Rad-WM in Australien: Deutsche als Underdogs in Down Under

    Straßenrad-WM in Australien:Deutsche als Underdogs in Down Under

    Peter Leissl
    von Peter Leissl
    20.09.2022 | 10:48
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    Bei der Rad-WM im australischen Wollongong sind die Deutschen nur Außenseiter. In den Straßenrennen ist am ehesten mit Georg Zimmermann und Liane Lippert zu rechnen.

    Radsportler Georg Zimmermann auf der 20. Etappe der Tour de France.
    Der deutsche Kapitän im Straßenrennen: Georg Zimmermann, hier beim Einzelzeitfahren bei der Tour de France 2022.
    Quelle: dpa

    Erst zum zweiten Mal in ihrer beinahe hundertjährigen Geschichte finden die Straßenrad-Weltmeisterschaften in Australien statt. In Wollongong geht es über einen Rundkurs, der primär durch die Stadt führt - kurvenreich, unrhythmisch.

    Hügel dürfte Vorentscheidung bringen

    Die Anfahrt vom Start erfolgt entlang der wildromantischen Küste. Nach einer großen Runde über den Mount Keira (Kulminationspunkt in 469 Metern Höhe) geht's auf den 17 Kilometer langen Stadtkurs.
    Dort dürfte der relativ kurze und phasenweise 14 Prozent steile Mount Pleasant (119 Meter) bei sechs (Frauen) beziehungsweise zwölf (Männer) Überquerungen zum rennentscheidenden Punkt werden, obwohl sich das Ziel erst acht Kilometer später an der Küste befindet.

    Kurs wohl zu schwer für Ackermann

    Das deutsche Männer-Team hat im Straßenrennen am Sonntag (ab 6.45 Uhr MESZ Uhr im ZDF-Livestream) keinen Favoriten in seinen Reihen. Der Kurs hätte Maximilian Schachmann gelegen, aber er hat genauso wie Lennard Kämna zu viel Substanz auf der Tour de France gelassen und die Saison schon beendet.
    Einem Sprinter wie Pascal Ackermann, der gerade mit vielen Rennkilometern aus der Vuelta kommt, traut man die Kapitänsrolle nicht zu. Somit fiel die Wahl fast zwangsläufig auf Georg Zimmermann, der eine starke Saison fuhr, unter anderem als Vierter der Deutschland-Tour.

    • 1996 Lugano: Johan Museeuw (Belgien)
    • 1997 San Sebastián: Laurent Brochard (Frankreich)
    • 1998 Valkenburg: Oscar Camenzind (Schweiz)
    • 1999 Verona: Oscar Freire (Spanien)
    • 2000 Plouay: Romāns Vainšteins (Lettland)
    • 2001 Lissabon: Oscar Freire (Spanien)
    • 2002 Zolder: Mario Cipollini (Italien)
    • 2003 Hamilton: Igor Astarloa (Spanien)
    • 2004 Verona: Oscar Freire (Spanien)
    • 2005 Madrid: Tom Boonen
    • 2006 Salzburg: Paolo Bettini (Italien)
    • 2007 Stuttgart: Paolo Bettini (Italien)
    • 2008 Varese: Alessandro Ballan (Italien)
    • 2009 Mendrisio: Cadel Evans (Australien)
    • 2010 Geelong : Thor Hushovd (Norwegen)
    • 2011 Kopenhagen: Mark Cavendish (Großbritannien)
    • 2012 Valkenburg: Philippe Gilbert (Belgien)
    • 2013 Toskana : Rui Costa (Portugal)
    • 2014 Ponferrada: Michał Kwiatkowski (Polen)
    • 2015 Richmond: Peter Sagan (Slowakei)
    • 2016 Doha: Peter Sagan (Slowakei)
    • 2017 Bergen: Peter Sagan (Slowakei)
    • 2018 Innsbruck: Alejandro Valverde (Spanien)
    • 2019 Yorkshire: Mads Petersen (Dänemark)
    • 2020 Imola: Julian Alaphilippe (Frankreich)
    • 2021 Flandern: Julian Alaphilippe (Frankreich)

    Bis 1995 gab es für Profis und Amateure getrennte Weltmeisterschaft. Seit 1996 wird nur noch die Elite-WM ausgetragen

    Die deutsche Mannschaft darf aufgrund ihrer Position in der Weltrangliste nur mit sechs statt maximal acht Fahrern an den Start gehen - ein Handicap gegenüber Nationen wie Belgien oder Italien. Und Zimmermann hat schon 69 Renntage in den Beinen, da ist ein weiterer Formgipfel schwierig zu erklimmen. Insofern sind die Erwartungen bei den Männern bescheiden.

