Nach dem desaströsen Auftritt der Ruderer bei den European Championships sind nun die Kanuten auf dem Wasser. Doch auch die Goldgaranten kämpfen mit Problemen.
Kurz vor Beginn der Kanu-Wettbewerbe bei den European Championships von München hat Steffi Kriegerstein ihren Rücktritt erklärt. Die Ex-Weltmeisterin und Olympia-Zweite von 2016 leidet unter Long Covid. Ihr Herz ist geschrumpft und ihr Körper verkrafte den Leistungssport nicht mehr, berichtete die Kanutin:
Einige Bootsklassen ohne deutsche Beteiligung
Corona hat auch das aktuelle deutsche Aufgebot für die Titelkämpfe auf der Olympia-Regattastrecke von 1972 in Oberschleißheim dezimiert. Vizeweltmeister Nico Pickert fehlt genauso wie Conrad Scheibner. In einigen Bootsklassen ist Deutschland beim Heim-Championat nicht einmal vertreten, zum Beispiel im Einer-Canadier über 500 und 1.000 Meter.
Die Strecke war in der Vergangenheit durch Ausnahmepaddler Sebastian Brendel bei den Olympiasiegen 2012 und 2016 fest in deutscher Hand. Doch bei den Sommerspielen im vergangenen Jahr in Tokio scheiterte der Routinier schon im Halbfinale.
Deutsche Dominanz beendet
Es war ein kleines Anzeichen dafür, dass die lange überragende Dominanz der deutschen Rennsport-Spezialisten in der Kanu-Welt zu Ende gegangen ist. Nach den Rücktritten von Vorzeigefiguren wie Ronald Rauhe ist es ein Glücksfall für den Deutschen Kanu-Verband (DKV), dass sich Sebastian Brendel zum Weiterpaddeln entschlossen hat.
- Bronze für Föster - Zeidler verpasst Medaille
Ruder-Ass Oliver Zeidler hat bei den European Championships in München eine Medaille verpasst. Im Frauenrennen holte Alexandra Föster Bronze.
Der inzwischen 34 Jahre alte Athlet gewann bei der vor zehn Tage zuende gegangenen Weltmeisterschaft im kanadischen Halifax einen kompletten Medaillensatz inklusive seines 13. WM-Titels.
Zwei Höhepunkt hintereinander
Dass die beiden größten Höhepunkte des Jahres so schnell aufeinander folgen, ist ein weiteres Problem für die deutschen Kanuten mit Blick auf die Heim-EM. Die Belastungssteuerung musste auf ein Event gerichtet werden - und das war schon mit Blick auf die Fördergelder die Weltmeisterschaft. Deutschland landete im Medaillenspiegel zwar "nur" auf Platz fünf, räumte mit 14 Medaillen aber so viele Plaketten wie keine andere Nation ab.
DKV-Präsident Jens Perlwitz sprach deshalb von einem an manchen Stellen sogar "überraschend guten" Ergebnis.
Große Bühne für Kanu-Rennsport
Nun hoffen die deutschen Paddler, dass die Form einfach noch für die Heim-Titelkämpfe ausreicht. Medaillensammler Brendel wird in drei verschiedenen Disziplinen um seinen 13. EM-Titel kämpfen, die besondere Konzentration liegt dabei auf dem Zweier-Canadier mit Tim Hecker.
Brendel freut sich, dass der Kanu-Rennsport bei der Multi-EM mit neun verschiedenen Sportarten so eine große Bühne 50 Jahren nach den Sommerspielen von 1972 bekommt.
Brendel: Olympia 2024 das Ziel
Olympia ist das, was ihn antreibt. Inzwischen hat sich Brendel entschlossen, dass Projekt Sommerspiele 2024 in Paris anzugehen. So bleibt auch für den DKV noch etwas länger Zeit, den Generationswechsel voranzutreiben und neue Vorzeigefiguren heranzuführen.
- European Championships 2022
Hier gibt's Livestreams, Highlights und Zusammenfassungen rund um die European Championships 2022.
Was passieren kann, wenn man diesen Moment verpasst, zeigt das Beispiel der deutschen Ruderer sehr eindrücklich. Die früher ebenfalls dominanten Ruderer mussten sich bei der EM am vergangenen Wochenende mit einmal Bronze in den olympischen Disziplinen durch Alexandra Förster begnügen.
Querelen zwischen Athleten und Verband
Zudem gibt es heftige Auseinandersetzungen zwischen Athleten und Verband, dem mangelnde Leistungssport-Kompetenz vorgeworfen wird. "Wir brauchen einen anderen Umgang mit Kritik. Der Verband muss aufpassen, dass er nicht alle vergrault und irgendwann ohne Athleten dasteht", sprach Einer-Spezialist Oliver Zeidler Klartext.
Sogar von "Erpressung" im Umgang mit den Sportlern war die Rede. Verbandschef Moritz Petri kündigte daraufhin an, "alles zu hinterfragen."