Doppel-Olympiasiegerin Natalie Geisenberger blickt bei "Lanz" trotz ihres Erfolgs kritisch zurück auf ihre Zeit in China. Sie berichtet von Abschottung und innerer Zerrissenheit.
Was waren das für herausragende Olympische Winterspiele für Rodlerin Natalie Geisenberger – aus sportlicher Sicht. Gold im Einsitzer, Gold in der Team-Staffel. Was sie allerdings auch mit nach Hause genommen hat: Unverständnis über die Olympia-Vergabe nach China und ein Gefühl der Ohnmacht.
Das schilderte sie bei "Markus Lanz". Schon im Vorfeld der Winterspiele in Peking habe sie sich lange überlegt, ob sie das Event nicht einfach boykottieren sollte, sagte Geisenberger. Sie habe sich letztlich doch entschieden, teilzunehmen. "Weil ich einfach gesagt habe, es würde sich nichts ändern."
Geisenberger: Hinfahren, Job machen, nach Hause
Weder an der Verletzung von Menschenrechten noch beim Tier- und Umweltschutz, so die Doppelolympiasiegerin. "Es wird einfach nur ein anderer Name auf der Ergebnisliste stehen."
Darum habe sie sich den Traum von Olympia-Gold nicht nehmen lassen wollen – auch angesichts dessen, wie viel sie und ihre Familie dafür gegeben hätten. Darum habe sie entschlossen: Zwei Wochen hinfahren, Job machen, ab nach Hause "und nie wieder nach China", so Geisenberger.
Gesamtsituation für die Sportler schwierig
In der Beurteilung von Szenen wie etwa bei der Eröffnungsfeier, als ausgerechnet eine uigurische Langläuferin das olympische Feuer entzündete, tat sich die 34-Jährige schwer:
Vor den Wettkämpfen versuche man eher, so etwas nicht zu nah an einen heranzulassen, da das zu sehr ablenke. Man wolle seinen Job so gut wie möglich machen und gerade deshalb sei die Gesamtsituation für sie und ihre Kollegen auch so schwierig gewesen.
Olympiasiegerin: Von der Außenwelt abgekapselt
Geisenberger erzählte auch, wie die Organisatoren die Athleten komplett von der Außenwelt abkapselten. Kontakt zur Bevölkerung habe es keinen gegeben. Schon bei der Anreise seien am Flughafen hohe Trennwände aufgestellt worden, sodass die Athleten nichts vom Drumherum mitbekamen.
Auch die Lage des Olympischen Dorfs ließ keinen Kontakt zur Außenwelt zu. Die 300 Meter Luftlinie zur Rodelbahn sei man jeden Tag mit dem Bus hin- und hergefahren. "Und das war's", so Geisenberger. "Da war eigentlich wirklich nichts."
ZDF-Korrespondent: Spiele erfolgreich für die Machthaber
So durchwachsen die Olympischen Winterspiele aus Sicht der Athleten sind, so erfolgreich sind sie aus Sicht des Gastgebers. ZDF-Korrespondent Ulf Röller, der aus Peking zugeschaltet war, sagte, dass sich die Spiele für Chinas Machthaber Xi Jinping "absolut gelohnt" hätten.
Er habe der Welt zeigen wollen, dass eine Nicht-Wintersportnation in einem wüstenartigen Gebiet Wintersport machen und Wintersportstätten bauen könne. Röller weiter: "Dass China also alles hinkriegt, was es will."
Röller: Keine Unruhen während Olympia
Außerdem habe es im Land keinerlei Unruhen gegeben. Weder in Hongkong noch in Xianjang hätten sich die Freiheitsbewegung oder die Uiguren zu Wort gemeldet.
"Die sind komplett weg und ausgeschlossen", so Röller. Und weiter in Bezug auf Staatschef Xi Jinping:
Wertesystem zur Schau gestellt
Zu guter Letzt habe es auch keinen erneuten Corona-Ausbruch gegeben. Somit habe man auch unter Beweis stellen können, dass Chinas strenges Kontrollsystem weltweit den besten Schutz biete.
Das alles habe funktioniert und Xi Jinping habe so die Vormachtstellung des chinesischen Wertesystems zur Schau stellen können. "Damit ist das Kapitel Olympische Spiele auch abgeschlossen für ihn."
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