Wimbledon schließt russische und belarussische Tennisprofis am Grand-Slam-Turnier aus. Kritik daran kommt von den Spielervereinigungen und dem Weltranglistenersten.
Wimbledon-Ausschluss für Daniil Medwedew und Co.: Tennisprofis aus Russland und Belarus dürfen in diesem Jahr beim wichtigsten aller vier Grand-Slam-Turniere nicht aufschlagen. Der Grund für diesen radikalen Schritt, der unter anderem den Weltranglistenzweiten Medwedew betrifft, ist der russische Angriffskrieg in der Ukraine. Dies teilten die Organisatoren am Mittwoch mit.
Kreml: Bann ist "inakzeptabel"
Wimbledon-Boss Ian Hewitt weiter: "Es ist traurig, dass sie unter den Taten der Anführer des russischen Regimes leiden müssen." Das zweiwöchige Turnier beginnt am 27. Juni.
Bereits zuvor hatte die Tageszeitung "The Times" von den Plänen berichtet - und das russische Echo folgte prompt. Noch vor der offiziellen Bekanntgabe der Maßnahmen bezeichnete der Kreml den Bann gegen Aktive aus Russland als "inakzeptabel".
- Djokovic bereit auf Turniere zu verzichten
Er sei nie gegen Impfungen gewesen, sagt der Tennisprofi Novak Djokovic. Anstatt sich gegen Corona impfen zu lassen, würde er allerdings vorerst lieber auf Turniere verzichten.
Viele Top-Spieler nicht dabei
Der Weltranglistenerste Novak Djokovic kritisierte den Ausschluss heftig. "Ich werde immer gegen Krieg sein, ich selbst bin ein Kind des Krieges", sagte der Serbe: "Aber ich bin gegen die Entscheidung der Organisatoren von Wimbledon:
Die Spielerinnen und Spieler hätten "nichts mit dem Krieg zu tun", so Djokovic: "Wenn sich Politik mit Sport vermischt, gibt es kein gutes Ergebnis."
Scharfe Kritik kam unterdessen auch vom russischen Weltranglisten-Achten, Andrej Rublew. "Die Gründe, die sie uns genannt haben, machten keinen Sinn, sie waren nicht logisch", sagte Rublew am Rande des ATP-Turniers in Belgrad: "Was jetzt passiert, ist eine komplette Diskriminierung gegen uns."
Die deutsche Tennisspielerin Laura Siegemund steht der Entscheidung von Wimbledon zwiespältig gegenüber. Sie sehe es einerseits auch so, dass man Zeichen setzen müsse, sagte Siegemund: "Aber ob die in so einem pauschalen Ausschluss von den Spielern sind, bin ich sehr zwiegespalten, muss ich gestehen."
Scharfe Kritik von ATP und WTA an Ausschluss
Scharfe Kritik am Ausschluss gab es von den beiden Spielervereinigungen ATP und WTA. Die Entscheidung sei "unfair" und habe "das Potenzial, einen schädlichen Präzedenzfall zu schaffen", teilte die für Männerturniere zuständige ATP mit. Die Frauen-Vereinigung WTA zeigte sich wenig später ebenfalls "sehr enttäuscht" von der scharfen Sanktion.
Statement der ATP und WTA zum Ausschluss
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Es gibt auch Verständnis
Die russische Tennisspielerin Darja Kassatkina hat am Donnerstag nach ihrem Achtelfinal-Aus beim Sandplatz-Turnier in Stuttgart mit Verständnis auf den Ausschluss reagiert.
Sie sei nicht sicher, "wie die Entscheidung die Situation im Allgemeinen verändern" werde, sagte die Nummer 26 der Welt. Aber Menschenleben hätten "ganz sicher" Priorität. Natürlich seien die Spieler enttäuscht, nicht an dem prestigeträchtigen Turnier teilnehmen zu können.
Ausschluss-Befürworter in der Ukraine
Rückhalt fand die englische Entscheidung hingegen in der Ukraine. In einem gemeinsamen Statement riefen die Topspielerinnen Elina Switolina und Marta Kostjuk sowie Ex-Profi Sergej Stachowski, der zwecks Heimatverteidigung selbst zur Waffe gegriffen hat, zur Nachahmung auf.
"Wir haben zur Kenntnis genommen, dass manche dieser Sportlern diesen Krieg vage thematisiert haben, sich aber niemals klar geäußert haben, dass Russland und Belarus diesen auf dem Gebiet der Ukraine begonnen habe. Schweigen aber bedeutet Unterstützung für das, was passiert. Und das führt dazu, dass sich das Morden in unserer Heimat fortsetzt", so das Statement weiter.
Wimbledon soll nicht zur Bühne für Russland werden
Nach Informationen der "Times" hielten die Wimbledon-Organisatoren nach wochenlangen Gesprächen mit der britischen Regierung einen Ausschluss von Profis aus den allgemein als Aggressoren geltenden Ländern für die praktikabelste Lösung. Vertreter von Downing Street hatten den Ansatz verfolgt, dass Profis aus Russland und Belarus schriftliche Stellungnahmen abgeben sollen, die Kriegshandlungen ihrer Heimatländer und Russlands Staatspräsident Wladimir Putin nicht zu unterstützen.
Letztlich sei man zu dem Entschluss gekommen, dass man den Einfluss Russlands so stark wie möglich eingrenzen müsse. Es wäre "inakzeptabel", die Bühne Wimbledon für mögliche russische Propaganda zur Verfügung zu stellen.
Zuvor hatte die Szene die Teilnahme von russischen und belarussischen Profis an den noch drei ausstehenden Grand-Slam-Turnieren des Jahres nach dem Muster der regulären ATP- und WTA-Turniere erwartet. Bei diesen Events schlagen Aktive aus Russland und Belarus als neutrale Teilnehmer auf. Der Weltverband ITF hatte die Teams aus Russland und Belarus aus seinen Mannschaftswettbewerben Davis Cup und Billie Jean King Cup ausgeschlossen.
- Zverev führt deutsches Team in Gruppenphase
Alexander Zverev holt im Davis Cup gegen den Brasilianer Thiago Monteiro den entscheidenden Punkt für den Einzug des deutschen Tennis-Teams in die Gruppenphase.
Womöglich folgen weitere Turniere Wimbledons Beispiel
Weiter berichtete die "Times", dass die Wimbledon-Organisatoren ihre Entscheidung auch mit der Fürsorge für die betroffenen Profis begründen. So könnten die Familien von Aktiven, die sich von den Kriegsgründen- und zielen distanzieren, Repressalien der Regime in Moskau und Minsk ausgesetzt sein, befürchteten die Verantwortlichen an der Londoner Church Road.
Die angestrebte Ausschlussregelung könnte sich demnach womöglich auf alle englischen Rasenturniere der ATP- und WTA-Tour zur Vorbereitung auf Wimbledon erstrecken. Bei den French Open im Mai in Paris ist für Profis aus Russland und Belarus strikte Neutralität Voraussetzung für eine Teilnahme am zweiten Grand-Slam-Turnier der Saison.
Teilnahme-Entscheidung noch revidierbar
Eine Hintertür hielten sich die Organisatoren von Wimbledon noch offen - sollten sich die Zustände in der Ukraine "wesentlich" ändern, werde man dies berücksichtigen und womöglich reagieren.