Felix Streng kam unverhofft zur paralympischen Leichtathletik - und ist dann direkt durchgestartet. "Nur Mut!", lautet seine Botschaft an junge Menschen mit Beeinträchtigung.
Felix Streng macht keine halbe Sachen. Schon als Kind flitzte, sprang und schlidderte er mit seiner Unterschenkelprothese derart halsbrecherisch durch Kita und Schule, dass die Erzieher und Lehrer regelmäßig bei seinen Eltern anriefen und nachfragten, ob das in Ordnung sei. War es.
Die Strengs trauten ihrem Sohn, dem von Geburt an der rechte Unterschenkel fehlt und der mit zehn Monaten seine erste Prothese bekam und mit ihr ganz selbstverständlich das Laufen lernte, schon immer alles zu.
"Das alles" - damit meint Streng seine Karriere als paralympischer Spitzensportler, die ihm Staffel-Gold sowie Bronze über 100 Meter und im Weitsprung bei den Spielen in Rio 2016 eingebracht hat. Zu seinem Sport kam er ziemlich unverhofft. Er war 17 Jahre alt, Elftklässler mit Sport-Leistungskurs und sollte eine Hausarbeit erstellen. Er hatte sich Parcours ausgesucht, damals, es war das Jahr 2012, eine auflebende Trendsportart.
Paralympics als Lernziel
Sein Lehrer war eher klassisch eingestellt und wenig begeistert. Er schlug vor, Streng möge sich doch mal die Paralympischen Spiele vornehmen - anlässlich der bevorstehenden Ausgabe in London. Zumal das doch zu seiner Prothese passe. Zunächst war Streng wenig begeistert.
Für ihn klang das nach Einschränkungen, die er nie empfand. Aber er fing an zu recherchieren. Streng stieß auf den Südafrikaner Oscar Pistorius, damals als "Blade Runner" noch eine schillernde Figur, sowie auf die deutschen Spitzenathleten Heinrich Popow und Markus Rehm.
Alles Männer, die mit ihren Prothesen verdammt schnell rennen oder weit springen konnten und können. "Das hat mich fasziniert, das war cool, ich wollte unbedingt mehr erfahren", erinnert sich Felix Streng.
In Leverkusen zum Weltklasse-Athleten gereift
Er schrieb eine Mail an den TSV Bayer 04 Leverkusen, in Deutschland die Hochburg für Prothesensprinter. Wenig später kam er zu Besuch, zwei Schnuppertage waren ausgemacht. Es wurden drei. Dann fuhr Streng nur nach Hause, um seinen Eltern zu sagen, dass er vier Tage später die Schule wechseln und nach Leverkusen ziehen wolle, um Sprinter und Weitspringer zu werden. Keine halben Sachen eben.
Der Plan ist aufgegangen. Unter dem renommierten Trainer Karl-Heinz Düe entwickelte er sich zum Weltklasseathleten. Seine Neugier und sein Wagemut sind ihm geblieben. So entschied sich der 26-Jährige Ende des vergangenen Jahres, künftig beim britischen Coach Steve Fudge zu trainieren. Den Leverkusenern gefiel das nicht so gut, deshalb startet Streng jetzt für Wetzlar.
Glücklich mit neuem Coach
Und ist glücklich, auch wenn er aktuell nicht nach London kann und nur per Zoom und Telefon mit seinem neuen Coach arbeitet: "Er hat ein ganz anderes Konzept, eine andere Philosophie. Das Training ist sehr technisch und auch bei Kraft und Athletik passiert gerade sehr viel, das fühlt sich alles sehr gut an."
Die verschobenen Sommerspiele von Tokio können kommen. Die Top-Platzierungen im Sprint und im Weitsprung bei den Athleten mit Beinprothesen sind extrem hart umkämpft. Aber Felix Streng freut sich auf den Vergleich.
Er hat seinen Weg gefunden - und hofft, dass das auch vielen anderen gelingt. Das neue Internet-Portal parasport.de des Deutschen Behindertensportbundes (DBS) könne dabei helfen: "Das ist ein guter Weg, jungen Menschen und Eltern mögliche Berührungsängste zu nehmen. Ich bin damals ein Risiko eingegangen. Das muss man sich manchmal einfach trauen."
- Vielleicht "der" Klick zum Paralympics-Sieg
Damit eine paralympische Karriere nicht vom Zufall abhängt wie bei Niko Kappel oder Mareike Miller, gibt's jetzt eine neue Website mit Infos rund um den Para-Sport.