Nach dem Reit-Drama um Annika Schleu im Fünfkampf gab es nicht nur Kritik am Reglement, sondern auch an Bundestrainerin Kim Raisner. Diese wurde nun ausgeschlossen.
Das Internationale Olympische Komitee hat den Ausschluss von Fünfkampf-Bundestrainerin Kim Raisner von den Sommerspielen in Tokio begrüßt. Die Szenen beim Reit-Drama um Annika Schleu seien "verstörend" gewesen, teilte ein IOC-Sprecher am Samstag mit und ergänzte: "Wir fühlen mit der Athletin und dem Pferd. Das Tierwohl ist von äußerster Wichtigkeit."
Bundestrainerin Kim Raisner war für ihr Verhalten beim Frauen-Wettkampf im Modernen Fünfkampf durch den Weltverband von den Olympischen Spielen in Tokio ausgeschlossen worden. Raisner habe das Pferd von Annika Schleu anscheinend mit der Faust geschlagen, begründete der Weltverband seine Entscheidung am Samstag. Schon zuvor hatte DOSB-Präsident Alfons Hörmann bei einer Pressekonferenz in Tokio mitgeteilt, dass Raisner keine Aufgaben mehr in Tokio wahrnehmen würde.
Raisner werde "weder am Parcours noch am Abreiteplatz eine Funktion" haben, sagte der Chef des Deutschen Olympischen Sportbunds nach einer Besprechung des Vorfalls mit Schleu, Raisner und Susanne Wiedemann, Sportdirektorin des Deutschen Verbands für Modernen Fünfkampf. Dies sei die "beste Lösung", um keine "weiteren Fragezeichen" rund um die Trainerin aufkommen zu lassen. Es sei eine gemeinsame und einvernehmliche Entscheidung gewesen.
Schleu verliert dramatisch Gold - Kritik an Raisner
Der Gewinn der Goldmedaille war für die Berlinerin Schleu am Freitag in Tokio greifbar nah gewesen, doch das ihr zugeloste Leih-Pferd Saint Boy verweigerte mehrfach. Die 31-Jährige blieb deshalb ohne Punkte und kam am Ende auf Rang 31. Danach gab es heftige Kritik an der Sportlerin und an Bundestrainerin Raisner. "Hau mal richtig drauf! Hau drauf!", hatte sie - im Fernsehen deutlich hörbar - Schleu zugerufen.
Die sichtlich überforderte Athletin hatte daraufhin verzweifelt mit der Gerte das verunsicherte Pferd angepeitscht. Hörmann sagte, dass das internationale Regelwerk im Fünfkampf "dringend" einer Überarbeitung bedürfe, konkrete Vorschläge wollte er aber nicht machen.
- Hörmann: "Dringend über Regelwerk nachdenken"
DOSB-Chef Alfons Hörmann will nach dem Reit-Drama eine Reform im Fünfkampf. Insgesamt zieht er eine positive Bilanz der Olympischen Spiele in Tokio.
Weltverband: Allein die Schuld der Athleten
Auch der nationale Fünfkampf-Verband forderte die Anpassung des Reitreglements. "Entsprechende Änderungen wurden bereits erarbeitet und dem Weltverband (UIPM) vorgeschlagen. Dies hilft allerdings Annika Schleu nicht. Sie konnte ihren Traum einer Medaille bei den Olympischen Spielen in Tokio nicht realisieren", teilte der Deutsche Verband für Modernen Fünfkampf (DVMF) mit.
Der deutsche Weltverbandspräsident der Modernen Fünfkämpfer, Klaus Schormann, wehrte sich dagegen gegen Kritik, dass die Pferde nicht optimal präpariert gewesen seien. "Die Pferde sind absolut exzellent", sagte der 75-Jährige. Man habe die Pferde getestet. "Es gibt keine Grundlage für die Sportler, sich zu beschweren." Es habe nur an ihnen selbst gelegen, wenn sie in einigen Teilen des Wettbewerbs nicht erfolgreich gewesen seien, sagte Schormann.
Athleten-Verband sichert Schleu Unterstützung zu
Auch die Vereinigung "Athleten Deutschland" hat sich zu Wort gemeldet und Schleu Unterstützung zugesagt. "Die Anfeindungen und der teils offene Hass, der ihr seit dem gestrigen Reit-Wettkampf in den sozialen Netzwerken entgegenschlägt, ist inakzeptabel und aufs Schärfste zu verurteilen", teilte die Organisation am Samstag mit.
Kritik an den Vorkommnissen im Wettkampf sei "völlig legitim und sollte Anlass zu einer Debatte um Änderungen des Reitreglements sein", hieß es weiter. Der Weltverband UIPM müsse "jetzt handeln, um den Schutz der Tiere und angemessene Wettkampfbedingungen" für die Athletinnen und Athleten in Zukunft zu gewährleisten.
- Zeitplan, Ergebnisse, Livestreams, Medaillen
Alles zu den Olympischen Winterspielen 2022