Die Ausrufung der Super League hat im europäischen Fußball einen beispiellosen Aufschrei zur Folge. Dabei halten sogar Protagonisten zusammen, die sich sonst gar nicht grün sind.
Das Milliardenprojekt von zwölf europäischen Topklubs unter dem Dach der US-Investmentbank JPMorgan trifft auf den erbitterten Widerstand einer kaum für möglich gehaltenen Koalition aus Verbänden, Ligen, Fans und Politik.
Zwölf Gründungsmitglieder der Super League
Als Gründungsmitglieder präsentierten sich in der Nacht zu Montag: die englischen Clubs
- FC Liverpool,
- Manchester City,
- Manchester United,
- FC Chelsea,
- FC Arsenal;
- und Tottenham Hotspur
aus Spanien
- der FC Barcelona,
- Real Madrid,
- Atlético Madrid
sowie die Italiener
- Inter Mailand,
- AC Mailand
- und Juventus Turin.
Rummenigge soll Agnelli ersetzen
Pikant dabei: Juve-Chef Andrea Agnelli führte bis zuletzt noch die ECA, vertritt die Klubs in der Exekutive der UEFA und war maßgeblich an der Reform der Champions League beteiligt.
Karl-Heinz Rummenigge soll den abtrünnigen Andrea Agnelli als Vertreter der europäischen Klubvereinigung ECA im UEFA-Exekutivkomitee ersetzen. Das teilte die ECA am Montag mit. Der ECA stehen dort zwei Plätze zu, einen davon hat Klubchef Nasser al-Khelaifi von Paris St. Germain inne. UEFA-Chef Ceferin ließ kein gutes Haar an Agnelli: "Er ist die größte Enttäuschungen von allen. Ich habe noch nie eine Person getroffen, die so viel gelogen hat." In seiner Rolle als Chef der ECA war Agnelli maßgeblich an den Planungen zur Reform der Champions League beteiligt.
- Top-Klubs wollen Super League gründen
Zwölf Top-Klubs haben mit ihrem Entschluss, eine Super League zu gründen, ein Erdbeben im Fußball ausgelöst. FIFA und UEFA missbilligen den Schritt. Der BVB will nicht mitmachen.
Ohne BVB und FC Bayern
Borussia Dortmund und auch Bundesliga-Branchenführer Bayern München wollen nicht mitmachen. Laut BVB-Vorstandsboss Hans-Joachim Watzke war es die "klare Meinung" in der Chefetage der europäischen Klubvereinigung ECA, "dass man die Pläne zur Gründung einer Super League ablehnt".
Watzke betonte, dies gelte auch für Bayern München. Beide Großklubs hätten "in allen Gesprächen zu 100 Prozent deckungsgleiche Auffassungen vertreten". Von den Bayern hat sich bislang nur der scheidende Trainer Hansi Flick geäußert. Er stehe "voll hinter der Aussage des Vereins und von Dortmund".
UEFA lobt BVB und Bayern
Der BVB und die Bayern wurden von der UEFA ausdrücklich gelobt. "Wir danken den Klubs in anderen Ländern, insbesondere den französischen und deutschen Klubs, die sich geweigert haben, sich dem anzuschließen", ließ die UEFA wissen:
In ihrem "Kampf" steht die UEFA nicht allein. Die sonst so zerstrittenen Vertreter aus den verschiedenen Lagern haben sich zusammengefunden. Neben der FIFA machen die großen Verbände wie der DFB, die wichtigsten Ligen wie die DFL und die Fangruppierungen gemeinsam Front gegen die Super League.
UEFA will Klubs und Spieler verbannen
Indessen hat die UEFA angekündigt, sie wolle Spieler, die an der Super League teilnehmen, nicht mehr in ihren Nationalmannschaften spielen lassen.
- UEFA will Super-League-Spieler verbannen
Spieler, die an der neuen Super League teilnehmen, sollen nicht mehr in der Nationalmannschaft ihres Landes spielen dürfen. Damit droht die UEFA.
Internationalen Medien ahnen, wohin das führen wird. "Le Monde" aus Frankreich will erkannt haben, dass "die Wölfe aus dem Wald" gekommen sind.
Bei diesen "Wölfen" stehen unter anderem die Top-Trainer Jürgen Klopp (FC Liverpool), Thomas Tuchel (FC Chelsea) und Pep Guardiola (Manchester City) unter Vertrag. Coach Bo Svensson vom FSV Mainz 05 sieht sie unter Druck. "Jürgen, Thomas und Pep stehen in der Pflicht", sagte Svensson: "So wie ich sie kenne, stehen sie für andere Werte - nicht für immer noch mehr Geld."
Jürgen Klopp zeigte Verständnis für die Proteste zahlreicher Fans gegen die Super League.
sagte der 53-Jährige bei Sky Sports: "Das Wichtigste im Fußball sind die Fans und das Team. Wir müssen sicherstellen, dass nichts dazwischen kommt."
Bereits 2019 hatte sich Klopp gegen eine europäische Eliteliga ausgesprochen. "Ich hoffe, diese Super League wird es nie geben", betonte der Coach damals in einem Interview mit dem kicker. Dieser Ansicht sei er weiterhin. "Meine Meinung hat sich nicht geändert", sagte Klopp vor der Premier-League-Partie bei Leeds United am Montagabend. Vor der Begegnung hatten sich Fans beider Lager vor dem Stadion versammelt und gemeinsam gegen die Super League protestiert.
Völler: "Verbrechen am Fußball"
Leverkusens Geschäftsführer Rudi Völler argumentierte ähnlich. "Für einen Klub, bei dem die Fans "You"ll never walk alone" singen, ist das beschämend", sagte er in Richtung Liverpools. Die Super League bezeichnete Völler in der "Bild" als "Verbrechen am Fußball".
Auch der ehemalige England-Legionär und Nationalspieler Lukas Podolski äußert sich per Twitter kritisch zu den Plänen der zwölf Klubs: "Dieses Projekt ist ekelhaft, nicht fair und ich bin enttäuscht, dass Vereine, die ich vertreten habe, daran beteiligt sind. Man muss sich dagegen wehren."
Das Fan- und Ultragruppen-Bündnis ProFans sieht das Konstrukt als "Horrorvision", erhofft sich aber zugleich einen neuen, puren Fußball:
- Na dann mach doch, Super League
Die Super League hat sich gegründet, und der Aufschrei ist groß. ZDF-Reporter Nils Kaben glaubt: Die selbstausgerufene Fußball-Elite wird nicht lange ihren Spaß haben.
Im Sinne der Fans hat auch die Spitze der EU-Kommission die Gründung der europäischen Super League heftig kritisiert. "Wir müssen ein werteorientiertes europäisches Sportmodell verteidigen, das auf Vielfalt und Inklusivität basiert", twitterte der griechische Kommissions-Vizepräsident Margaritis Schinas.