In den Niederlanden dürfen Frauen und Männer bei den Fußball-Amateuren in der nächsten Saison gemeinsam in einer Mannschaft spielen. Auch Deutschland ist offen für die Idee.
Lena Oberdorf gilt als die vielversprechendste deutsche Fußballerin: Leistungsträgerin beim Spitzenklub VfL Wolfsburg, Stammspielerin in der Nationalmannschaft mit 19 Jahren.
Lena Oberdorf: Erfolgreicher Ausweg bei den Jungs
Dass sie so früh so gut war, schreibt die gebürtige Gevelsbergerin dem Umstand zu, dass sie bis vor zwei Jahren noch bei ihrem Heimatverein TSG Sprockhövel bei den Jungs spielte. Der Mehrspartenverein mit 3.000 Mitgliedern hat zwar zahlreiche Jugendmannschaften, bietet aber keinen Frauen- und Mädchenfußball an.
Lena Oberdorf hat ihren Weg nie bereut. Denn: "Durchsetzungsvermögen und Willen lernt man bei den Jungs ganz gut." Aber: "Es kommt auch immer darauf an, was für ein Spielertyp man ist. Ich hatte gar keine Probleme bei den Jungs, weil ich schon recht früh körperlich sehr weit war."
Ihr Karriereweg ist in Deutschland aber nicht der Normalfall. In der Regel spielen Mädchen und Jungs, Frauen und Männer nicht gemeinsam, sondern getrennt.
DFB plant Antrag beim nächsten Bundestag
Doch das könnte bald vorbei sein. "Die strikte Trennung zwischen Frauen und Männern ist mit Blick auf die Geschlechtergerechtigkeit auch im Amateurfußball nicht mehr zeitgemäß. Wir wollen mehr Frauen in verantwortungsvolle Positionen des Fußballs holen. Dann aber dürfen wir sie auf dem Platz nicht weiter ausschließen“, sagt DFB-Vizepräsident Günter Distelrath, zuständig für Qualifizierung und Integration auf ZDF-Anfrage.
Der Präsident des Niedersächsischen Fußballverbands will erreichen, "dass sich die Fachabteilungen und Gremien des DFB mit der Frage der Umsetzung befassen und mit Blick auf den nächsten Bundestag einen entsprechenden Antrag erarbeiten".
Weniger Frauen- und Mädchenteams
Doch es könnte Widerstand geben: Denn die Zahl der Frauen- und Mädchenteams war schon vor der Pandemie rückläufig. 2020 waren laut offizieller DFB-Mitgliederstatistik nur noch 5.385 Frauenteams (gegenüber 5.962 im Jahr 2019) und 4.525 Mädchenteams (gegenüber 4.842/2019) gemeldet. Wenn jetzt viele Frauen- und Mädchen in gemischte Teams wechseln, ist dieser Bereich dauerhaft bedroht.
Distelrath hält allerdings dagegen: "Unsere Nachbarn in den Niederlanden liefern ein gutes Beispiel, wie man für mehr Diversität in unserem Sport sorgen kann. Frauen und Männer sollten auch in Deutschland künftig in allen Amateurklassen unterhalb der Regionalliga die Möglichkeit haben, zusammen in einer Mannschaft Fußball zu spielen."
Revolution in den Niederlanden
Der niederländische Fußballverband KNVB hat nämlich eine kleine Revolution beschlossen: Ab der Saison 2021/2022 dürfen Frauen und Männer im Amateurfußball gemeinsam in einer Mannschaft spielen. Die neue Regelung gilt bis hinauf zur drittklassigen Tweede Divisie.
Gemischte Teams waren schon länger in den Niederlanden zugelassen, allerdings nur bei Jugendteams und Amateurmannschaften der sogenannten B-Kategorie.
Erfolglose Suche nach Frauenteam
Mit der Entscheidung reagierte der KNVB auf eine Bitte der 19 Jahre alten Ellen Fokkema, die bis zu ihrem 18. Lebensjahr in einem gemischten Team gespielt hatte. Wegen der bisherigen Regeln musste sie gegen den Wunsch des Teams die Mannschaft verlassen, fand aber in ihrer Region kein passendes Frauenteam.
"Wir sehen auf Basis des heutigen Zeitgeistes und von Untersuchungsergebnissen keinen Grund mehr, uns an alte Regeln zu halten und wählen Gleichwertigkeit und Diversität", sagte Jan Dirk van der Zee, KNVB-Amateurfußball-Direktor.
Gute Erfahrung mit gemischten Teams
Durch die Beschränkungen sahen Trainerinnen den weiteren internationalen Aufstieg des niederländischen Frauenfußballs gefährdet. Die meisten Spielerinnen des Europameisters und Vizeweltmeisters haben in ihrer Jugend in gemischten Teams gespielt. So wie Lena Oberdorf.