Heute beginnen die nationalen Meisterschaften der Sportlerinnen und Sportler mit geistiger Behinderung. Die Special Olympics in Berlin sind auch Testlauf für die Weltspiele 2023.
Sport ohne Leistungsdruck, aber mit viel Freude - das erleben geistig gehandicapte Menschen bei den Special Olympics, die es seit 1968 gibt. In Berlin startet eine neue Auflage.
Silvio Wünsche beschreibt sehr eindrücklich, was der Sport ihm bedeutet: "Im Wasser fühle ich mich wohl und frei. Nicht so viele Hindernisse wie an Land. Fast wie Urlaub", sagt der Schwimmer, Goldmedaillengewinner bei den Weltspielen der Special Olympics 2019 in Abu Dhabi, in einem Instagram-Video des rbb.
Seine geistige Behinderung beschreibt Wünsche so: "Die Zeit läuft ein bisschen langsamer." Er lerne nicht so schnell und brauche für manche Dinge länger als andere. Aber:
Das Video ist ein Ausschnitt aus dem Film "Special Olympics - Spiele ohne Grenzen" von Yvonne App und Michael Zimmer, der auf die nationalen Special Olympics in Berlin einstimmen soll. Diese beginnen am Sonntag mit der Eröffnungsfeier im Stadion An der Alten Försterei.
4.000 Athletinnen und Athleten in Berlin
Bis zum 24. Juni werden knapp 4.000 Athletinnen und Athleten mit geistiger und mehrfacher Beeinträchtigung in 20 Sportarten gegeneinander antreten. Und weil es dabei auch um die Qualifikation für die Special Olympics World Games im kommenden Jahr an gleicher Stelle geht, bekommen sie so viel Aufmerksamkeit wie nie zuvor.
2023 werden dann 7.000 Aktive aus 190 Ländern sowie rund 20.000 Volunteers Berlin vom 17. bis 25. Juni zum Austragungsort eines Mega-Sportevents machen.
Special Olympics World Games in Berlin 2023
Die Weltspiele gibt es alle vier Jahre, der Rhythmus ist wie bei Olympischen und Paralympischen Spielen: Zwei Jahre nach den Sommerspielen folgen die Winterspiele, weitere zwei Jahre später sind wieder Sommerspiele dran. Was Wünsche mache, werde oft mit den Paralympics verwechselt, sagt Wünsche, das ärgere ihn:
Kathrin Erhard ist Kommunikations-Managerin bei der nationalen Dachorganisation Special Olympics Deutschland. Sie freut sich über die plötzliche Beachtung, die sich "leider erst jetzt" mit den beiden in Berlin bevorstehenden Events eingestellt habe. "Sonst interessiert sich in Deutschland kaum jemand für den Sport von Menschen mit geistiger Behinderung", sagt sie.
Kennedy-Schwester gründete die Bewegung
Das sei nicht überall auf der Welt so. In den USA etwa, wo die Special-Olympics-Bewegung 1968 von Eunice Kennedy-Shriver, einer Schwester von US-Präsident John F. Kennedy, begründet wurde, seien die Special Olympics "richtig groß". Hintergrund war damals die Behinderung von Kennedy-Shrivers Schwester Rosemary Kennedy. Aber auch in Österreich wüssten sehr viel mehr Menschen etwas mit dem Begriff Special Olympics anzufangen als in Deutschland, sagt Erhard.
"Wir sind zwar geistig beeinträchtigt. Aber wir können was. Und dass soll man nicht unterschätzen", sagt Claudia Göbel in dem rbb-Film. Sie ist auch Schwimmerin. Und die Freundin von Silvio Wünsche. Wie die beiden sich auf der Bus-Fahrt ihres Vereins nach Bayern kennengelernt haben, erzählen sie sehr rührend. "Heiße Torte, baggern wir mal an", habe er gedacht, berichtet Silvio. "Da hat es schon so ein bisschen gekribbelt", sagt sie.
Qualifikation für die Weltspiele
"Wir sind nicht nur ein Sportverband, sondern eine Alltags-Bewegung", erklärt Kommunikations-Managerin Erhard. Es geht auch um Gemeinschaft, Gemeinsamkeit, Teilhabe. Und um einen erleichterten, verständlichen Zugang zu einer Gesundheits-Vorsorge.
Bevor die Athletinnen und Athleten bei den nationalen Special Olympics starten können, müssen sie sich auf Landesebene qualifizieren. Zuletzt gab es dazu wegen Corona aber deutlich weniger Möglichkeiten. Deshalb wurden die Zulassungsbedingungen für die anstehenden Wettbewerbe in Berlin etwas vereinfacht. Dort wird es dann aber richtig ernst. Es geht darum, im nächsten Jahr wiederkommen zu dürfen. Zu den Weltspielen. Wenn das Rampenlicht noch mal heller scheinen wird als jetzt schon.