Vettel sagt Good bye – die Formel 1 verliert einen Großen

    Formel 1 verliert einen Großen:Sebastian Vettel sagt Good bye

    von Karin Sturm
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    Sebastian Vettel hat im Leben jetzt andere Ziele - die Formel 1 ist für ihn zu klein und "langsam" geworden.

    Wirklich überraschend kam die Rücktrittserklärung zum Saisonende von Sebastian Vettel für die meisten nicht. Zumindest nicht für diejenigen, denen klar war, dass der viermalige Weltmeister sich ja schon seit einiger Zeit mit solchen Gedanken trug. Zu weit hat sich der jetzt 35-Jährige über die Grenzen der Formel 1 hinaus entwickelt, zu viele andere Interessen und Ziele gefunden, um noch länger in der Königsklasse zu bleiben.
    Die offizielle Haupt-Begründung, sich in Zukunft mehr seiner Familie, seinen Kindern widmen zu wollen, ist ja nur ein Teil der Geschichte - für den Rücktritt gibt es auch noch andere Gründe. Da ist sein stetig wachsendes Engagement in Sachen Umwelt- und Klimaschutz und Menschenrechte, seine Unzufriedenheit mit den Entwicklungen in der Formel 1, die ihm in dieser Richtung viel zu langsam voran gehen - weswegen er ja bei den Top-Managern dort auch immer wieder aneckte.

    Vettel war sich der Widersprüche stets bewusst

    Gewisse Widersprüche zwischen seiner Betonung von Klimaschutz und seinem Job als Formel-1-Fahrer waren ihm natürlich selbst immer mehr als bewusst - auch wenn er persönlich seit langem einiges tut, um zumindest persönlich seinen C02-Abdruck zu verringern oder erzieherisch zu wirken.
    Ob er immer wieder selbst Hand anlegt, um im Fahrerlager achtlos weggeworfene Plastikflaschen einzusammeln und in die entsprechenden Recycling-Behälter zu befördern, oder seine Reisen, so gut es geht, klimaschonend organisiert: Verzicht auf Flüge in Europa, stattdessen öfters Elektro-Auto, oder wenn möglich, mit der Bahn ...
    "Der Vorwurf ist absolut gerechtfertigt", nahm er in der BBC-Talkrunde "Question Time" im Frühsommer den Kritikern an der "Spritverschwendung der Formel 1" gleich einmal den Wind aus den Segeln.

    Es gibt Fragen, die ich mir selbst jeden Tag stelle. Ich bin ja kein Heiliger. Das Autofahren ist meine Leidenschaft. Ich liebe es. Aber wenn ich aussteige, denke ich schon manchmal, ob das sein muss, ob das etwas ist, was wir machen sollten - um die Welt reisen und Ressourcen verschwenden?

    Sebastian Vettel

    Vettel ist mehr als nur Formel-1-Fahrer

    Was Vettel von vielen seiner Fahrerkollegen immer abhob, war sein Blick über den Tellerrand hinaus: Schon früh nutzte er seine Reisen um die Welt auch für Anderes als den Weg zwischen Flughafen, Hotel und Rennstrecke, war offen für neue Eindrücke, legte Wert darauf, andere Kulturen kennenzulernen, daraus auch Schlüsse für sich selbst zu ziehen.
    Ob 2011 beim ersten Indien-GP, als ihn die Eindrücke von Land und Leuten, die er auf einer Fahrt zum Taj Mahal gewann, sehr berührten und beschäftigten, ob 2012 beim Bahrain-GP, als er eine klare Meinung zu diesem Rennen hatte, sich damals allerdings noch nicht traute, sie offen auszusprechen: Die Ansätze, mehr zu sein als nur ein Formel-1-Weltmeister, waren immer da.

    Fehlende sportliche Perspektiven

    Dass sich sportlich bei Aston Martin keine großen Perspektiven mehr auftaten, hat Vettel den Schritt zum Ausstieg dabei wohl nur leichter gemacht. Ein Fahrer, der bis jetzt in seiner Laufbahn vier Weltmeistertitel, 53 Siege, 122 Podestplätze, 57 Poles, 38 schnellste Rennrunden und 3.076 Punkte gesammelt hat, kann mittelfristig nicht mit Mittelfeldplätzen zufrieden sein.
    Die Zahlen zeigen aber auch eines: Die Formel 1 verliert mit Vettel nicht nur eine ganz große Persönlichkeit, sondern auch sportlich einen ganz Großen. Nur Michael Schumacher, Lewis Hamilton und Juan-Manuel Fangio haben mehr WM-Titel, die Ära Red Bull und Vettel war eine sehr eindrucksvolle. Auch wenn die Erfolge auf der Strecke inzwischen fast schon ein bisschen in Vergessenheit geraten sind - überstrahlt vom "neuen" Sebastian Vettel mit seinen neuen Zielen, die Welt vielleicht ein kleines bisschen besser zu machen ...