Kritik an Spielerberatern: "Hat Menschenhandel-Charakter"

    Kritik an Spielerberatern:"Hat Menschenhandel-Charakter"

    von Sebastian Galle
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    Sie vermitteln Stars und lotsen Talente zu Klubs: Spielerberater sind die Strippenzieher im Milliardenmarkt Fußball. Doch ehemalige Bundesliga-Profis üben scharfe Kritik.

    ZDFzoom: die Macht der Spielerberater
    ZDFzoom: Die Macht der Spielerberater - sehen Sie die Doku hier oder in der ZDF-Mediathek.12.10.2022 | 43:30 min
    Ohne Spielerberater geht im Profifußball nichts mehr. Sie handeln Vereinswechsel von Spielern aus - und kassieren bei jedem Transfer mit. Ex-Nationaltorhüter René Adler kennt die Schattenseiten dieses Systems. Der 37-Jährige vertraute während seiner Karriere durchgehend einem Berater, der inzwischen verstorben ist. Mit ihm hat er erlebt, wie Spieler systematisch zur Unselbstständigkeit erzogen werden.

    Adler: "Hätte mehr Möglichkeiten gehabt"

    In der ZDFzoom-Doku "Die Macht der Spielerberater" schildert er seine Erfahrungen: Als sein Vertrag bei Leverkusen auslief, wunderte er sich, dass nur ein einziger Verein Interesse zeigte. "Ich hatte keine Idee, was vielleicht mein Berater für sich aufgerufen hat", sagt Adler über die Provisionen, die flossen.

    Das sind ja alles Sachen, die kriegst du als Spieler nicht mit.

    René Adler

    Rene Adler hält den Ball in den Händen, aufgenommen am 19.08.2017
    Torhüter René Adler - hier bei Mainz 05 (Archiv, 2017)
    Quelle: dpa

    Doch es habe noch andere Angebote gegeben, die ihm verschwiegen worden seien. "Es hat sich im Nachhinein bestätigt, dass ich mehr Möglichkeiten gehabt hätte." Adler glaubt, dass es mehr Fälle wie seinen gibt, bei denen Berater Spieler zu Vereinen lotsen, weil ihr eigenes Stück vom Kuchen dort größer ist.
    Moderator sitzt Nico Heymer auf einer Spielerbank im Fußballstadion und blickt in die Kamera
    Spielerberater: Die Schurken im Transfertheater – oder? 31.08.2022 | 10:32 min

    "Menschenhandel-Charakter" statt seriöser Karriereplanung

    Adler kritisiert, dass es in der Branche neben den Seriösen viele "schwarze Schafe" gebe. Diese, so sein Vorwurf, lassen ihre Spieler auch möglichst oft und schnell den Verein wechseln, weil dabei für sie selbst am meisten rausspringt.
    René Adler hat dazu eine klare Haltung: "Das hat nichts mit seriöser Karriereplanung zu tun. Dann bekommt das natürlich schon so ein Stück weit Menschenhandel-Charakter."

    ZDFzoom
    Quelle: ZDF

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    Dubiose Geschäfte mit Investitionen

    Schlechte Erfahrungen hat auch Maik Franz gemacht, obwohl seine Berater seine Karriere behutsam aufgebaut hätten. Der heute 41-Jährige hat in der Bundesliga für Frankfurt, Wolfsburg, Karlsruhe und Hertha BSC Berlin gespielt. Als junger Spieler vertraute er seinen Beratern auch bei der Frage, wo er sein Geld anlegen sollte. Was er nicht wusste: Sie haben dafür über die Jahre hinter seinem Rücken Provisionen kassiert.
    Maik Franz, ehemaliger Bundesligaspieler
    Maik Franz, ehemaliger Bundesligaspieler
    Quelle: ZDF

    Franz hat mit den Geschäften hohe Verluste gemacht: "Insgesamt beläuft sich das round about auf 1,5 Millionen Euro. Und wo ich einfach sage, die fehlen jetzt in der Kasse." Maik Franz ist inzwischen Vize-Präsident der Spielergewerkschaft VDV. Er wundert sich, dass es für Spielerberater keine Einstiegsvoraussetzungen gibt.

    Der Friseur, Jürgen von der Ecke, die Putzfrau, die gleich sauber macht: Eigentlich kann jeder Berater machen.

    Maik Franz

    Spielerberater Wittmann: "Was ist denn zu viel Geld?"

    Die Branche wehrt sich dagegen, dass sie oft als geldgierig und unseriös dargestellt wird. Allen voran Roger Wittmann. Er ist seit mehr als dreißig Jahren im Geschäft und einer der einflussreichsten Spielerberater. Seine Agentur ROGON vertritt Spieler wie Liverpool-Star Roberto Firmino oder die Nationalspieler Julian Draxler und Thilo Kehrer.
    Er verweist darauf, dass es wie in jeder Branche seriöse und unseriöse Berater gäbe. Kritik, dass Spielerberater viel Geld mit den Transfers verdienen, lässt er nicht gelten. "Wenn wir sagen, der Berater verdient zu viel Geld: Was ist denn zu viel Geld?", entgegnet er. "Das hängt doch an einem Produkt, das sich in Highspeed in einen Milliardenbereich geschossen hat."
    Roger Wittmann, Spielerberater
    Roger Wittmann, Spielerberater
    Quelle: ZDF

    Wittmann hält die Diskussion um Spielerberater für "lächerlich:

    Es ist ein Mythos, der erschaffen wird. Man braucht ein Feindbild.

    Roger Wittmann

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