Wohlüberlegtes Statement: Djokovic, der politische Spielball

    Kontroverses Kosovo-Statement:Novak Djokovic, der politische Spielball

    von Petra Philippsen
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    Novak Djokovic hat mit seinem politischen Statement zum Kosovo-Konflikt provoziert, nicht zum ersten Mal. Doch Sanktionen hat der Weltranglistenerste nicht zu befürchten.

    Novak Djokovic
    Sorgt mit seinen Provokationen immer wieder für Aufsehen: Novak Djokovic (Archivbild).
    Quelle: epa

    Als sich der Sturm der Entrüstung in den sozialen Medien längst zu einem heftigen Orkan ausgewachsen hatte, verschickte die Turnierleitung der French Open eine Stellungnahme. Aber worauf sich diese bezog, erschloss sich auf den ersten Blick nicht.
    Dass es sich um eine Reaktion auf das kontroverse Statement "Kosovo ist das Herz Serbiens - stoppt die Gewalt!" von Novak Djokovic handeln sollte, das der Weltranglistenerste am Tag zuvor auf eine Kameralinse geschrieben hatte, ließ sich nur erraten.

    Französischer Tennis-Verband knickt ein - ohne Namen zu nennen

    Denn Djokovics Name tauchte in der Mitteilung nicht auf. Nur ein paar allgemeine Sätze, dass "die Regeln bei allen vier Grand-Slam-Turnieren gleich" seien. Und dass "Diskussionen über internationale Nachrichtenevents" bei Turnieren eben vorkämen. Dabei verbietet die Charta der French Open Spielern politische und religiöse Stellungnahmen. 
    Zuvor hatte der fränzösiche Verband (FFT) verlauten lassen, dass "es keine offizielle Grand-Slam-Regel gibt, die Spielern vorschreibt, was sie sagen dürfen". Und dass man weiter dazu nicht Stellung beziehen werde.

    Keine harten Sanktionen im Tennis-Sport

    Und das hatte die FFT auch nicht getan: Stellung bezogen. Bei keinem Grand-Slam-, keinem ATP- oder WTA-Turnier passiert das mehr, die internationale Tennis-Führung mag nicht hart durchgreifen.
    Die Russin Anastasia Potapova hatte in Indian Wells ein Shirt des Fußballklubs Spartak Moskau getragen. Die Folge: eine dünne Verwarnung der WTA. Alexander Zverev zertrümmerte in Acapulco einen Schiedsrichterstuhl. Die Folge: eine Geldstrafe über 40.000 Euro, die Zverev nicht juckt.
    Djokovic wusste daher genau, dass ihm in Paris keine echten Sanktionen für seine politische Botschaft drohen würden. Niemand würde ihn disqualifizieren.

    Forderung nach Konsequenzen bleiben ungehört

    Dass sich inzwischen auch die französische Sportministerin empört einschaltete, wird ohne Auswirkungen bleiben. Wie auch die Forderung von Kosovos Tennisverband nach Konsequenzen. Denn die FFT wird während der French Open kein Rückgrat mehr entwickeln. Das weiß Djokovic.

    Ich weiß nicht, ob ich bestraft werde - ich halte mich nicht zurück. Ich würde es wieder tun.

    Novak Djokovic

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    Djokovic provoziert gerne und nicht selten

    Und Djokovic hat es schon früher getan. Als der Kosovo 2008 seine Unabhängigkeit erklärte und in Belgrad Proteste ausbrachen, richtete sich der inzwischen 36-Jährige in einem Video an die Demonstranten. "Wir sind bereit zu verteidigen, was rechtmäßig uns gehört. Der Kosovo ist Serbien."
    Anfang 2022 fühlten sich die Kosovaren erneut provoziert, als das serbische Tennis-Team um Djokovic nach dem Gewinn des ATP-Cups das Volkslied "Vidovdan" anstimmte, in dem es heißt: "Niemand kann den Kosovo meiner Seele entreißen."
    Das Lied stammt von 1989 und bezieht sich auf die Schlacht auf dem Amselfeld im Jahr 1389, nicht auf den Kosovokrieg von 1998. Doch das Lied wurde von Djokovic bewusst eingesetzt.

    Spielball der serbischen Politik

    Serbiens führende Politiker benutzen Djokovic seit Jahren als Spielball, um die Eigenständigkeit des Kosovo zu beenden. Und er lässt sich willentlich benutzen. Die Marke Djokovic ist das Ass der Politik, der 22-malige Rekord-Grand-Slam-Sieger ist in Serbien ein Volksheld.
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    In Paris wiegelte er jedoch ab: "Ich bin kein Politiker und habe nicht die Absicht, mich in politische Debatten einzumischen. Dieses Thema ist sehr heikel. Als Serbe tut es mir sehr weh, was im Kosovo passiert."

    Djokovic unter dem Einfluss seines Vaters

    Aber er mischt sich damit ein. Und die Reaktionen auf sein Statement sind sehr unterschiedlich. Viele in seiner Heimat feiern ihn, andere verfluchen ihn. Nach Lokalwahlen im April war es im Kosovo zu Auschreitungen mit Verletzten gekommen. Djokovic ist hochintelligent und weiß, was er tut. Und er hat Lust an der Provokation.
    Bei diesem Thema wird jedoch der Einfluss seines Vaters Srdjan deutlich, der aus dem Kosovo stammt. Nicht erst seit dem Corona-Impfskandal in Australien Anfang 2022, als sein Sohn ausgewiesen wurde, fiel Srdjan Djokovic durch verstörende Äußerungen auf. Damals verglich er das Martyrium seines Sohnes mit jenem von Jesus Christus. Es dürfte nicht letzte Eklat der Djokovic-Familie gewesen sein.
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