Ohne zwei Top-Spieler ist der THW Kiel beim Finalturnier der Handball-Champions-League Außenseiter. Doch der Bundesligist zieht Motivation aus vergangenen Turnierleistungen.
Der Trainer weiß die Reise nach Köln zu schätzen. "Je älter ich werde, desto mehr sehe ich, wie hart der Weg zum Final Four ist", sagt Filip Jicha, Coach des Rekordmeisters THW Kiel. "Und in der Zukunft wird es nicht einfacher für einen Bundesliga-Klub. Denn andere Teams können sich auf die Champions League konzentrieren, während wir eine lange und anstrengende Bundesliga-Saison spielen müssen."
Szilahgyi im mo:ma-Interview: Kleinere Bundesliga "müssen wir diskutieren"
THW-Chef Szilahgyi vor dem Champions-League-Halbfinale gegen den FC Barcelona über die Personalnot der Kieler und die Gedankenspiele einer Verkleinerung der Handball-Bundesliga.
In der Tat sind die drei anderen Teilnehmer dieses Handball-Mega-Events in Köln in ihren nationalen Ligen einer deutlich geringeren Belastung ausgesetzt. Der Titelverteidiger FC Barcelona ist in Spanien völlig konkurrenzlos, der polnische Serienmeister Lomza Vive Kielce und der ungarische Champion Telekom Veszprem haben in ihrer Heimat nur ein oder zwei ernstzunehmende Gegner.
Kiel muss auf zwei Leistungsträger verzichten
Doch nicht aus diesem Grund ist der THW Kiel, der die Champions League bereits vier Mal gewann, am Samstag (18 Uhr) in seinem Halbfinale gegen Barcelona als Außenseiter einzustufen.
Gravierender ist der verletzungsbedingte Verlust zweier Stars: Hendrik Pekeler, der als weltbester Abwehrspieler gerühmt wird und beim Champions-League-Sieg der Kieler 2020 zum besten Spieler des Turniers gekürt wurde, plagt eine Achillessehnenverletzung.
Und dann hat sich auch noch der norwegische Halblinke Sander Sagosen, die stärkste Waffe im THW-Rückraum, das Sprunggelenk lädiert.
Kiel will erneut gegen Barca über sich hinauswachsen
"Spieler wie Peke kann man nicht ersetzen", sagt Pekelers Partner im Mittelblock, Kreisläufer Patrick Wiencek. "Er ist der kompletteste Handballer überhaupt und als Persönlichkeit für jedes Team eine absolute Bereicherung."
An kampflose Aufgabe denkt der Zwei-Meter-Hüne indes nicht:
So wie im Finale der Saison 2019/20, als der THW das damals ebenfalls favorisierte Barcelona klar beherrschte und mit 33:28 besiegte. Damals habe, erinnert sich Linksaußen Rune Dahmke, "die Mannschaft unglaublich gespielt".
Kein Klub konnte bisher Titel verteidigen
Ohnehin gelten alle Wetten und Prognosen, die vor dem Final Four abgegeben werden, wenig. Nur selten haben sich die Favoriten durchgesetzt. Ein Titelverteidiger war noch nie erfolgreich. Insofern ist auch das erste Halbfinale (15.15 Uhr) zwischen Kielce, dessen deutscher Torwart Andreas Wolff zuletzt in großer Form war, und Veszprem völlig offen.
Der THW werde nicht über den Ausfall der Stars klagen, versprach Trainer Jicha, der sowohl als Spieler als auch als Trainer in Köln schon gewonnen hat.
Der 40-Jährige vertraut auf die Stärke des gesamten Teams. "Jeder Spieler ist wichtig und muss Verantwortung übernehmen, insbesondere da Pekeler und Sagosen nun fehlen", sagt der Coach. "Deshalb sollten und werden wir uns nicht auf einen Spieler fokussieren."
Sein Traum sei es, sagt Jicha, am Sonntag das Finale zu spielen, gegen wen auch immer. Denn dann hätte das Team um Kiels Supertorwart Niklas Landin tatsächlich die Chance, diese Reise nach Köln mit dem wohl unverhofftesten Titel der Klubgeschichte zu krönen.