Neun positive Fälle im deutschen Handball-Lager, die heutige Vorrundenpartie gegen Polen (18 Uhr / ab 17.45 Uhr live im ZDF) in Gefahr: Der EM droht eine sportliche Farce.
Am Sonntag hatte Axel Kromer noch aufgeatmet. Vor dem zweiten EM-Vorrundenspiel gegen Österreich (34:29) konnte der Sportvorstand des Deutschen Handballbundes allen deutschen Profis mitteilen, dass ihr täglicher PCR-Test negativ ausgefallen sei. Allein der nachnominierte Hendrik Wagner, der den infizierten Rückraum-Shooter Julius Kühn ersetzen sollte, war bei seiner Ankunft in Bratislava positiv getestet worden.
Corona-Schock am Montagabend
Am Montagabend folgte aber der Schock. Die Ergebnisse der am Morgen abgenommenen PCR-Tests wiesen fünf weitere positive Fälle aus: Neben Torwart Andreas Wolff waren dies die Flügelspieler Timo Kastening und Lukas Mertens, die gegen Österreich brilliert hatten, sowie die beiden ebenfalls formstarken Rückraumakteure Kai Häfner und Luca Witzke.
Und heute - wenige Stunden vor dem Spiel gegen Polen - hat es zwei weitere positive Fälle gegeben. Nach den Infektionen von Torwart Till Klimpke und Marcel Schiller fallen nun also insgesamt neun Akteure für die Partie aus.
Bitter geht als einziger Torwart in die Partie
Die Nachrücker, namentlich Torwart Johannes Bitter sowie die Feldspieler Rune Dahmke, Sebastian Firnhaber, Paul Drux und Fabian Wiede, sind nach PCR-Tests mit negativen Ergebnissen einsatzberechtigt. Der 39-jährige Bitter ist der einzige einsatzfähige Torhüter.
Zwar sehen die Durchführungsbestimmungen für die EM in Ungarn und der Slowakei keine Mindestspielerzahl vor, sondern nur, dass eine Stunde vor Spielbeginn maximal 16 Profis auf dem Spielberichtsbogen stehen müssen.
Hektik vor dem Spiel gegen Polen
Aber natürlich wäre der Auftritt eines derart geschwächten DHB-Teams im letzten Vorrundenspiel gegen Polen (ab 17:45 Uhr live im ZDF), in dem der Gruppensieger gesucht wird, zu einer sportlichen Farce geraten. In der DHB-Delegation war daher bereits nach den Meldungen am Montagabend Hektik ausgebrochen.
Nach Abstimmung mit dem Veranstalter EHF baten Kromer & Co. daraufhin auch diejenigen Profis um Unterstützung, die das Turnier aus verschiedenen Gründen abgesagt hatten und deshalb nicht im 35er-Kader standen. Dieser bildete eigentlich für die EM den Pool, aus dem die Trainer schöpfen können.
Es geht nur noch ums Improvisieren
Ob die Partie gegen Polen, die in Bratislava bisher sieben positive Fälle zu beklagen hatten, überhaupt stattfinden kann, steht jedenfalls noch in den Sternen. So oder so kann von einer seriösen sportlichen Vorbereitung auf diese Partie, die wegweisend für die Hauptrunde sein sollte, nicht mehr die Rede sein. Es geht nur noch ums Improvisieren.
Für Bundestrainer Alfred Gislason ist das alles ein unliebsames Déjà-vu. Ihn verfolgt die Pandemie seit Beginn seiner Amtszeit im Februar 2020. Das vorgesehene Testspiel im März 2020 gegen die Niederlande, das seine Premiere sein sollte, fiel dem ersten Lockdown zum Opfer.
Auf die WM 2021 in Ägypten verzichteten zahlreiche prominente Profis. Vor dem olympischen Turnier in Tokio waren die Stützen des Teams aufgrund der langen Saison ausgelaugt.
Deutschland - Belarus 33:29, 1. Spieltag, Zusammenfassung
Sogar von Turnier-Absage ist die Rede
Doch das, was der 62-jährige Isländer nun in Bratislava erlebt, toppt alles. Sämtliche Videostudien, die er im Vorfeld der EM betrieben hatte, sind inzwischen unbrauchbar. Für ihn geht es in dieser Situation nur noch darum, das Corona-Chaos irgendwie zu moderieren.
Tatsächlich rückt angesichts der Lage das Szenario einer Turnierabsage näher. Auch der Eishockey-Weltverband hatte im Dezember die U-20-WM in Kanada in einer vergleichbaren Situation abgebrochen. Doch selbst wenn dieses Turnier durchgezogen würde: Um den Sport geht es bei dieser EM längst nicht mehr.
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