Eugene ist der kleinste Austragungsort in der Geschichte von Leichtathletik-Weltmeisterschaften. Doch hier schlägt das Herz dieses Sports. Auch dank einer Sportartikel-Firma.
Die Leichtathletik ist gut rumgekommen in der Geschichte ihrer Weltmeisterschaften. Den Anfang machte 1983 Helsinki. Es folgten Rom und Tokio, später auch Paris, Berlin, Moskau, Peking oder London. Sie war also in namhaften Metropolen zu Gast. Jetzt kommen sie, wenn man so will, aufs Land. In den Nordwesten der USA. Nach Eugene im Bundesstaat Oregon. Eine Universitäts-Stadt mit knapp 175.000 Einwohnern.
Leichtathletik in Eugene tief verwurzelt
Das weltweit erscheinende Monatsmagazin "Runner's World" beschrieb Eugene 2011 unter anderem als "verschlafenen Collegeort im Grünen mit einer Reputation für Hippies". Das trifft es ebenso wie die Aussage des "Sports Business Journal" dieser Tage, dass "die Leichtathletik in Eugene so tief mit der Identität verwurzelt" sei und von der Öffentlichkeit angenommen werde, "wie nirgendwo sonst in den USA".
- Das müssen Sie über die WM in Eugene wissen
Die 18. Leichtathletik-WM in Eugene im US-Bundesstaat Oregon: 49 Medaillen-Entscheidungen stehen auf dem Programm. ARD und ZDF berichten live. Die wichtigsten Infos im Überblick.
Eugene ist für Track & Field in Amerika das, was beispielsweise Tauberbischofsheim für das Fechten in Deutschland bedeutet. Oder Gummersbach und Kiel für den Handball. Erfolg, Tradition, Geschichte. "Track Town USA" nennt sich die Stadt seit vielen Jahren stolz. Denn es gibt im ganzen Land kein bekannteres Leichtathletik-Stadion als das Hayward Field auf dem Gelände der hier ansässigen Universität von Oregon.
Olympische Atmosphäre in Eugene erwartet
Hier treffen sich bis zum 24. Juli rund 2.000 Sportlerinnen und Sportler aus 200 Nationen zum Jahreshöhepunkt. Und hier erwartet Bundestrainerin Annett Stein eine Atmosphäre "ähnlich wie bei Olympischen Spielen", wie sie im Gespräch mit ZDFheute betont.
Denn alle sind in Studentenwohnheimen auf dem College-Campus untergebracht, in unmittelbarer Nähe des Stadions - und nicht, wie sonst bei Weltmeisterschaften, in großen Hotels weit ab der Wettkampfstätte. Und das ergäbe diesmal ein "pures Leichtathletik-Umfeld", so Stein. "Nationen treffen sich, motivieren sich, man ist ganz nah am Geschehen dran", sagt die 57-Jährige hörbar euphorisch.
Erfolgreiches Uni-Team prägt die Stadt
Stein war 2014 bereits bei der U20-WM in Eugene. Sie hat die Begeisterung der Fans und deren Fachkenntnis kennen- und schätzengelernt und weiß: "Eugene ist ein besonderer Platz in Amerika."
EM-Gold und Sportler des Jahres: Ein Blick hinter die Kulissen des Zehnkämpfers Niklas Kaul, der nach Höhen und Tiefen einer Saison das Ziel Olympia-Gold in Paris im Blick hat.
Vor allem die Läufer haben die Stadt bekannt gemacht. Das Leichtathletik-Team der Universität gehört seit knapp 60 Jahren zu den besten des Landes. Athleten wie Otis Davis (400 Meter-Olympiasieger 1960) oder Ashton Eaton (zweimaliger Zehnkampf-Weltmeister- und Olympiasieger) wurden hier zu Stars.
Legendäres Duo lernt sich in Eugene kennen
Legendär ist Coach Bill Bowerman, der von 1948 bis 1972 das Sagen hatte. Er trainierte Ende der Fünfziger unter anderem Phil Knight, einen damals unbekannten Mittelstreckenläufer. 1964 gründeten sie gemeinsam eine Firma für den Vertrieb von Sportschuhen. 1971 wurde daraus Nike.
Phil Knight hat den Sportartikelhersteller zur Weltmarke gemacht und ist so zum Multi-Milliardär geworden. Doch all das sei ohne Bowerman und Eugene nicht möglich gewesen, betont er noch heute oft. Und deshalb ist der mittlerweile 84-Jährige der Stadt und dem Stadion immer noch eng verbunden.
Ein "Ritter" für den Stadion-Umbau
Als Eugene 2015 überraschend, weil ohne öffentlichen Bewerbungsprozess, vom Leichtathletik-Weltverband die Zusage für die WM bekam, war klar, dass das 1921 eingeweihte Hayward Field modernisiert werden musste. Knight war zur Stelle und stemmte den Großteil der kolportierten Kosten von rund 270 Millionen Dollar.
Und deshalb wird Eugene mit seiner neuen, hoch modernen Arena, die bis zu 30.000 Zuschauern Platz bietet, nun im weltweiten Fokus stehen. 70 Prozent der Tickets seien verkauft, heißt es. Die Veranstalter rechnen an allen zehn Wettkampftagen mit einer vollen Arena.
Der "verschlafene College-Ort" ist erwacht und bereit für die globale Bühne. Und bereit, in der Geschichte der WM-Gastgeber eine besondere Rolle zu spielen: als kleinste Stadt mit großer Leichtathletik-Leidenschaft.
Das deutsche Team für Eugene
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