Die Regelhüter des International Football Association Board (IFAB) haben die Handspiel-Regel erneut geändert. Es soll jetzt wieder mehr um Absicht gehen. Wird's damit einfacher?
Allein das International Football Association Board (IFAB) ist berechtigt, Änderungen an den Fußball-Regeln vorzunehmen. Am Freitag nun haben die Regelhüter nach eigener Darstellung für eine Klarstellung beim Handspiel gesorgt. Das war ein zentraler Punkt der 136. Generalversammlung, die auf digitalem Wege stattfand.
Nicht mehr jede Berührung zählt
Die acht Mitglieder bestätigten, dass nicht jede Berührung mit der Hand oder dem Arm eine strafbare Aktion darstellt. Handspiel ist nun, wenn ein Spieler
- ... den Ball absichtlich mit der Hand/dem Arm berührt, indem er beispielsweise die Hand/den Arm in Richtung des Balls bewegt.
- ... den Ball mit der Hand/dem Arm berührt, wenn dadurch die Körperfläche "unnatürlich" vergrößert wird. Hier sollen die Schiedsrichter weiterhin ihr Urteilsvermögen anwenden, um die Position der Hand/des Arms in Bezug und die Bewegung des Spielers zu bewerten. Wenn ein Spieler beim Hochspringen den Arm benutzt, und der Ball trifft den Arm, soll nicht gleich auf Handspiel entschieden werden.
Neue Regeln gelten ab Juli
Generell wird ein versehentlich verursachtes Handspiel nur geahndet, wenn danach der Schütze ein Tor erzielt. Ein versehentliches Handspiel, in dessen Folge ein Teamkollege ein Tor erzielt oder eine Torchance hat, wird nicht mehr abgepfiffen.
FIFA-Präsident Gianni Infantino bezeichnete es ´"als bedeutendste" Änderung, dass ein unabsichtliches Handspiel eines Mitspielers unmittelbar vor der Erzielung eines Tors zukünftig nicht mehr geahndet wird.
Grundsätzlich gelten die neuen Regeln am dem 1. Juli, die Verbände hätten aber die Möglichkeit, sie früher einzuführen.
Verwirrung bei den Amateuren
2019 wurde die Regel 12 zum Handspiel schon einmal neu definiert: Vom Körper abgespreizte Arme und über Schulterhöhe gehaltene Arme galten von da an als "unnatürliche Körperhaltung" sowie als "unnatürliche Vergrößerung der Körperfläche". Doch das hatte zur Folge, dass die Spieler im eigenen Strafraum die Arme vorsichtshalber hinter dem Körper verschränkten, um bei einer Abwehraktion bloß nicht am Arm angeschossen zu werden.
Vor allem im Amateurbereich waren Unparteiische überfordert – und die Amateurkicker aus Unkenntnis über die Regel gleich mit. Lukas Brud, IFAB-Geschäftsführer, hatte vorab gesagt: "Wir haben gesehen, dass die Regel zu sehr zu Schwarz-Weiß-Entscheidungen geführt habe." Die UEFA war unzufrieden mit der Auslegung, Präsident Aleksandar Ceferin schrieb deshalb sogar einen Brief an die FIFA. Auch mit der jetzt erfolgten Anpassung bleibt ein Graubereich.
Umstrittenes Handspiel im WM-Finale 2018
Lutz Michael Fröhlich, Chef der deutschen Schiedsrichter, sieht aber kein gravierendes Problem für die Bundesliga. "In dieser Saison gab es bisher 47 Handsituationen im Strafraum, davon wurde in zwölf Fällen zu recht Strafstoß gegeben, fünf Mal leider nicht."
Die Entwicklung, so Fröhlich im Fachmagzin "Kicker", zeige eine Tendenz zur Zurückhaltung. Und das sei positiv. Selbst der Videobeweis konnte in der Vergangenheit manches Handspiel nicht aufklären. So wie beim WM-Finale 2018: Im Endspiel zwischen Frankreich und Kroatien (4:2) entschied Schiedsrichter Nestor Pitana nach VAR-Einsatz auf Handspiel von Kroatiens Ivan Perisic und Elfmeter für Frankreich, den Antoine Griezmann zum 2:1 verwandelte.
"Noooooooo!!!! Den kannst du nicht geben. Um Himmels Willen Videobeweis", twitterte daraufhin Englands Ex-Stürmerstar Gary Lineker. Hingegen stellte der Schweizer Ex-Referee Urs Meier im ZDF fest: "Man kann den Elfmeter geben. Ohne Videobeweis hätte es ihn nicht gegeben."
Absicht oder nicht?
Brud gab zuletzt zu, dass der Regeltext den Handlungsspielraum der Unparteiischen zu sehr einschränke: "Es soll mehr nach dem Geist der Regel gepfiffen werden. Nicht so sehr nach den Buchstaben."
Und stärker soll der Faktor "Absicht oder nicht" gewichtet werden – das war übrigens in den 70er oder 80er Jahren der alleinige Anhaltspunkt: Ging die Hand zum Ball oder umgekehrt? Das war recht leicht zu klären, sogar ohne Zeitlupe - und erst recht ohne Videobeweis. Aber so weit sind die Regelhüter im digitalen Zeitalter natürlich nicht mehr zurückgegangen.