Nach gut 13 Jahren als Sportdirektor in Gladbach hat Max Eberl die Reißleine gezogen. Er war das Gesicht der Borussia. Auf die wartet nun ein Neustart.
Das Gefühl, im rastlosen Geschäft Profifußball eine Art Zeitenwende zu erleben, war am Freitagnachmittag im Borussia-Park allgegenwärtig. Nach 23 Jahren im Verein, die letzten gut 13 davon als Sportdirektor, erklärte Max Eberl seinen Rücktritt. In einer für alle Beteiligten bewegenden Pressekonferenz - in der Präsident Rolf Königs aber auch nach vorne blickte.
"Eine Tür geht zu, eine andere auf", betonte der gebürtige Mönchengladbacher, seit April 2004 im Amt. Damals ackerte Eberl noch als Defensivspieler in kurzen Hosen für den Rautenklub. Jetzt kommentierte der von seinem Job und vom Fußball-Business entkräftete Manager: "Irgendwann ist der Moment gekommen, an dem etwas Neues dem Klub gut tut."
Max Eberls Rückzug: Ein mutiger Auf- und Abtritt, verbunden mit Systemkritik am Hamsterrad Profifußball.
Erstaunliche Metamorphose
Eberl hat für sich die Reißleine gezogen. Und damit beendete der 48-Jährige, erst einmal auf unbestimmte Zeit, auch seine erstaunliche Metamorphose in einer Branche, die, wie er sagte, "mein Leben war".
Es war ein Fußballerleben, das in der Jugend des FC Bayern begann, dort auch zu einem Bundesligaspiel für die Münchner führte - und danach zu insgesamt weiteren 214 Einsätzen in der ersten und zweiten Liga mit Bochum, Fürth und Gladbach sowie zwanzig Partien für die deutsche U20 und U21.
Schon als Spieler habe er nur dann in der Öffentlichkeit gestanden, wenn er sich seine Haare blondiert habe, flachste der im niederbayerischen Bogen geborene Fußball-Arbeiter in der Anfangsphase seiner Tätigkeit als Sportdirektor einmal. Damals hatte er für die Borussia bereits Transfers wie den Brasilianer Dante (von Standard Lüttich), den Venezolaner Juan Arango (RCD Mallorca) oder Marco Reus (Rot Weiss Ahlen) über die Bühne gebracht, war aber gerade mal 36 Jahre alt.
- Denkzettel fürs Big Business Profifußball
Es ist das altbekannte Phänomen: Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, ist das Geschrei groß. So auch im Falle des Rückzugs von Max Eberl.
Stiltreue auch vom Schreibtisch aus
Zwölf Jahre später kehrte er nun, innerlich ausgelaugt, dem Verein den Rücken, in dem er dem unnachgiebigen Stil, der ihn als Spieler ausgezeichnet hatte, auch am Schreibtisch treu geblieben war. Völlig verschwunden war hingegen das Flair des Unscheinbaren: Max Eberl war seit vielen Jahren DAS Gesicht von Borussia Mönchengladbach. Nun wird sich der Verein nach und nach ein neues zulegen müssen.
Die Geschwätzigkeit und die Maßlosigkeit des Profifußballs haben in den letzten Jahren an Eberl gezehrt. Es dürfte aber auch seine von Saison zu Saison exponiertere Stellung im Borussia-Gefüge gewesen sein, die ihn am Ende zu der glasklaren Erkenntnis brachte: "Ich will einfach raus, ich will einfach mit Fußball nichts mehr zu tun haben. Ich will die Welt sehen, ich will einfach mal Max Eberl sein."
Auszeit zum Zweiten
Wie der pilgernde Fernseh- und Bühnenkomiker Hape Kerkeling sei er jetzt "einfach mal weg". So wie im vergangenen Jahr schon einmal - für einen Monat. Eberls Auszeit beim Skifahren, Nachdenken und Krafttanken in den Schweizer Bergen im Januar 2021 wurde in der Öffentlichkeit intensiv diskutiert, unmittelbar davor hatte er seinen Vertrag bis 2026 verlängert.
"Voller Tatendrang" kehrte Eberl Anfang Februar zurück. Er wolle "mit voller Energie die nächsten Jahre angreifen". Da habe der Verein viel vor - und wolle "mit den Großen der Liga mitpinkeln".
Aus den "nächsten Jahren" wurden zwölf Monate – und sportlich geht es für die Borussia momentan nicht um die Ligaspitze, sondern um den Klassenerhalt. Mit Gladbach mal wieder einen Titel zu holen, das war Max Eberls Hauptantrieb bei seiner Arbeit. Das Ziel ist seit der Pokal-Blamage bei Zweitligist Hannover so weit entfernt wie lange nicht mehr. Doch nach dem Ende der Ära Eberl geht es beim Fohlenklub ohnehin erst einmal darum, eine neue Tür zu öffnen.