Die Australian Open werden von den Profis geliebt. Doch mit der Affäre um Novak Djokovic kippt nun die Stimmung und bringt den mächtigen Turnierdirektor Craig Tiley ins Wanken.
Es war Roger Federer, der mal damit angefangen hatte, die Australian Open den "Happy Slam" zu nennen. "Es ist ein bisschen so, wie der erste Schultag nach den Ferien“, erklärte der Schweizer über das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres seinerzeit, "man freut sich, alle wiederzusehen und alle kommen gut gelaunt aus dem Urlaub."
Happy eben. Und es wird in jedem Januar auch von jeher alles Erdenkliche dafür getan, dass die besten Tennis-Profis der Welt hier besonders glücklich sind.
Tiley ist enger Freund von Djokovic
Turnierdirektor Craig Tiley erfüllt den anspruchsvollen Stars jeden Wunsch. Und das hat dem 60-jährigen Südafrikaner nicht nur enge Freundschaften im Tennis eingebracht, sondern auch zu einem der mächtigsten und einflussreichsten Männer der Szene gemacht.
Auch Djokovic zählt zu Tileys persönlichen Freunden, ist mit ihm regelmäßig im Austausch. Doch dass er den Weltranglistenersten und neunmaligen Melbourne-Champion nun auf Biegen und Brechen an den Start bringen wollte, erwies sich als fatale Fehleinschätzung.
Novak Djokovic gegen Australien – es ist ein Spiel, in dem es keine Gewinner gibt. Aufgebrachte Fans, serbischer Nationalstolz – und ein australische Premierminister, der seinen Landsleuten klarmachen will, dass harte Regeln für alle gelten.
Ansehen bekommt erste Schrammen
Dass der ungeimpfte Djokovic durch eine Hintertür nach Australien eingeschleust werden sollte, stößt nicht nur den Einheimischen sauer auf. Weltweit schlug auch Tiley ein wütendes Echo entgegen.
- Chronologie der Causa Djokovic
Was dem derzeit besten Tennisspieler der Welt beim Einreiseversuch in Australien widerfahren ist, wankt zwischen dem Plot eines Polit-Thrillers und einer Farce. Ein Überblick.
Bereits 2018 hatte es laute Kritik gegeben, als Tiley ausgerechnet Maria Scharapowa direkt nach ihrer abgesessenen Doping-Sperre als Stargast der Auslosung hofierte, als sei nichts gewesen.
Auch im Vorjahr, als die Australian Open trotz der Corona-Pandemie stattfanden, waren 72 Tennis-Profis ziemlich sauer auf den sonst so beliebten Tiley - denn anders als versprochen mussten sie nach der Einreise doch 14 Tage in knallharter Quarantäne schmoren.
Tiley mitschuldig, dass Djokovic vorgeführt wurde
Dass es Tiley nicht gelungen war, mit der australischen Regierung und den zuständigen Behörden die geltenen Regeln zur Einreise zu eruieren und korrekt weiter zu kommunizieren, hat seine Position und sein Ansehen massiv geschwächt.
Der Krimi um die Australien-Einreise von Novak Djokovic beschäftigt nicht nur die Tennis-Welt. Dabei sorgt der Serbe nicht zum ersten Mal für nicht-sportliche Schlagzeilen.
Tileys Unfähigkeit und seine Selbstüberschätzung in dieser Sache sind mit schuld daran, dass Djokovic mit dem annullierten Visum und der Unterbringung im Abschiebe-Hotel vor aller Welt vorgeführt wurde.
Stimmung unter den Profis kippt
Auch die Stimmung unter den Profis ist inzwischen gekippt. "Er hat nicht das Recht, hier zu sein", kritisiert der ungarische Weltranglisten-38. Marton Fucsovics. Es sei lange genug klar gewesen, dass man geimpft sein müsse, um mitzuspielen.
Es sei für die Spieler schwer, das zu akzeptieren, so Joao Sousa, Weltranglisten-140. aus Portugal.
Australian Open sonst ein Zuschauermagnet
Den Tennis-Fans in Down Under geht es ähnlich. Eigentlich lieben sie ihre Australian Open und es strömen immer größere Massen in den Melbourne Park. Vor der Pandemie 2020 waren es an 14 Turniertagen 812.174 Zuschauer, der nächste Rekord.
Auf der Anlage, die so groß wie 35 Fußball-Felder ist, wird längst mehr als Tennis geboten. Das Turnier lockt Fans aus der ganzen Welt an, die dort ein Mega-Event mit Showprogramm und Entertainment erleben können.
Wer kommt, um Djokovic zu sehen?
Doch Vielen in Melbourne hat Djokovic die Lust auf die Tennis-Party vermiest. Andere wiederum wollen hingehen, aber sich kein Match des Serben ansehen. Die Zuschauerzahlen werden zeigen, inwieweit Tileys Kampf um Djokovic auch finanziell ein Eigentor war.
Die Vorwürfe im Einreisestreit um Novak Djokovic reißen nicht ab. Jetzt hat der Tennisprofi eine Erklärung abgegeben. Sven Görn berichtet aus Australien.
Der Imageschaden ist bereits da. Dennoch betont Tiley: "Ich hoffe, dass Novak spielt." Die Auslosung findet Donnerstagmorgen deutscher Zeit statt. Auch diese bedeutet nicht, dass Djokovic wirklich mitspielen darf.
Das Turnier wird zumindest nirgendwo mit dem Serben beworben. Soviel Gespür für die Stimmung im Land hatte Tiley wohl doch. Oder so viele Zweifel, dass seine Einreise-Aktion erfolgreich sein würde.