Der paralympische Spitzensport wurde durch die Pandemie noch deutlicher ausgebremst als der olympische, dennoch streben deutsche Athleten entschlossen den Tokio-Spielen entgegen.
Mathias Mester muss sich noch qualifizieren, Markus Rehm hat es schon geschafft. Mester, kleinwüchsiger Speerwerfer aus Coesfeld, steht während der Corona-Pandemie mehr denn je als Comedian des deutschen Parasports im Rampenlicht.
Und Prothesen-Weitspringer Rehm aus Leverkusen als Hoffnungsträger der ultimativen Inklusion. So streben beide den Paralympischen Spielen entgegen, die nach der Absage im vergangenen Jahr nun wie Olympia in diesem Sommer in Tokio nachgeholt werden sollen.
Pandemie kann Mut und Ehrgeiz nicht nehmen
Beide strahlen eine erstaunliche Zuversicht aus. Die Pandemie hat ihnen ihr Sportjahr 2020 verhagelt, aber nichts an Mut und Ehrgeiz genommen. Mester, der zweimal Weltmeister war, dreimal Europameister und 2008 in Peking als Kugelstoßer paralympisches Bronze gewann, sagt bestimmt:
"Ich hoffe auf beides, ich will in Tokio bei Olympia und bei den Paralympics dabei sein", sagt Rehm, im Weitsprung zweimaliger Paralympics-Sieger und mit 8,48 Metern unangefochtener Weltrekordler und rotes Tuch für jene in der olympischen Leichtathletik, die einen Athleten mit Unterschenkelprothese bei Olympia nicht gegen Athleten mit zwei gesunden Beinen springen sehen wollen.
Für Rehm nach Cas-Beschluss wieder alles möglich
Seit der Internationale Sportgerichtshof Cas im vergangenen Jahr eine Regel des Leichtathletik-Weltverbandes kippte, wonach Athleten mit Prothese belegen mussten, dass diese ihnen im Vergleich zu nicht-behinderten Konkurrenten keinen Vorteil bringt, scheint wieder alles möglich für Rehm.
"Ich könnte jetzt sagen: Ich springe die Norm und klage mich dann bis zu meinem Startplatz durch", erklärt der 32-Jährige. Er sehe jedoch den Bedarf zur Diskussion und hoffe deshalb noch auf Gespräche und eine einvernehmliche Lösung - wie etwa seine Teilnahme außerhalb der Wertung.
Keine optimalen Bedingung im Wettkampf-Jahr 2020
Mathias Mester hat wie Markus Rehm im vergangenen Jahr zwei Wettbewerbe bestritten. Mehr ließ Corona nicht zu. Eine recht umfangreiche "late season" wie in der olympischen Leichtathletik gab es nicht. "Uns fehlt im Großen und Ganzen ein Wettkampfjahr", sagt Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS).
Optimale Bedingungen in einer vor-paralympischen Saison sehen anders aus. Jetzt seien daher dringend wieder Wettbewerbe nötig. Allein schon, damit die Athleten sich für Tokio qualifizieren können.
Oft liege das nicht an zu geringem Leistungsvermögen, sondern schlicht an fehlenden Wettkämpfen. Der Kalender für 2021 ist nun gut gefüllt - doch bislang lasten auf jeder geplanten Veranstaltung pandemiebedingte Zweifel, ob sie denn auch wirklich stattfinden kann.
Mester amüsiert sein Social-Media-Publikum
Mester ist zuversichtlich, die nötigen 40,13 Meter möglichst früh in der Saison abhaken und sich dann ganz auf Tokio konzentrieren zu können. In den Sozialen Medien hat der 34-Jährige mit seiner Erfindung, den "Parantänischen Spielen", rund sieben Millionen Menschen erreicht und amüsiert.
Wer jedoch glaubt, er habe nichts anderes gemacht als komödiantischen Sport wie Kraulen in der Badewanne, Springreiten auf einem Gummipferd im Garten oder Bob-Fahren auf einem Skateboard in einem Parkhaus, der irrt. Mathias Mester ist ein sehr lustiger Mensch, aber auch Spitzensportler mit Leib und Seele. Entsprechend hat er geschuftet für die eine Goldmedaille, von der er noch träumt.
Mester kokettiert mit seinem Kleinwuchs
In seinen Videos kokettiert der Speerwerfer immer wieder mit seinem Kleinwuchs. "Er ist ein Mutmacher auf zwei Beinen", sagt Verbandspräsident Beucher, "auch wenn manch einem das Lachen gefriert bei seinen Scherzen". Mester selbst erklärt seine Aktion so: "Da ich ja eh so ein verrückter, bekloppter, positiv denkender Vogel bin, wollte ich die Leute ein bisschen vom Corona-Alltag ablenken und ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern."
Nicht nur das ist ihm gelungen. Nach Ansicht von Beucher hat er "mit seiner wunderbaren Idee den Blick auf den Parasport gelenkt". Und das in einem Jahr, in dem die Corona-Pandemie den paralympischen Athleten die öffentliche Bühne nahezu komplett genommen hat.