In der ersten Olympia-Woche ruhen die Hoffnungen der Alpinen auf einer, mit der fast niemand mehr gerechnet hat: Slalomläuferin Lena Dürr.
Bei der in dieser Saison erfolgreichsten DSV-Skirennläuferin Lena Dürr ist es wie mit einem guten Rotwein: je älter, desto besser. Dabei ist das im Slalom eher die Ausnahme. Mit 30 denken da viele Athletinnen schon ans Aufhören, Lena Dürr dagegen startet jetzt erst so richtig durch.
Medaille für Dürr in Reichweite
Wer mit einer Empfehlung von drei dritten Plätzen zu Olympia reist, gehört einfach zu den Gejagten. Vor allem, wenn nur zwei Läuferinnen in der ganzen Saison besser waren, die große Mikaela Shiffrin und die Gesamtweltcup-Titelträgerin Petra Vlhova.
- Lena Dürr Dritte beim Slalom in Schladming
Lena Dürr hat den dritten Podestplatz ihrer Karriere eingefahren. Beim Nachtslalom in Schladming fuhr sie auf Rang drei. Das Rennen gewann Mikaela Shiffrin vor Petra Vlhova.
Die Medaille, sagt sie noch etwas zurückhaltend, "ist zumindest in Reichweite - und realistischer als vor vier Jahren". In Südkorea, bei ihren ersten Winterspielen, war sie mittendrin in einer, wie sie es heute ausdrückt, "ewigen Reise", auf der es lange nicht so richtig vorwärts ging.
Dürr zeitweise nicht mehr im Elitekader
Sie hatte sich lange eingerichtet in der Mittelmäßigkeit, irgendwo zwischen Platz zehn und zwanzig, mit ein paar Ausreißern nach vorne und nach hinten. Vor ein paar Jahren war die Athletin des SV Germering sogar mal aus dem Elitekader geflogen, musste die Vorbereitung auf die Saison selbst organisieren und finanzieren.
Aber Lena Dürr kämpfte sich zurück, ist nun so fokussiert auf ihren Sport und auf ihre Karriere wie noch nie zuvor.
Endlich die passenden Trainer
Was nun den berühmten Knoten gelöst hat, das, sagt Dürr, "würde ich auch gerne wissen". Sie sei reifer geworden, und die Stimmung in der Mannschaft sei hervorragend. Ja, aber das allein war sicher nicht ausschlaggebend für diesen Sprung.
Schon eher, dass sie nun ein Trainerteam hat, das den richtigen Zugang zu ihr findet. Es habe viele Wechsel gegeben in den vergangenen Jahren, sagt Lena Dürr: "Das kann eine Chance sein, kann aber auch schwierig sein, weil man wieder bei Null startet."
Training mit neuem Ansatz
Für sie war die letzte Umstrukturierung vor zwei Jahren eine Chance. Der neue Disziplin-Trainer Georg Harzl hat es geschafft, dass sie nicht mehr nur ihre Defizite kennt, sondern sich mehr damit auseinandersetzt und nach Lösungen sucht.
Jetzt passt gerade ziemlich viel. Cheftrainer Jürgen Graller lobt ihren Fleiß und ihre Akribie: "Sie macht einen guten Eindruck."
Trainingsbedingungen an Peking angepasst
Dürr hat viel am Material getüftelt, auch mit Blick auf die besonderen Bedingungen in Peking mit sehr, sehr trockenem Schnee und Kälte. "Sie hat viel Selbstvertrauen", sagt Graller: "Und das ist relativ wichtig."
Die gut dreiwöchige Pause zwischen dem letzten Slalom und der Abreise nach Peking nutzte Lena Dürr für intensives Training - auf ähnlichem Terrain wie der Olympia-Slalom am 9. Februar und unter ähnlichen Schneebedingungen.
Weidle in den schnellen Disziplinen gefordert
Dürr ist eine von nur drei deutschen Alpin-Frauen bei Olympia. Während Kira Weidle erst in der zweiten Olympia-Woche bei den schnellen Disziplinen zum Einsatz kommt und in der Abfahrt zu den Medaillen-Kandidatinnen zählt, ist für die erst 18 Jahre alte Emma Aicher allein die Qualifikation für Peking ein Erfolg.
Alpinchef Wolfgang Maier hat zwei Medaillen als Olympia-Ziel ausgegeben, eine bei den Frauen, eine bei den Männern. In der ersten Olympia-Woche ruhen die deutschen Hoffnungen auf Dürr. "Man ist nicht absoluter Top-Favorit", sagt Graller. Aber es ist nach den Vorleistungen in der Saison gut zu wissen, "dass man nicht weit weg ist von der Musik".
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