Sara Däbritz spielt am Mittwoch eine Schlüsselrolle. Denn sie kennt Frankreichs Team, Gegner der DFB-Frauen im EM-Halbfinale, so gut wie niemand anders.
Es gibt gar nicht viele Spielerinnen aus dem deutschen Aufgebot, die Auslandserfahrung haben. Unter den Feldspielerinnen des DFB-Teams spielt derzeit nur noch eine einzige nicht in der Bundesliga: Sara Däbritz, die in diesem Sommer von Paris St. Germain zu Olympique Lyon wechselt. Und die nun unweigerlich vor dem EM-Halbfinale Deutschland gegen Frankreich (Mittwoch 21 Uhr/ZDF live ab 20:15 Uhr) in den Fokus rückt.
Mitten im EM-Sommer wechselt sie zwischen den beiden französischen Topklubs (ablösefrei) die Seiten.
Nun schob die 27-Jährige in London am Sonntag nach, was sie an ihrer Wahlheimat außerhalb des Fußballs schätzt: "Mir gefällt dort die Gemütlichkeit und kulinarisch ist es dort auch sehr gut." Sportlich gibt es sowieso keine bessere Adresse als ihren künftigen Arbeitgeber.
Zum Champions-League-Krösus Olympique Lyon
Olympique Lyon ist mit seinen acht gewonnenen Champions-League-Titeln, zuletzt eindrucksvoll im Finale gegen den FC Barcelona (3:1) siegreich, der erfolgreichste Frauenfußball-Klub überhaupt. Eigentümer Jean-Michel Aulas hat vielleicht als einer der ersten Klubbosse einer renommierten Männer-Marke das große Potenzial des Frauenfußballs erkannt.
Bei der Fußball-EM in England beeindruckt seine Neuerwerbung Däbritz als fleißige Arbeiterin, die aus gewonnenen Zweikämpfen, eroberten Bällen und zugestellten Passwegen viel mehr Befriedigung schöpft als früher. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg schätzt ihre "Energie und Physis". Aber gegen Dänemark und Finnland glänzte ihre "Achsenspielerin" auch mit Passquoten um die 90 Prozent und vielen Schlüsselpässen.
Was im Viertelfinale gegen Österreich auffiel: Da hatte die Mittelfeldspielerin in Brentford plötzlich nur 30 Ballkontakte. Verdammt wenig für ihre Qualitäten. Da geht am Mittwoch im Halbfinale in Milton Keynes wieder mehr.
90-fache Nationalspielerin mit Kampfeslust
Däbritz ist ein unverzichtbares Scharnier im deutschen Gefüge. Aber aus der Dirigentin ist eine Dienerin geworden. Doch die 90-fache Nationalspielerin erweckt nicht den Eindruck, als würde sie der Rollentausch stören. Im Gegenteil: Sie hat die Kampfeslust gepackt, wenn sie an die Adresse der Französinnen die Botschaft richtet, dass sie sich auf eine hochmotivierte deutsche Mannschaft einstellen sollen, denn:
Niemand hat ein solches Insiderwissen über die Stärken und Schwächen des Gegners wie die deutsche Nummer 13, die vor drei Jahren nach der WM in Frankreich ihre Wohlfühlzone beim FC Bayern aufgab. Klar, dass sie sich mit Voss-Tecklenburg "ein bisschen ausgetauscht und über die Spielerinnen unterhalten hat", wie sie sagte. Sie lote auch deren Stärken im Umschaltverhalten "mit vielen schnellen Spielerinnen" aus.
Respekt vor Renard
Die mentale Schwäche eines Nationalteams, das gemessen am Talent im letzten Jahrzehnt mindestens einmal im Finale hätte stehen müssen, erwähnte die Oberpfälzerin nicht. Aber natürlich erinnerte sie sich gut an das WM-Viertelfinale 2015, als die DFB-Frauen mit 5:4 im Elfmeterschießen triumphierten. Sie wurde damals in der 70. Minute für Alexandra Popp auf den Kunstrasen von Montreal geschickt. "Für uns war das ein cooles Erlebnis", so Däbritz.
Doch mit der Vergangenheit wollte sie sich auf der Pressekonferenz nicht zu viel beschäftigen. Sie warnte lieber vor der auffälligsten Spielerin bei Frankreich: Der 32-jährige Kapitänin Wendie Renard, immerhin 1,87 Meter groß.
Ansonsten freut sich Däbritz, künftig mit solch einer Persönlichkeit im Klub zusammenzuspielen. Am Mittwoch im Halbfinale der Fußball-EM sind die Beiden aber erstmal Gegnerinnen.