    Deutsche Frauen bauen auf Liane Lippert

    Etwas mehr ausrechnen darf sich Liane Lippert bei den Frauen (Straßenrennen am Samstag ab 7 Uhr MESZ im ZDF-Livestream) - sie kommt auf vielen kürzeren Anstiegen gut zurecht und kann auch Rhythmuswechsel gut wegstecken. Reihenweise Top-Ten-Plazierungen zuletzt auf der Vuelta der Frauen lassen hoffen. Das Team wird bedingungslos für die WM-Fünfte von 2020 fahren.

    • 1996 Lugano: Barbara Heeb (Schweiz)
    • 1997 San Sebastián: Alessandra Cappellotto (Italien)
    • 1998 Valkenburg: Diana Žiliūtė (Litauen)
    • 1999 Verona: Edita Pučinskaitė (Litauen)
    • 2000 Plouay: Sinaida Stahurskaja (Belarus)
    • 2001 Lissabon: Rasa Polikevičiūtė (Litauen)
    • 2002 Zolder: Susanne Ljungskog (Schweden)
    • 2003 Hamilton: Susanne Ljungskog (Schweden)
    • 2004 Verona: Judith Arndt (Deutschland)
    • 2005 Madrid: Regina Schleicher (Deutschland)
    • 2006 Salzburg: Marianne Vos (Niederlande)
    • 2007 Stuttgart: Marta Bastianelli (Italien)
    • 2008 Varese: Nicole Cooke (Großbritannien)
    • 2009 Mendrisio: Tatiana Guderzo (Italien)
    • 2010 Geelong: Giorgia Bronzini (Italien)
    • 2011 Kopenhagen: Giorgia Bronzini (Italien)
    • 2012 Valkenburg: Marianne Vos (Niederlande)
    • 2013 Toskana: Marianne Vos (Niederlande)
    • 2014 Ponferrada: Pauline Ferrand-Prévot (Frankreich)
    • 2015 Richmond: Elizabeth Armitstead Großbritannien)
    • 2016 Doha: Amalie Dideriksen (Dänemark)
    • 2017 Bergen: Chantal Blaak (Niederlande)
    • 2018 Innsbruck: Anna van der Breggen (Niederlande)
    • 2019 Yorkshire: Annemiek van Vleuten (Niederlande)
    • 2020 Imola: Anna van der Breggen (Niederlande)
    • 2021 Flandern: Elisa Balsamo (Italien)

    Seit 1996 wird für Frauen und Männer die Elite-WM ausgetragen

    Am größten sind die Medaillenchancen wohl im Mixed-Teamzeitfahren (Mittwoch ab 6.20 Uhr MESZ im ZDF-Livestream). Deutschland ist dort Titelverteidiger durch den überraschenden Sieg bei der WM 2021 in Flandern mit der Führungsfigur Tony Martin. Doch der hat seine Karriere beendet ebenso wie Lisa Brennauer bei den Frauen.

    Nur zwei aus dem 21'er-Team noch dabei

    Max Walscheid und Lisa Klein werden ebenfalls fehlen, so dass einzig Nikias Arndt und Mieke Kröger im aus drei Männern und drei Frauen bestehenden Team von 2021 verbleiben.
    Kröger wurde im WM-Einzelzeitfahren am Sonntag Zwölfte, Arndt Sechzehnter. Im Team werden die Niederlande wohl kaum zu bezwingen sein, aber in die Nähe einer Medaille zu kommen, ist für das deutsche Team möglich.
    Radsportlerin Liane Lippert jubelt über ihren Sieg bei der DM in Winterberg.
    Deutsche Meisterin 2022: WM-Kapitänin Liane Lippert.
    Quelle: dpa

    Belgien hat die Qual der Wahl

    Bei den Männern werden die Belgier Mühe haben, sich für einen Goldkandidaten zu entscheiden: Remco Evenepoel, der 22 Jahre alte Sieger der Spanien-Rundfahrt, oder Wout van Aert mit seiner unglaublichen Vielseitigkeit. Wenn sie sich uneins sind, könnte sich der zweifache Tour-de-France-Sieger Tadej Pogacar ins Fäustchen lachen.
    Beim Sprint einer größeren Gruppe könnte auch der Australier Michael Matthews ganz vorn landen, zwölf Jahre nach seinem U23-Titel 2010.

    Van Vleuten große Favoritin

    In der Frauen-Konkurrenz fällt es schwer, sich eine andere Siegerin vorzustellen als eine im Oranje-Trikot. Zu überlegen war vor allem Annemiek van Vleuten. Mit 39 Jahren die Konkurrenz auf allen drei großen Landesrundfahrten abzuhängen ist einmalig. Sie dürfte ihr Heil wieder in einem langen Solo suchen.

    Mittwoch, 21. September, ab 6.20 Uhr MESZ: Mixed-Teamzeitfahren
    Samstag, 24. September, ab 7 Uhr MESZ: Straßenrennen der Frauen
    Sonntag, 25. September, ab 6.45 Uhr MESZ: Straßenrennen der Männer

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