Für den erneuten Einzug in den Super Bowl ist das Team aus Los Angeles "all in" gegangen. Das Zeitfenster für den ganz großen Erfolg der Rams scheint eng bemessen.
Man muss in Los Angeles genau hinschauen für Hinweise, dass die heimischen Rams im "Super Bowl LVI" (Montag, 0.30 Uhr MEZ) stehen. In Downtown rund ums Convention Center ist für die 56. Ausgabe des großen Finales im American Football zwar geflaggt. Und vereinzelt trauen sich Angelenos im blau-goldenen Trikot raus.
Aber sonst? Knapp sechs Jahre nach der Rückkehr aus dem Exil in St. Louis ist das Team noch nicht zu Hause angekommen.
- Joe Burrow und die Sieger-Connection?
Quarterback Joe Burrow hat das Zeug, die Cincinnati Bengals zur Sensation beim 56. Super Bowl zu führen. Gleich mehrere alte Weggefährten könnten ihm dabei helfen.
Starke Sport-Konkurrenz in Los Angeles
In der Welthauptstadt des Entertainments gibt es so viel Auswahl. Die Metropole hält ihren 13 Millionen Einwohnern im Profisport alles doppelt vor: Lakers und Clippers in der NBA, Dodgers und Angels im Baseball, Kings und Ducks in der NHL, Galaxy und FC im Soccer, Rams und Chargers in der NFL. Dazu im Football noch die populären College-Teams USC Trojans und UCLA Bruins.
Um in diesem Markt Wurzeln zu schlagen, ist die große Bühne Super Bowl ein Geschenk. "Das ist eine beispiellose Gelegenheit", sagt Kevin Demoff, der als Chief Operating Officer auch zuständig dafür ist, die Fanbasis neu zu verankern, nachdem die Rams zwischen 1995 und 2015 20 Jahre in St. Louis beheimatet waren.
"Einmalige Gelegenheit" wäre auch passend. Denn fürs Endspiel gegen die Cincinnati Bengals gilt fast: Jetzt oder nie.
Rams-Besitzer investiert Milliarden
Fast fünf Milliarden Dollar hat Team-Besitzer Stan Kroenke investiert, um das futuristische SoFi Stadium hochzuziehen und nach 29 Jahren wieder ein NFL-Finale nach L.A. zu holen.
550 Millionen Dollar waren als Gebühr fällig, um den lukrativen Zugang zum zweitwichtigsten TV-Markt der USA zu bekommen. 790 Millionen Dollar soll Kroenke, dem auch der FC Arsenal gehört, nach St. Louis überwiesen haben. Eine Art Schmerzensgeld, um Klagen gegen die umstrittene "Relocation" vorzubeugen.
Trainer-Vorbild Sean McVay
Beim Trainerstab hat sich der Poker von 2017 ausgezahlt. Den damals erst 30 Jahre alten Sean McVay zum jüngsten Headcoach in der NFL-Geschichte zu befördern, hat die Rams auf die Überholspur gesetzt.
McVays innovative Ideen werden heute ligaweit kopiert, einige seiner Assistenten sind selbst zu Chefs aufgestiegen - so auch Zac Taylor beim Finalgegner Bengals.
Rams holen sich Stars
Für die Mannschaft aber gilt der Moment, nicht die Zukunft. "Die Rams leben so sehr im Hier und Jetzt wie kein zweites NFL-Team", schreibt "profootballtalk.com". Für ihr Dream-Team haben sie auf Jahre hinaus beste Draft-Picks verscherbelt, die Zugriffsrechte bei der Talentauswahl. So angelten sie Star-Cornerback Jalen Ramsey. So gewannen sie Quarterback-Hoffnung Jared Goff.
Obwohl dieser die Rams drei Mal in die Playoffs und 2019 ins Endspiel führte, wurden die Rams vor dieser Saison erneut im teuren Tauschhandel aktiv. Sie ersetzten Goff durch den vermeintlich noch besseren Routinier Matthew Stafford. Die Message: Der Titel muss her.
Die Folge: ein Neuaufbau durch Top-Talente ist auf Jahre blockiert. Und weil die Startruppe bei der Salary Cap an die Grenzen gelangt, wird es bei der Verpflichtung so genannter Free Agents oder bei der Übernahme anderswo Aussortierter eng.
Die Rams können nicht immer Glück haben wie zuletzt: Sie bekamen Defensiv-Star Von Miller, weil Denver vorschnell das Vertrauen verloren hatte. Wide Receiver Odell Beckham Jr. fiel den Rams aus Cleveland in den Schoß.
Für die Rams ist das Zeitfenster für Erfolge noch etwas enger als für andere Teams. Durch den erneuten Umzug ist auch die Fanbasis ein echtes Problem. Das zeigte sich im Halbfinale gegen San Francisco. Auf den Rängen des SoFi Stadiums ging das quantitative Duell gegen die 49ers-Anhänger höchstens fifty-fifty aus - im bis dahin wichtigsten Heimspiel der jüngeren Team-Geschichte.