Der Handball-Nationalspieler Juri Knorr verpasst wegen seiner Entscheidung gegen eine Corona-Impfung die EM. Die Diskussion um den Impfstatus von Sportlern reißt damit nicht ab.
Der Verzicht auf eine Corona-Impfung kostet Handball-Profi Juri Knorr die Teilnahme an der Europameisterschaft. Das Turnier in der Slowakei und in Ungarn (13. bis 30. Januar) soll nach aktuellem Stand unter 2G-Plus-Bedingungen stattfinden. "Dieser Regel werde ich mich leider beugen müssen", sagte der Rückraumspieler vom Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen am Donnerstag dem "Mannheimer Morgen".
Knorr war im November 2020 an Corona erkrankt. Der Status als "Genesener" endet offiziell nach sechs Monaten. Statt einer Impfung setzt er indes weiter auf eine regelmäßige Bestimmung seiner Antikörper sowie seiner Covid-19-spezifischen T-Zell-Antwort. "Ich vertraue diesen medizinisch bestätigten Ergebnissen in Bezug auf meine natürliche Immunität über einen Zeitraum von sechs Monaten hinaus", so Knorr.
Er betonte ausdrücklich: "Ich bin kein Corona-Leugner." Er hatte sich bei einer Länderspielreise mit dem Virus infiziert. "Mich hat es selbst schwerer erwischt als andere in meinem Alter. Deswegen nehme ich diese Krankheit ernst", sagte er.
DHB-Vorstand: Kein Handlungsspielraum
DHB-Sportvorstand Axel Kromer sagte zur Personalie: "Wir sind froh, dass Juri das Thema kommuniziert hat und jetzt alle Bescheid wissen. Wir müssen seine Einstellung akzeptieren und werden das nicht weiter bewerten." Knorr werde bei der EM-Kaderbekanntgabe am Dienstag "nicht nominiert werden und bei der EM fehlen", so Kromer:
Knorr, Sohn des langjährigen Nationalspielers Thomas Knorr, gilt mit Blick auf die Heim-Turniere 2024 (EM) und 2027 (WM) als eines der hoffnungsvollsten deutschen Talente. Mit starken Auftritten bei der WM zu Jahresbeginn in Ägypten und auch bei den Olympischen Spielen im Sommer machte der gebürtige Flensburger von sich reden, Bundestrainer Alfred Gislason hält groß Stücke auf ihn. "Juri ist ein ausgesprochen talentierter Spieler, aber wir haben keine Panik aufgrund seines Ausfalls", beteuerte Kromer.
DHB hofft auf Sinneswandel
Beim DHB setzt man auf die Kraft der Argumente - und sieht Parallelen zum Fall des Fußballers Joshua Kimmich. "Auch Juri gilt als Hoffnungsträger seines Sports. Ich hoffe, dass die Voraussetzungen sehr bald geschaffen werden, damit er sich motivieren lässt, seine Entscheidung zu überdenken", sagte Kromer: "Auch Joshua Kimmich hat sich vom Sinn einer Impfung überzeugen lassen."
Bislang vertraut Knorr auf seinen natürlichen Immunschutz. Wie lange er sich darauf verlassen kann, ist offen, gibt es dazu doch bisher keine fundierten Forschungsergebnisse.
Oberste Priorität hätten laut Knorr "auch weiterhin meine eigene Gesundheit und der Schutz meiner Mitmenschen".
Sein Verein betonte, dass man die Corona-Schutzmaßnahmen gewissenhaft umsetze. Andererseits habe man "weder die Absicht noch die Handhabe" einen Angestellten zu einer Impfung zu drängen, sagte Löwen-Geschäftsführerin Jennifer Kettemann.
Frauen-Bundesliga führt 2G ein
Auf die Spiele in der Handball-Bundesliga (HBL) hat der Impfstatus keinen Einfluss. Anders als in der Frauen-Bundesliga, die nach der derzeit laufenden Weltmeisterschaft 2G in der ersten und zweiten Liga für Spielerinnen, Trainer, Schiedsrichter und sonstige Offizielle einführt, gilt bei den Männern die 3G-Regelung.
Das soll vorerst auch so bleiben: "Wir führen 2G ein, wenn der Gesetzgeber es vorschreibt", sagte HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann. Allerdings hat der 57-Jährige Zweifel, ob sich eine 2G-Regelung arbeitsrechtlich durchsetzen ließe.
Impfstatus von Topsportlern
Der Impfstatus von prominenten Sportlern und dessen Auswirkungen auf ihre Vorbildrolle und die Teilnahme an Wettkämpfen wurden in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder diskutiert. Am bekanntesten sind die Fälle von Kimmich sowie des Tennis-Weltranglistenersten Novak Djokovic. Der bislang ungeimpfte Bayern-Profi Kimmich fällt nach einer Corona-Infektion wegen Lungenproblemen bis in den Januar aus, hatte jüngst im ZDF-Interview aber angekündigt, sich nun doch impfen lassen zu wollen.
Djokovic hat die Corona-Infektion - wie Juri Knorr - bereits hinter sich, äußert sich allerdings nicht offiziell zu seinem Impfstatus. Da bei den Australian Open vom 17. bis 30. Januar in Melbourne nur geimpfte Sportler starten dürfen, ist die Teilnahme des gemeldeten Weltranglisten-Ersten beim ersten Saison-Höhepunkt fraglich.