der FIFA auch auf die Leistungen der Torhüter zurück.

    Bislang sind 36 Prozent der Strafstöße - ohne das Elfmeterschießen - gehalten worden. Vor vier Jahren bei der WM in Russland waren es 17 Prozent.

    "Hier geht es um das Timing, es geht um den ersten guten Schritt, den man macht als Torhüter", erklärt TSG-Mitglied Pascal Zuberbühler. Die Entwicklung des Torwartspiels bei Elfmetern sei "unglaublich". "Es wurde immer gesagt, dass es negativ ist und der Torhüter leidet, wenn er mit einem Fuß auf der Torlinie bleiben muss", so Zuberbühler, aber es sei "eindeutig, dass die Torwarttrainer das sehr gut mit ihren Torhütern trainieren".

    Vater Beto, ein Hafenarbeiter, und Mutter Susana, eine Hausangestellte, konnten es sich nicht leisten, die Küstenstadt zu verlassen. Sie sparten das Geld, um sich wenigstens ein Auto zu kaufen, um ihren Sohn hin und wieder zu besuchen. Immerhin lohnten sich die Entbehrungen - mit 17 Jahren lockte ihn der FC Arsenal nach England.
    "Dibu" ist auch bei Lionel Messi hoch angesehen, der seinem Torhüter nach den Paraden gegen Virgil van Dijk und Steven Berghuis im Viertelfinal-Thriller gegen die Niederlande als einer der Ersten gratulierte. Der Weltstar erwähnte bereits in seiner legendären Ansprache vor dem Copa-Finale den Keeper ausdrücklich, weil der während der Corona-Pandemie nicht mal die Geburt seines Kindes miterleben konnte. So etwas schweißt zusammen.

    Beim FC Arsenal war Geduld angesagt

    Dass Martinez also auch bei der WM in der Nacht zu Samstag zwei Strafstöße parierte, weil er seinen Körper spannte wie auf der Streckbank, kam also fast mit Ansage zustande. Der Held jubelte ausgelassen mit entblößtem Oberkörper und schimpfte über das Verhalten des Gegners, wobei doch auch die Argentinier sich einige Aussetzer leisteten.
    Argentiniens Ballfänger erklärte die Emotionen mit dem besonderen Antrieb: "Wir haben das für 45 Millionen Argentinier gemacht. Unserem Land geht es wirtschaftlich so schlecht. Ein kleines bisschen Freude." Und bei ihm spielt auch noch große Genugtuung mit, weil er ewig beim FC Arsenal warten musste, um endlich zu spielen, ehe er dann mit seinem Wechsel 2020 zu Aston Villa Stammtorhüter in der Premier League wurde.

    Livakovic setzt eine Tradition fort

    Auch der kroatische Nationaltorwart Livakovic musste sich sein Standing erst hart arbeiten. Der 27-Jährige ist einer der wenigen kroatischen Nationalspieler ohne Auslandserfahrung.
    Der Stammtorwart von Dinamo Zagreb war immerhin schon Ersatzmann bei der WM 2018, als Danijel Subasic die Heldenrolle spielte, die jetzt ihm gebührt. "Es ist schön, wenn ich die Tradition fortsetzen kann", sagte er, nachdem er als "Man of the Match" bereits im Achtelfinale gegen Japan drei Elfmeter pariert hatte.
    Dominik Livakovic
    Elfmeterschießen sind sein Metier: Dominik Livakovic.
    Quelle: IMAGO/Shutterstock

    Gegen Brasilien hielt er im Viertelfinale bei der Nervenschlacht nun erneut einen Strafstoß - von Rodrygo. Sie nennen ihn nun die "Krake von Zadar", eine Anspielung auf seine Heimatstadt, aus der auch Luka Modric stammt.
    "Wir sind Kämpfer, wir haben unser ganzes Herz gegeben. Wir sind total glücklich", berichtete Livakovic, der abermals die Trophäe als bester Spieler entgegennahm. Mit stoischer Ruhe wehrte Livakovic insgesamt neun Torschüsse ab - an ihm zerschellten Neymars Titelträume. Nun will er auch Messi zur Verzweiflung treiben.

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