Corona stürzt die Handball-Bundesliga in eine Notlage. Anders als im Fußball, sind die Profiklubs zwingend auf Zuschauererlöse angewiesen, wie das Beispiel des THW Kiel belegt.
Schwarz und Weiß, das sind seit fast hundert Jahren die Farben des Handball-Rekordmeisters THW Kiel, weshalb die Spieler auch die "Zebras" genannt werden. Aber vor dem ersten Heimspiel des Titelverteidigers in der Handball-Bundesliga gegen den HC Erlangen am Sonntag (Endstand: 36:30) mussten sich die Fans beim Zugang in die Halle mit einer neuen Farbenlehre auseinandersetzen.
Der deutsche Handballmeister THW Kiel hat sein erstes Bundesligaspiel in der Saison 2020/21 gewonnen.
Ambiente komplett an Hygienekonzept angepasst
In sieben bunten Farben wurden die Sektoren unterteilt, damit der Klub den Anforderungen des Hygienekonzeptes Rechnung tragen kann. "Niemand, der unser Spiel besuchen wird, wird den Veranstaltungsrahmen im Vergleich zu früher wiedererkennen, alles wurde im Hinblick auf Abstands- und Hygieneregeln umgekrempelt", kündigte THW-Geschäftsführer Viktor Szilagyi vor der Partie an. Jeder der Zuschauer durfte nur einen Sektor betreten, um für den Fall positiver Corona-Fälle die Nachverfolgung zu gewährleisten und die Menge der Zuschauer einzuschränken.
Bei den Heimspielen mit maximal 20 Prozent der normalen Zuschauerkapazität erlebte das Hygienekonzept der Handball-Bundesliga seine Premiere. Ob es funktioniert, muss sich zeigen.
Am Eingang lagen FFP2-Masken für jeden Zuschauer bereit, es herrschte Maskenpflicht in der gesamten Halle. Jedes Ticket war personalisiert worden und nur im Internet bestellbar. Aber natürlich war die Kieler Halle, die seit Jahrzehnten in jedem Bundesliga-Heimspiel mit 12.250 Fans ausverkauft war, nur spärlich gefüllt: Das Kieler Gesundheitsamt hatte eine Auslastung von rund 2.300 Sitzplätzen genehmigt. Auswärtsfans waren nicht zugelassen.
Zuschauererlöse machen 40 Prozent der Gesamteinnahmen aus
Das sei zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel, klagt Marc Weinstock, der Aufsichtsratsvorsitzende des THW Kiel im Interview mit ZDFsport.de. "Wirtschaftlich ist es sicherlich besser, als gar nichts zu haben", sagt er. Aber erst bei 2.500 Fans in der Halle habe man "ungefähr eine Größenordnung, wo wir sagen: Halle und Verein kommen am Ende mit Plus-Minus Null da raus."
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Entscheidet die Pandemie über den Titel?
Die Handball-Bundesliga startet in die neue Saison. Die Topklubs befürchten, dass Corona die Tabelle nachhaltig beeinflusst. Zumal die Leistungsträger eine Mammutsaison erwartet.
Für gewöhnlich machen die Zuschauererlöse beim Rekordmeister rund 40 Prozent des Jahresetats in Höhe von gut 13 Millionen Euro aus. In der Saison 2018/19 erlöste der THW knapp fünf Millionen Euro durch das Ticketing, das machte rund 220.000 bis 250.000 Euro Umsatz pro Heimspiel. Bei vielen Bundesligisten sind die Zuschauertickets im Verhältnis noch wichtiger, weil der THW Kiel über vergleichsweise hohe Sponsoreneinnahmen verfügt. Jedenfalls sind alle Handballklubs auf volle Zuschauerränge angewiesen, weil sie, anders als etwa der Fußball, kaum Erlöse durch TV-Rechte besitzen: Diese belaufen sich auf jährlich gut 200.000 Euro.
Klubbosse hätten am liebsten auf WM verzichtet
Deshalb hatte Weinstock, wie auch sein Kollege Boy Meesenburg von der SG Flensburg-Handewitt, für einen späteren Saisonauftakt plädiert. Sie favorisierten den Januar 2021 als Starttermin, weshalb die beiden Klubbosse am liebsten auch auf die WM in Ägypten verzichten würden. Die aktuellen Zuschauer-Konzepte seien ökonomisch aktuell ja untragbar.
Der Aufsichtsratsvorsitzende berichtet, dass der Klub daher an Konzepten arbeite, "dass man auch Leute in die Halle bringt, die einen negativen Corona-Test vorweisen können." Auf diese Weise könnten auch fünf oder mehr Fans nebeneinandersitzen, auch großen Familien könne man so den Zutritt ermöglichen. "Dann könnten wir die Halle voller machen", hofft Weinstock.
Ein schwerer Rückschlag wären vor diesem Hintergrund steigende Fallzahlen. Denn die Handballklubs haben sich an die Verordnungen zu halten, die angesichts zu hoher Infektionszahlen ein Verbot von Versammlungen vorsehen.
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