Hertha BSC verhindert mit dem 2:0 in der Relegation gegen den HSV den Totalschaden. Retter Magath und Präsident Gegenbauer gehen von Bord, der Machtkampf geht in die nächste Runde.
Am Ende wurden beide Mannschaften von ihren Fans gefeiert. Die Hertha-Spieler sprangen, nachdem der 2:0-Sieg im Rückspiel beim HSV fix war, völlig losgelöst vor der Gästekurve im Südwesten umher, vor der sich Ordner und Polizisten postierten, um einen Platzsturm zu verhindern.
HSV-Fans danken der Mannschaft
In der Nordgeraden herrschte nach stundenlangem Dauergesang für einen kurzen Augenblick Schockstarre. Dann begannen die Anhänger zu klatschen und bedankten sich mit einem Transparent "für eine Saison voller Einsatz für unsere Farben".
Mit einem 2:0 im Relegations-Rückspiel beim Hamburger SV können Trainer Felix Magath und Hertha BSC den Abstieg aus der Bundesliga doch noch abwenden.
HSV-Trainer Tim Walter ging als Erster durch die dort ebenfalls postierte Polizeikette auf die Fans zu und zog seine Spieler, die deprimiert auf dem Rasen saßen, hinterher. Auf dieser Stadionseite war es das traurige Ende einer Woche voller Euphorie, wie sie der dem HSV zugeneigte Teil der Hansestadt lange nicht erlebt hat.
Eine Woche Endspielstimmung
Bis zum Montag hatte sich eine Endspielstimmung aufgebaut, von der vor kurzem die größten Optimisten nicht zu träumen gewagt hätten. Nach dem 1:0 im Hinspiel in Berlin war der Wiederaufstieg in die Bundesliga so greifbar wie in den letzten vier Jahren nicht.
Einzig Hertha-Trainer Felix Magath, der vor fast genau 25 Jahren hier seinen letzten Auftritt als HSV-Trainer gehabt hatte, war sich laut eigener Aussage schon bei seinem Amtsantritt im März sicher gewesen "dass wir in der Relegation gegen den HSV spielen".
Hertha mit körperlicher Präsenz
"Der Druck liegt beim HSV", sagte Magath etwas überraschend einen Tag vor dem Spiel. Auf dem Platz setzte seine Mannschaft den HSV dann aber tatsächlich von Beginn an unter Druck. Mit dem Anstoß wurde deutlich, dass Magath diesmal vor allem auf die körperliche Präsenz von Santiago Ascacibar und Kevin Prince-Boateng setzte, die im Hinspiel gefehlt hatten und die nun das Hamburger Kombinationsspiel im Ansatz unterbinden sollten.
Schon nach vier Minuten köpfte Dedryck Boyata eine Ecke von Marvin Plattenhardt ins Tor, ohne dass die Hamburger bis dahin über die Mittellinie gekommen wären.
- Wie (un)fair ist die Relegation?
In den letzten 13 Jahren schafften es nur drei Zweitligisten nach der Relegation in die 1. Liga. In dieser Saison duelliert sich Hertha mit dem HSV. Doch ist der Modus fair?
Die Berliner blieben auch im weiteren Spielverlauf die dominante und gefährlichere Mannschaft, während die jungen HSV-Spieler trotz zahlreicher Anläufe und großem Kampf nie richtig zu ihrem Spiel fanden - auch nicht, als sie nach dem 0:2 durch einen Freistoß von Nationalspieler Plattenhardt die Abwehr lockern musste.
Im letzten Augenblick brachte das mit Nationalspielern gespickte Berliner Starensemble seine Fähigkeiten doch noch auf den Platz.
Die Faktoren Magath und Boateng
"Sie haben lange gebraucht, bis sie sich mal finden", sagte Herthas Sportvorstand Fredi Bobic nach dem Spiel und erkor Felix Magath zum "Retter", der dieses Werk vollbracht habe.
Mit all seiner Erfahrung hatte der 68 Jahre alte Trainer, der nach erfolgreicher Mission nun wieder "nach Hause gehen und Holzhacken will", Prince-Boateng bei der Mannschafts-Aufstellung mitreden lassen.
Hertha-Präsident Gegenbauer tritt zurück
Sportvorstand Bobic selbst wirkte trotz Freude nachdenklich - in Berlin warten der Machtkampf um die Klubführung. Werner Gegenbauer nimmt daran zumindest nicht mehr teil. Denn trotz der Rettung ist der 71-Jährige am Dienstag zurückgetreten.
"Mit meinem Entschluss möchte ich einen Neuanfang für die Zukunft von Hertha BSC einleiten", wurde der 71-Jährige in einer Mitteilung des Vereins zitiert.
Der zuletzt auch von Millionen-Investor Lars Windhorst hart kritisierte Gegenbauer kam damit einer möglichen Abwahl bei der Mitgliederversammlung des Klubs am Sonntag zuvor. Auch Finanzchef Ingo Schiller hat sein Amt aufgegeben.
Wer wird Nachfolger?
Ein Nachfolger Gegenbauers muss auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung gekürt werden. Zuletzt hatte sich der frühere Ultra und heutige Unternehmer Kay Bernstein in Stellung gebracht. Investor Lars Windhorst hat laut eigenem Bekunden kein Interesse an dem Posten. Die Alte Dame hat also weiter tüchtig zu kämpfen.
Mit Material von dpa