Olympia 2022: Doping-Drama um Russlands Wunderläuferin

    Kamila Walijewa:Doping-Drama um Russlands Wunderläuferin

    von Christiane Mitatselis
    |

    Kamila Walijewa ist vor den Spielen positiv auf ein leistungsförderndes Mittel getestet worden. Ist das 15-jährige Eislauf-Wunderkind Opfer einer verantwortungslosen Trainerin?

    Kamila Walijewa beim Training
    Im Mittelpunkt eines Doping-Dramas: die 15-jährige Russin Kamila Walijewa
    Quelle: dpa

    Die junge Eiskunstläuferin Kamila Walijewa scheint auf dem Eis alles zu können. Sie ist eine Ballerina, biegsam, leicht und elegant, auf die jede russische Ballettschule stolz wäre. Ihre Schlittschuhtechnik ist makellos, ihre Sprünge sind einzigartig.
    Mit Leichtigkeit und unglaublich schnellen Drehungen landete sie am Montag in ihrer Kür im olympischen Teamwettbewerb von Peking den Toeloop und Salchow vierfach, keiner anderen Läuferin vor ihr gelang dies bei Olympia. Sie sicherte Russland damit Gold in der Mannschaft der Eiskunstläufer. Die Weltpresse war voller Lob für das 15-jährige Jahrhunderttalent - und ein solches ist Walijewa zweifellos auch.

    Doping-Meldungen lösen Erschütterung aus

    Die jüngsten Meldungen um einen positiven Dopingtest der Läuferin auf das verbotene Herzmedikament Trimetazidin, der von den russischen Meisterschaften am 25. Dezember in Moskau stammt und jetzt erst publik wurde, haben deshalb umso mehr für Erschütterung gesorgt.
    Zunächst hieß es, Walijewa dürfe am olympischen Einzelwettbewerb teilnehmen, der am 15. Februar mit dem Kurzprogramm beginnt, da eine Sperre der Athletin durch Russlands Anti-Doping-Agentur aufgehoben wurde. Gegen diese Aufhebung legten am Freitag das Internationale Olympische Komitee (IOC) sowie die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) Berufung beim Internationalen Sportgerichtshof Cas ein. Ausgang offen.
    Somit steht eine Minderjährige im Mittelpunkt eines sportpolitischen Konflikts, ohne dass sie daran vermutlich irgendeine Schuld trifft. Derart junge Athleten haben keine andere Wahl, als darauf zu vertrauen, dass ihre Trainer das Richtige tun.

    Harte Belastungen im Training

    Positive Dopingtests sind im Eiskunstlauf selten. Bekannt wurde zuletzt 2016 der Fall der russischen Eistänzerin Jekaterina Brobowa, die auf Meldonium, ebenfalls ein Herzmittel, positiv getestet wurde. Diese Substanz kann, ähnlich wie das bei Walijewa festgestellte Trimetazidin, helfen, bei starker körperlicher Belastung den Blutfluss im Herzen aufrecht zu erhalten.
    Und Walijewa ist sehr starken Belastungen ausgesetzt, denn sie arbeitet in Moskau seit 2018 täglich in der Gruppe "Sambo 70" der aparten Erfolgstrainerin Eteri Tutberidze, einer ehemaligen Eistänzerin.

    Die "Quad Squad" von Eteri Tutberidze

    Die 47-Jährige hat in den vergangenen Jahren reihenweise Champions hervorgebracht, unter anderem Alina Sagitowa, Olympiasiegerin von 2018 in Pyeongchang und Jewgenija Medwedewa, die vor vier Jahren Silber gewann.
    In Tutberidzes Gruppe herrscht ein immenser Konkurrenzkampf, ständig kommen junge Läuferinnen nach. Ihre 17-jährigen Schützlinge Anna Schtscherbakowa und Alexandra Trussowa, die ebenfalls in Peking starten, beherrschen wie Walijewa vierfache Sprünge. In der US-Presse wurde das Trio deshalb unlängst als Moskauer "Quad Squad" (Vierfach-Trupp) tituliert.

    Zu harter Drill in jungen Jahren?

    Vor allem in Nordamerika ist in den vergangenen Jahren immer wieder Kritik an Tutberidzes Trainingsmethoden, einem mutmaßlich inhumanen Drill, laut geworden. Sie verschleiße die jungen Sportlerinnen ohne Rücksicht auf mögliche körperliche und psychische Schäden, die durch zu hartes Training in jungen Jahren und gnadenlose Diät unvermeidlich seien, war immer wieder zu lesen.
    Als trauriges Beispiel gilt die von Tutberidze trainierte Julia Lipnizkaja, die 2014 in Sotschi gefeierte Teamolympiasiegerin mit Russland war und ihre Karriere drei Jahre darauf als 19-Jährige beendete. Sie schlug sich mit Hüft- und Rückenverletzungen herum und litt unter Anorexie, sprich Magersucht. In Tutberidzes Heimat wird die Kritik meist als Neid der Erfolglosen auf den russischen Glanz interpretiert.
    Wie das Drama um Wunderkind Kamila Walijewa endet, ist offen. Am Montag nun will der Internationale Sportgerichtshof Cas bekannt geben, ob Kamila Walijewa weiter an den Winterspielen teilnehmen darf. 

    Wenn überhaupt, gehören die verantwortlichen Erwachsenen für immer für den Sport gesperrt.

    Katarina Witt via Facebook

    "Das, was sie ihr vielleicht zugemutet haben, ist an Unmenschlichkeit nicht zu überbieten und lässt mein Sportlerherz weinen", sagt die deutsche Eiskunstlauf-Olympiasiegerin Katarina Witt.
    Fragen und Antworten zum Dopingverdacht gegen Kamila Walijewa:







    Mehr zu Olympia - Peking 2022