Vor zwei Monaten spielte Sergej Stachowski noch bei den Australian Open. Als der Krieg in seiner Heimat ausbrach, entschied sich der ukrainische Tennisprofi zu kämpfen.
Sergej Stachowski richtet die Waffe über seinen Schultern. Der ukrainische Tennisspieler hat sich dem Kampf gegen die russische Offensive von Wladimir Putin angeschlossen.
Noch vor zwei Monaten spielte er bei den Australian Open sein letztes Match als Profi. Danach beendete er seine 18-jährige Karriere. Jetzt im Ruhestand trägt Stachowski eine Schutzweste unter seiner Militärkleidung und verteidigt seine Heimat gegen Angriffe Russlands. Der Sportler hat sich wie Tausende andere seiner Landsleute in die Reservistenliste der Armee eintragen lassen.
Stachowski hilft bei Straßen-Patrouille in Kiew
Als das ZDF den Sportler per Videogespräch erreicht, kommt er gerade von einer Straßen-Patrouille. "Ich weiß, dass ich sterben kann und bin bereit, alles zu tun, was nötig ist", sagt Stachowski mit fester Stimme. Der 36-Jährige hat zwar keine militärische Erfahrung, doch das hindere ihn nicht daran zu kämpfen, erklärt er aus einer Unterkunft im Zentrum von Kiew.
Auf Platz 31 in der Weltrangliste duellierte er sich einst mit Größen wie Roger Federer, den er bei Wimbledon 2013 besiegen konnte. Heute hilft er der Bevölkerung, sich sicher durch die Hauptstadt zu bewegen.
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Im Urlaub in Dubai von Kriegsbeginn erfahren
Stachowski war gerade im Familienurlaub in Dubai, als ihn die Nachrichten über die russische Invasion auf seine Heimat erreichten. "Ich war drei Tage lang zu nichts zu gebrauchen", erinnert sich Stachowski.
Dann entschied er sich, selbst sein Heimatland zu verteidigen. Seine Frau und seine drei kleinen Kinder brachte er vorher in seine Wahlheimat nach Ungarn.
"Ich bereue es, aber ich hätte mich auch schuldig gefühlt, wenn ich nicht für die Ukraine gekämpft hätte."
Seine Kinder wissen nichts vom Kriegseinsatz
Kurz darauf hält er inne und sein Blick wird starr. Durch das Mikrofon schallt eine Sirene. "Bis zu achtmal am Tag heult der Fliegeralarm", erklärt er mit ruhiger Stimme. Seine Augen wirken müde, immer wieder fasst er sich durch seine Haare. "Irgendwann werden die Bomben der Russen uns treffen."
Seinen Entschluss, in den Krieg zu ziehen, hat er seinen Kindern verheimlicht: "Ich hoffe, sie wissen nicht, wo ich bin - und das sollte auch so bleiben", so Stachowski. Als während des Gesprächs plötzlich seine Frau anruft, entwischt ihm ein kurzes Lächeln. Täglich hält er sie über seinen Zustand informiert.
Sportler fallen im Krieg gegen Russland
Stachowski ist nicht der einzige ukrainische Sportler, der sich bereit erklärt hat, aktiv zu werden. Statt um Weltcup-Punkte in Kontiolahti kämpft auch der ehemalige Biathlon-Weltmeister Dmytro Pidrutschnyj in seiner Heimat und auch Schwergewichtsweltmeister Oleksandr Usyk wechselte den Boxring gegen die Front.
- Biathlon-Weltcup im Schatten des Krieges
Statt um Weltcup-Punkte in Kontiolahti kämpfen ukrainische Biathleten in ihrer Heimat gegen die russische Invasion. Dmytro Pidrutschnyj gibt dem Wahnsinn des Krieges ein Gesicht.
Zivile Kämpfer wie sie haben nur "einen Grundkurs zum Schießen" erhalten, sagt Stachowski. Er selbst habe private Waffenerfahrung.
Bereits jetzt gibt es Sportler unter den Todesopfern des Kriegs. Die internationale Spielervereinigung Fifpro musste den Tod von zwei ukrainischen Fußballern bekannt geben. Zudem ist ein ukrainischer Nachwuchsbiathlet im Krieg gefallen.
Stachowski mit Djokovic im Austausch
Um möglichst viel Aufmerksamkeit auf die Lage in der Ukraine zu richten, wendete sich Stachowski an seine Tenniskollegen. Eine unterstützende Botschaft von der ehemaligen Nummer eins Novak Djokovic habe er bereits erhalten.
"Ich bekomme täglich Hunderte Nachrichten, es ist unglaublich", sagt er hoffnungsvoll. Von Federer und Rafael Nadal habe er bisher noch keine Antwort erhalten. Das wichtigste Zeichen, so Stachowski, müsse sowieso von der Politik kommen: "Ich erwarte, dass sie uns helfen, Putin und diesen Wahnsinn zu stoppen."
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