Joshua Kimmich hat für seine Ansage, dass er sich impfen lassen wird, aus der Politik sofort Zuspruch bekommen. Bundesliga-Vertreter verurteilen die große Aufregung in seinem Fall.
Es ist längst ausgemachte Sache, dass für Joshua Kimmich das Fußball-Jahr gelaufen ist. Weder im Bundesligaspiel beim VfB Stuttgart am Dienstag noch zum Hinrunden-Abschluss gegen den VfL Wolfsburg am Freitag wird der Nationalspieler des FC Bayern auflaufen können.
Kimmich schont sich noch
Wegen Flüssigkeit in der Lunge nach seiner Erkrankung an Covid-19 müsse er noch "zehn Tage ruhiger machen", teilte der 26-Jährige selbst mit - und doch wird es keineswegs ruhig um seine Person.
Nachdem Kimmich im ZDF erklärt hatte, sich jetzt doch noch impfen zu lassen, erfolgten prompt öffentliche Reaktionen. Der neue Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) schrieb umgehend via Twitter: "Die Entscheidung für die Impfung von Joshua Kimmich verdient Respekt. Er war nie ein Querdenker und hat nur zu lange gezögert. So geht es leider vielen, auf den Intensivstationen bereuen viele ihr Zögern. Die Zögernden müssen wir gezielter ansprechen."
Kimmich kündigt Impfung an
Kimmich hatte im ZDF-Interview erklärt, er habe während der zweiten Quarantänemaßnahme schon einen Impftermin erhalten, dann sei die Erkrankung dazwischengekommen. Nun werde er sich den Piks abholen, wenn sein Genesenen-Status ausläuft.
Dafür lobte ihn auch die neue Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP): "Als Fußballprofi und Nationalspieler ist er für viele Menschen Vorbild. Mehr Impfungen sind der Weg aus der Pandemie."
Kimmich: Wurde nicht ernst genug genommen
Kimmich hatte in dem Interview eingräumt, dass es besser gewesen wäre, sich früher impfen zu lassen. Das schlechte Gewissen plage ihn schon - gegenüber seiner Familie, aber "auch meinen Mitspielern gegenüber".
Und doch kann er im Rückblick nicht verstehen, warum ihm dieser Fehler nicht zugestanden worden sei:
Vom Vorbild zum Buhmann
Der für seinen großen Ehrgeiz und immensen Erfolgshunger geschätzte Mittelfeldspieler hat erlebt, wie schnell die öffentliche Meinung umschwenken kann. Letztlich hat sich an Kimmich als sehr prominentem Beispiel aus dem deutschen Sport gezeigt, wie vergiftet die gesellschaftliche Diskussion im richtigen Umgang mit der Corona-Pandemie geworden ist.
"Da wurden einfach Grenzen überschritten, wo manche aufgesprungen sind, auf diesen Zug, um sich da zu profilieren", kritisierte Kimmich, der über Nacht vom Vorbild zum Buhmann wurde.
Kimmich: Druck vermeiden
Man müsse doch Ängste und Bedenken gegenüber einer Corona-Impfung ernst nehmen, so Kimmich: "Wenn wir jetzt sagen, wir haben genug aufgeklärt, jetzt müssen wir Druck ausüben, bin ich mir nicht sicher, ob das der richtige Weg ist und ich glaube, das wird dann zu einer noch größeren Spaltung in unserer Gesellschaft führen."
Das empfinden nicht nur die Verantwortlichen beim FC Bayern wie Trainer Julian Nagelsmann so ("Das geht an keinem Menschen spurlos vorbei"), sondern weite Teile der Bundesliga. So sagte Christian Heidel, Manager beim FSV Mainz 05: "Es hat mich massiv geärgert, dass der Fußball benutzt wurde, um von wahren Versäumnissen abzulenken."
Liga-Vertreter machen Politik schwere Vorwürfe
Heidel findet, dass der Fußball völlig zu Unrecht an den Pranger gestellt wurde. "Die Impfquote im deutschen Profifußball liegt bei rund 95 Prozent: Davon träumt jede andere Branche und auch die Republik als Ganzes."
In dieselbe Kerbe hatte auch Dirk Zingler, Präsident bei Union Berlin, geschlagen. "Dass sich unsere Bundesregierung mit einer Einzelperson einer Berufsgruppe befasst, die zu 90 bis 95 Prozent geimpft ist, ist ein Skandal - und nicht Joshua Kimmich", schimpfte der Berliner Unternehmer kürzlich.