Karl Geiger geht als Verfolger in das Neujahrsspringen von Garmisch-Partenkirchen. 3,39 Meter Rückstand sind aufholbar, aber die Mission wird schwer.
Ein Krafttraining stand am Tag nach dem Auftakt in diese 70. Vierschanzentournee für Karl Geiger auf dem Plan. Dann machte sich das deutsche Flieger-Team auf den Weg nach Garmisch-Partenkirchen, wo man das Jahr 2022 beim traditionsreichen Neujahrsspringen (14 Uhr/live im ZDF) mit einem Paukenschlag beginnen will. Bei der Qualifikation am Freitag (14 Uhr/ZDF) will sich Tournee-Mitfavorit Geiger das nötige Gefühl für die Schanze holen.
Noch ist nichts verloren für Karl Geiger: Nach dem 5. Platz beim Tournee-Auftaktspringen in Oberstdorf will der DSV-Adler in Garmisch durchstarten.
Geiger spürt den Druck
Der erste deutsche Tournee-Gesamtsieg seit 20 Jahren bleibt weiter Karl Geigers Sehnsuchtsziel, auch wenn nach seinem fünften Platz beim Auftaktspringen auf seiner Heimschanze erste Zweifel spürbar wurden.
Geiger weiter: "Das kann man nicht wegleugnen. Es fällt mir schwer und das wird auch die Challenge in nächster Zeit. Ich muss von Tag zu Tag schauen und es muss sich einfach fügen."
Unter diesen Voraussetzungen, so der Tournee-Gesamtzweite und dreimalige Weltmeister der Vorsaison, habe er in Oberstdorf das Maximale herausgeholt. Der Druck, mit dem Gelben Trikot des Gesamtweltcup-Spitzenreiters als Topfavorit anzutreten, zehrt mehr als erwartet am "mentalen Ausnahmeathleten" (Bundestrainer Stefan Horngacher).
In Schlagdistanz zu Kobayashi
6,1 Punkte oder 3,39 Meter Rückstand auf Oberstdorf-Sieger Ryoyu Kobayashi (Japan) sind freilich in den drei noch ausstehenden Tourneespringen locker aufzuholen. Die Schanze im Ortsteil Partenkirchen liegt Geiger "ziemlich gut", was Platz zwei von 2020 beweist. Außerdem ist ihm die Rolle des "Arbeiters, Aufholers und Jägers" nicht nur nach Meinung von Chefcoach Horngacher perfekt auf den Leib geschneidert.
Doch abgesehen vom Vorjahres-Gesamtsieger Kamil Stoch (Polen), der nach seinem sensationellen Oberstdorf-Aus im ersten Durchgang diesmal schon alle Chancen eingebüßt hat, zeigt sich die Konkurrenz vor allem in Person von Kobayashi und Halvor Egner Granerud (Norwegen) bärenstark. Vor allem hat das Duo vor dem Neujahrsspringen noch weitere Asse im Ärmel.
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Kobayashi springt ohne Druck
Kobayashi hatte in Oberstdorf die mit Abstand geringste Anlaufgeschwindigkeit des Favoritentrios - eigentlich ein wesentlicher Faktor für die Flugweite. Trotzdem segelte er mit der Tagesbestweite von 141 Metern zum Sieg. "Ich werde mit meinen Technikern daran arbeiten, die Geschwindigkeit zu verbessern", kündigte der 25-Jährige an. Und fügte selbstbewusst hinzu, dass er "keinerlei Druck" spüre.
Kein Wunder, schließlich hat er die Tournee 2018/2019 mit dem "Grand Slam" mit Siegen in allen vier Springen gewonnen. Und fühlt sich auf der Schanze in Garmisch-Partenkirchen "pudelwohl".
Die Vierschanzentournee zieht jedes Jahr rund um Neujahr die Zuschauer in ihren Bann. ZDF-Experte Toni Innauer erklärt u.a. wer für ihn die Favoriten auf den Tourneesieg sind.
Granerud verspricht "tolle Sachen"
Noch besser geht es dem Norweger Granerud, der in der Tournee-Gesamtwertung mit 2,8 Punkten (1,56 Meter) Rückstand auf Platz zwei liegt: "Garmisch ist meine Lieblingsschanze bei der Tournee", sagt er. Vor einem Jahr landete er hier auf Platz zwei. Selbstbewusst sagt er:
Zumal Granerud mit Robert Johannson (3.) und Marius Lindvik (4.) noch zwei Teamkollegen in Tournee-Form an seiner Seite hat.
Geiger hofft auf den Teamspirit
Auf den ganz besonderen Teamspirit hofft auch Karl Geiger. Routinier Severin Freund, der nach einem Topsprung in Oberstdorf wegen eines nicht regelkonformen Anzugs disqualifiziert wurde, will seinen Teamkollegen Geiger in Garmisch mit starken Sprüngen Rückendeckung geben. Und auch der selbst noch aussichtsreich auf Platz sieben liegende Markus Eisenbichler hat angekündigt, sich ganz in den Dienst der wackelnden Tourneehoffnung zu stellen: