Linn Kazmaier, mit 15 Jahren die Jüngste im deutschen Para-Team, hat mit Guide Florian Baumann schon zwei Medaillen im Biathlon und Langlauf gewonnen. Jetzt will sie noch mehr.
Ihre Omas sind Cousinen, die Dörfer im Schwäbischen, in denen sie aufgewachsen sind, liegen nur zehn Kilometer voneinander entfernt - und doch hat es eine ganze Weile gedauert, bis Linn Kazmaier und Florian Baumann zueinander gefunden haben. Seit etwas mehr als anderthalb Jahren sind die seebehinderte Para-Langläuferin und -Biathletin und ihr Guide ein Team. Und nun haben sie bei den paralympischen Winterspielen in Peking bereits zweimal Silber gewonnen, im Biathlon-Sprint und im Skilanglauf über 15 Kilometer.
Kazmaier ist die Jüngste
Kazmaier ist mit 15 Jahren die jüngste Athletin im Team des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS). Und sie hat noch Chancen auf weitere Medaillen. Die nächste am Mittwoch im Langlauf-Sprint. Ein Erfolg wäre auch ein Geburtstagsgeschenk für Baumann, der an diesem Tag 21 Jahre alt wird. Am Freitag tritt das Duo im Biathlon an und am Samstag im Langlauf über zehn Kilometer.
- Para Langlauf Sprint (F, M)
Die Wettbewerbe im Sprint in Klassen bei Frauen und Männern.
Die Athletin aus Oberlenningen in der Nähe von Reutlingen hat seit ihrer Geburt eine Sehbeeinträchtigung. "Ich denke, ich sehe normal, weil ich es nicht anders kenne", sagt Kazmaier. Tatsächlich aber sehe sie "ein verschwommenes, wackelndes Bild". Und sie sei extrem lichtempfindlich, deshalb trage sie immer eine Sonnenbrille und in der Loipe oft zusätzlich ein dunkles Visier.
Mit acht Jahren angefangen
Linn Kazmaier schlägt sich durch. Mutig und unerschrocken. Das hat sie auch in der Loipe schon immer ausgezeichnet, seit sie den nordischen Skisport mit acht Jahren für sich entdeckte. Lange fand sie keinen festen Guide, da mögliche Kandidaten wahlweise zu langsam waren für das Talent oder selbst noch aktiv.
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So rannte Kazmaier im Training einfach den Kollegen hinterher, bekannte Strecken bewältigte sie auch mal allein. Aktiviert worden sei ihr Draufgänger-Gen von ihrem anderthalb Jahre jüngeren Bruder: "Er ist immer losgerannt, um mit anderen Kindern zu spielen, und ich musste sehen, wie ich hinterherkomme."
Baumann: Mit der Großcousine in der Loipe
Mit Florian Baumann hat sie nun in der Loipe jemanden an ihrer Seite, der ihr fehlendes Sehvermögen so gut es geht ausgleicht. Bis vor zwei Jahren war Baumann selbst aktiver Biathlet. Dann ließ er die eigene Spitzensportkarriere auslaufen. Nun hatte er Zeit, mal mit der Großcousine in die Loipe zu gehen. Sie habe ihm die Grundregeln des Guide-Daseins erklärt und sein etwas mulmiges Gefühl sehr schnell zerstreut.
Linn Kazmaier überrascht bei den Paralympics in China.
Seine Aufgabe als Guide ist es, ihr Technikwechsel anzusagen, Kurven, Geländeveränderungen, die Beschaffenheit von Abfahrten. "Und sie hat mir sehr schnell vertraut", sagt er.
Trotz Verwechslung das Richtige
Da beide sehr nah beieinander laufen, müssen ihre Bewegungen so gut es geht synchronisiert ablaufen. Das klappt bei Kazmaier und Baumann so gut, dass er auch schon mal Rechts und Links verwechseln kann und sie dann trotzdem das Richtige macht – einfach, weil sie sich ihm anpasst.
Die aktuellen Erfolge in Peking sind auch möglich, weil die russische Mannschaft nicht am Start ist. Das geben Kazmaier und Baumann unumwunden zu. "Dann wäre ich vielleicht Fünfte oder Sechste geworden", sagt sie, "aber ich wäre trotzdem zufrieden gewesen".
Vertrauen wächst und wächst
Im vergangenen Herbst sind Kazmaier und Baumann nach Freiburg gegangen, sie ans Sportinternat, er studiert Sport und Politik auf Lehramt. Dort im Schwarzwald können sie mit dem deutschen Para-Team Ski Nordisch arbeiten. Ihr gemeinsamer Weg beginnt ja gerade erst.
Ein Rennen, zwei deutsche Teenager auf dem Podest: Die 15-Jährige Linn Kazmaier hat im Biathlon-Sprint der Sehbehinderten Silber vor Leonie Walter (18) geholt.
Baumann trainiert selbst intensiv, er muss nicht nur mit Kazmaier mithalten, sondern fit genug sein, um unterwegs seine Ansagen machen und am Ende laute Anfeuerungsrufe brüllen zu können. Und er begleite sie bei jeder Einheit auf Skiern, denn: "Das Vertrauen baut sich mit jedem Kilometer weiter auf." Das Dream-Team hat noch viel vor.