Die deutschen Handballerinnen sind bei der WM souverän ins Viertelfinale eingezogen. Im K.o.-Spiel gegen Spanien (heute, 20.30 Uhr) müssen sie ein sportliches Desaster verkraften.
Deutschlands Handball-Frauen treffen im WM-Viertelfinale auf Spanien. Ein Duell auf Augenhöhe, wobei sich die DHB-Auswahl gegenüber dem Spiel gegen Dänemark deutlich steigern muss.
Die Erinnerung ist für den Menschen eine tückische Sache. Nach einem bekannten Bonmot des niederländischen Schriftstellers Cees Noteboom ist sie "wie ein Hund, der sich hinlegt, wo er will".
Unklar, ob Henk Groener, der Bundestrainer der deutschen Handballerinnen, diesen schönen Satz seines Landsmannes kennt. Aber er muss nun irgendwie versuchen, diesen Hund des letzten Hauptrundenspiels bei der WM in Spanien zu vertreiben.
Scheinbar schwerelos durchs Turnier
Angeführt von den Kapitäninnen Emily Bölk und Alina Grijseels war das Team in den ersten fünf Spielen scheinbar schwerelos durch das Turnier gestürmt. Insbesondere der 37:28-Sieg gegen Südkorea, mit dem sie das Ticket für das Viertelfinale vorzeitig lösten, das erste Mal seit der WM 2013, sorgte für Euphorie.
- Handball-Frauen eilen von Sieg zu Sieg
Die DHB-Frauen haben bei der WM in Spanien den nächsten Sieg gefeiert. Nach dem Erfolg gegen die Republik Kongo ist das Viertelfinale zum Greifen nah.
"Es ist das erste Mal seit langer Zeit, dass wir ein Match gewonnen haben, bei dem wir unter Druck standen", jubelte danach Kreisläuferin Meike Schmelzer, die zu den besten Spielerinnen zählt. "Ich bin sehr happy und wirklich stolz auf mein Team."
Däninnen zeigen Grenzen auf
Fünf Spiele, fünf Siege - so lautete die grandiose Bilanz nach der Partie gegen Südkorea. Aber dann brachen am Sonntagabend die Däninnen über sie herein und zerstörten innerhalb von 60 Minuten dieses Bild von den wieder erstarkten Deutschen: Mit 16:32 (8:13)-Toren wurde das Team um Torhüterin Dinah Eckerle, die noch gut hielt, förmlich demontiert.
Wortlos standen sie auf dem Feld, ihre Mimiken wirkten wie eingefroren, während die Däninnen ihren Triumph auskosteten.
Die deutschen Handball-Frauen haben bei der WM gegen Dänemark ein 16:32 hinnehmen müssen. Damit verpassten sie Platz 1 in der Hauptrunde. Gegner im Viertelfinale ist nun Spanien.
Speziell das Positionsspiel im Angriff kollabierte: Der deutsche Rückraum zerschellte geradezu am Innenblock der Skandinavierinnen. Nur einer von 20 Bällen traf ins Tor, eine niederschmetternde Statistik. Insbesondere Emily Bölk nahm sich immer wieder Würfe, die zur leichten Beute der Abwehr oder der überragenden Torhüterin Reinhardt wurden.
Man müsse das abhaken, so Bölk. "Wir haben einfach zu ängstlich gespielt", konstatierte Rückraum-Linkshänderin Alicia Stolle. "Wir haben unsere Leistung nicht gebracht, wie ein Kaninchen vor der Schlange agiert", klagte Bundestrainer Groener.
Die Schmach muss aus den Köpfen
Wie kann man ein solches Desaster verarbeiten? Durch Verdrängung, sagen die Handballerinnen. Sie wollen versuchen, diese Schmach einfach aus ihrem Gedächtnis zu verbannen. "Wir können hoffen, dass wir das schnell aus den Köpfen kriegen, und dann müssen wir im Viertelfinale ganz anders auftreten", sagte Stolle.
In der Runde der letzten Acht geht es nun am Dienstagabend (20.30 Uhr) gegen die Gastgeberinnen aus Spanien, die ihre Hauptrundengruppe souverän gewannen.
Vorteil: Deutsches Team muss nicht umziehen
Immerhin, ein kleiner Vorteil besteht für die Deutschen darin, dass sie nicht umziehen müssen. Die K.-o.-Spiele werden sämtlich in Granollers bei Barcelona ausgetragen. Aber natürlich werden sie die gesamte Halle gegen sich haben.
"Gegen Gastgeber zu spielen, ist immer schwierig", sagt Stolle. Auf der anderen Seite wollen sie für diese Partie eine andere Erinnerung wachrufen, ausgerechnet.
Knappe Niederlage bei Vierländerturnier
Denn beim Vierländerturnier, welches das DHB-Team in Madrid zur Vorbereitung absolvierte, verlor es nur äußerst knapp gegen die Gastgeberinnen, obwohl Henk Groener in dieser Partie viel experimentiert hatte. Dort habe man bewiesen, dass man gegen dieses Team mithalten könne, sagt der Bundestrainer.
Sollte es im Viertelfinale tatsächlich klappen, der jüngsten Erinnerung ein Schnippchen zu schlagen, könnte der Bundestrainer seinem Landsmann Noteboom eine unglaubliche Geschichte erzählen.