Als es gegen Spanien um alles ging bei der WM, brachen die deutschen Handballer ein. Angesichts der Absagen wäre ein Sieg aber auch eine Sensation gewesen. Eine Zwischenbilanz.
Nach der Niederlage gegen Spanien ist das Viertelfinale aus deutscher Sicht in weite Ferne gerückt. Entsprechend geknickt ist die Stimmung im Lager des DHB-Teams.
Ein Funken Hoffnung bleibt ja noch. Rechnerisch haben die deutschen Handballer nach der 28:32-Niederlage gegen Europameister Spanien noch eine Chance, das WM-Viertelfinale zu erreichen (siehe Kasten). Aber Bundestrainer Alfred Gislason wollte sich nicht an diesen Strohhalm klammern.
WM für DHB-Team nach der Hauptrunde wohl beendet
Es bliebe nichts anderes übrig, als sich auf die beiden verbliebenen Partien gegen Brasilien (Samstag ab 20:15 live im ZDF und im Livestream auf zdfsport.de ) und Polen (Montag) zu konzentrieren, so Gislason. Nach Lage der Dinge wird die DHB-Auswahl also nach der Hauptrunde wieder gen Heimat fliegen.
-
Das klingt nach einer Fortsetzung des sportlichen Abstiegs, der für das Team seit dem Abgang Dagur Sigurdssons, der die Mannschaft 2016 zum EM-Titel und einer Olympiamedaille führte, zu konstatieren war.
Andreas Wolff spielt bisher kein gutes Turnier in Ägypten. Beim WM-Spiel gegen Brasilien wird voraussichtlich Silvio Heinevetter neben Johannes Bitter ins deutsche Tor rücken.
Famoser Lauf nach der Pause letztlich zu wenig
Tatsächlich wäre es eine Sensation gewesen, wenn Uwe Gensheimer & Co diesen famosen Lauf nach der Pause, als sie in 14 Minuten aus einem 13:16 ein 25:22 machten, fortgesetzt und die "ballsicherste Mannschaft der Welt" (Torwart Johannes Bitter) aus dem Turnier geworfen hätten. In dieser Phase schien die deutsche Abwehr tatsächlich dicht zu halten, und Bitter vernagelte das Tor.
Es ist keine kühne These, dass das DHB-Team diesen Vorsprung gehalten oder gar ausgebaut hätte, wenn die etablierten Verteidiger Finn Lemke, Hendrik Pekeler, Patrick Wiencek und Steffen Weinhold, die für das Turnier abgesagt hatten, nun in der Abwehr geholfen hätten.
Das Weiterkommen bei der Handball-WM ist für das deutsche Team in weite Ferne gerückt. So oder so: Gegen Brasilien muss ein Sieg her.
Mangelnde Erfahrung in Abwehr und Angriff
So aber war der deutsche Mittelblock um Johannes Golla und Sebastian Firnhaber schlicht überfordert, als bei den Spaniern Raúl Entrerríos und Alex Dushebajew zurückgewechselt wurden.
Und auch im Angriff machte sich in dieser Phase, in der es um alles ging, die mangelnde Erfahrung der deutschen Profis bemerkbar. Nun verwarf Marcel Schiller seinen ersten Siebenmeter, Rechtsaußen Timo Kastening scheiterte am überragenden Keeper Perez de Vargas, aber auch Kapitän Gensheimer nutzte einen Tempogegenstoß nicht. Ebenso teuer waren die beiden Fehlpässe von Juri Knorr und der technische Fehler Kai Häfners.
Deutscher Rückraum nicht auf internationalem Topniveau
Das Ganze ist kein Zufall. Während die spanischen Torhüter seit vielen Jahren durch das Stahlbad der Champions League gehen, fehlt dies den deutschen Angreifern. Der deutsche Spielmacher Philipp Weber, der unter Gislason große Fortschritte macht, hat in seiner Karriere noch kein einziges Europacupspiel absolviert, das gleiche gilt für den Mindener Juri Knorr.
Auch wenn der deutsche Rückraum gegen Ungarn und Spanien viel strukturierter und effektiver agierte als noch unter Prokop, fehlt ihm das höchste internationale Niveau. Das ist die bittere Wahrheit.
Spanien, Brasilien, Polen: Die Hauptrunden-Gegner der DHB-Auswahl.
Silberstreif am Horizont
Wie auch immer diese WM endet: Am Horizont leuchtet ein Silberstreif. Die Abwehr wird mit der Rückkehr des Kieler Mittelblocks Pekeler-Wiencek wieder internationales Format gewinnen. Und im Angriff hat der hochveranlagte Knorr, der im Sommer zu den Löwen wechselt, das Potenzial für eine große Karriere.
Auf der Königsposition im halblinken Rückraum gilt das gleiche für den Göppinger Sebastian Heymann, der ebenfalls für die WM abgesagt hatte.
Spanien steht mit einem Bein im Viertelfinale, Deutschland muss auf Schützenhilfe hoffen und noch zwei Mal gewinnen.
Das deutsche Team braucht sich jedenfalls nicht zu fürchten vor der Zukunft und der Olympiaqualifikation im April, wo es Schweden oder Slowenien eliminieren muss. Wenn es aber in Tokio um Olympiagold spielen soll, so wie es DHB-Vizepräsident Bob Hanning stets proklamiert hat, dann muss wirklich alles passen.
-
Handball-WM im RückblickDie Handball-WM in Zahlen