Davis Cup: Neues Format, alte Probleme

    Tennis in Hamburg:Davis Cup: Neues Format, alte Probleme

    von Petra Philippsen
    13.09.2022 | 08:54
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    Früher war mehr Drama im Davis Cup. Mit der Reform soll der Team-Wettbewerb nun wiederbelebt werden. Doch die Stars ziehen nicht genug mit und spielen lieber bei der Konkurrenz.

    Tennisanlage Rothenbaum vor dem Davis Cup
    Am Hamburger Rothenbaum hat die deutsche Mannschaft ab Mittwoch Heimvorteil, wenn es um die Vergabe von zwei Plätzen im Davis-Cup-Viertelfinale geht.
    Quelle: Axel Heimken/dpa

    Der Davis Cup war immer für legendäre Tennis-Dramen gut. Etwa, als Boris Becker 1987 in der "Schlacht von Hartford" den pöbelnden John McEnroe nach sechs schier endlosen Stunden niederkämpfte. Oder als zwölf Millionen TV-Zuschauer 1985 miterlebten, wie Michael Westphal gegen Tomas Smid fünfeinhalb Stunden lang das Match seines Lebens spielte, während sich der Teppichbelag auflöste.
    Und wer heute an Davis Cup denkt, hat genau diese großen Schlachten vor Augen.
    Dramatisches Davis-Cup-Viertelfinale 1987 zwischen Deutschland und USA06.05.2020 | 143:05 min

    Glanz des Davis Cups verblasst

    Sie nähren bis heute den romantischen Mythos dieses prestigeträchtigen Mannschafts-Wettbewerbs. Doch die Zeiten sind längst andere geworden, der Glanz des Davis Cups verblasste im vergangenen Jahrzehnt deutlich. Oft waren die Tribünen halb leer, die Gegner nicht attraktiv genug. Viele Stars der Szene blieben weg.
    Denn das Format mit den vier Runden über das ganze Jahr verteilt, ließ sich immer schlechter in den überfüllten Turnierkalender integrieren.

    Laver Cup macht Davis Cup Konkurrenz

    Der internationale Tennis-Verband ITF reformierte den Davis Cup 2019, formte ihn zu einem Event mit Turnier-Charakter. Alle 16 Mannschaften an einem Ort in Gruppen-Duellen, aber keine echten Heimspiele mehr.
    Stars wie Alexander Zverev gefiel das nicht, er verzichtete. Und spielte lieber den von Roger Federer mit initiierten Laver Cup, eine Art Showkampf in Anlehnung an den Ryder Cup im Golf. Zwei Teams, Europa gegen den Rest der Welt. Viele Stars, viel Spaß und jede Menge Geld zu verdienen.

    Davis Cup, wozu?

    Zverev und Co. machten Druck.

    Ich dachte, wenn wir Topspieler ein bisschen gegen das neue Format angehen, werden die Organisatoren verstehen, dass das alte Format besser war und vielleicht dorthin zurückkehren.

    Aleander Zverev

    Doch dieser Druck wirkte nur bedingt, das neue Davis-Cup-Format blieb.
    Allerdings gibt es nun vier Austragungsorte mit je vier Nationen. Für Kritiker wie Zverev gehen die Änderungen in die richtige Richtung. "Der Davis Cup ist zumindest wieder ein weltweites Turnier, das nicht nur in einem Land ausgetragen wird", sagt Zverev.

    Zverev sagt ab - Stars wie Nadal fehlen

    Der Olympiasieger wollte dem Davis Cup in dieser Woche eine zweite Chance geben, wohl auch, weil Deutschland in seiner Heimatstadt Hamburg spielt. Doch aus dem Comeback wird nichts, der operierte Fuß schmerzt wieder. So kann Zverev bei den Duellen mit Frankreich (14. September), Belgien (16. September) und Australien (18. September) nur anfeuern.

    Verletzung im Aufbautraining
    :Zverev muss für Davis Cup absagen

    Alexander Zverev hat für die Zwischenrunde des Davis Cups abgesagt. Der Hamburger hat sich beim Aufbautraining nach seiner langen Verletzungspause ein Knochenödem zugezogen.
    Alexander Zverev
    Und Teamchef Michael Kohlmann steht vor einem ähnlichen Dilemma wie etliche seiner Kollegen: Viele Zugpferde lahmen oder verweigern sich ganz.
    So sind die größten Stars wie Novak Djokovic und Rafael Nadal wieder nicht dabei. Dass Australien ohne Topstar Nick Kyrgios anreist und Frankreich ohne Gael Monfils, ist zwar gut fürs deutsche Team, aber schlecht für den Davis Cup.

    Deutschland braucht jetzt den Heimvorteil

    Die großen Attraktionen fehlen und sechsstündige Tennis-Schlachten sind passé. Gespielt werden nur noch zwei statt vier Einzel und ein Doppel, mit bloß zwei Gewinnsätzen. "Es geht sofort um alles", sagt Kohlmann. Das Format ist so schnelllebig geworden wie der Sport selbst.
    Ohne Zverev ist das deutsche Team auf das angewiesen, was der neue Davis Cup eigentlich nicht mehr bietet: den Heimvorteil. Auf jene legendäre Davis-Cup-Atmosphäre, diese besonders ekstatisch-elektrisierende Stimmung, mit der die heimischen Fans ihre Spieler zum Sieg tragen können.
    Hamburg wird ein Fingerzeig sein, ob das neue Konzept noch eine Zukunft im Tennis-Zirkus hat. Fest steht nur: Eine Woche nach dem Davis Cup steigt der Laver Cup in London - die meisten Tennis-Stars haben schon zugesagt.

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    von Petra Philippsen
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