Deutschlands Turnerinnen sagen der Sexualisierung in ihrer Sportart den Kampf an. So turnt Sarah Voss bei der EM in Basel im Ganzkörperanzug - und ist stolz darauf.
Zum Auftakt der Turn-EM in Basel präsentierte sich Sarah Voss im eleganten schwarzen Ganzkörperanzug. Die üblichen Anzüge sind nicht nur ihr schon länger unangenehm. Den deutschen Turnerinnen geht es um ein persönliches Wohlgefühl und einen Kulturwandel. Nun hoffen sie auf Nachahmerinnen.
"Wir möchten ihnen damit eine Möglichkeit aufzeigen, wie sie sich auch in einer anderen Bekleidungsform ästhetisch präsentieren können, ohne sich bei bestimmten Elementen unwohl zu fühlen", sagte die 21-Jährige.
Im Finale des Mehrkampfs wollen auch die Stuttgarterinnen Elisabeth Seitz und Kim Bui mit den selbstdesignten und handgeschneiderten langen Gymnastikanzügen aufs Podium gehen. Jüngst hatte Mehrkampfmeisterin Elisabeth Seitz kritisiert, dass immer wieder Fotos von ihr mit anzüglichen Motiven veröffentlicht werden. "Sie wollen da noch mal das I-Tüpfelchen draufsetzen und dort ihre Anzüge präsentieren", kündigte Sarah Voss an.
Ihre Wettkampferfahrung im langen Outfit ist positiv.
Üblich sind knappe, badeanzug-ähnliche Anzüge, die von Außenstehenden als aufreizend angesehen werden können, bei manchen Turnerinnen aber das Schamgefühl verletzen. "Man bewegt sich sehr viel und fühlt sich nicht immer 100 Prozent wohl", sagte Voss.
Nun wünschen sie und ihre Teamkolleginnen sich, dass auch andere Sportlerinnen ihrem Beispiel folgen. "Wir haben erst mal den Anstoß gegeben. Wir freuen uns, wenn andere die Innovation aufgreifen und wir einen Trend gesetzt haben", so Sarah Voss.
- Turn-EM in Basel am 25. April
Livestream am 25. April: Die Turn-EM in Basel mit dem Finale Schwebebalken und Sprung Männer sowie Boden Frauen und Barren Männer. Reporter: Alexander Ruda.
Mit dem normalen Anzug Gefühl wie nackt
"Unser Kulturwandel hat schon vor einiger Zeit eingesetzt", berichtete Cheftrainerin Ulla Koch. Anlass sei gewesen, dass eine Sportlerin zu ihr gekommen sei und gesagt habe, dass sie sich mit dem normalen Anzug nackt fühle. Darauf müsse eine Trainerin reagieren: "Unsere Mädels sollen sich wohlfühlen."
Sie habe erst einmal eine Turnerin bei einer Großveranstaltung in lang gesehen. "Viele wissen gar nicht, dass wir lang turnen dürfen." Mit ihren Ganzkörper-Anzügen haben die deutschen Turnerinnen nun Anleihen beim Outfit in der Rhythmischen Sportgymnastik genommen.
Grenze zwischen Ästhetik und Sexualisierung überschritten
Seitz hatte erst kürzlich im SWR beklagt, dass im Frauenturnen immer wieder die Grenze zwischen Ästhetik und Sexualisierung überschritten wird.
sagte die Olympia-Vierte von 2016 in Rio de Janeiro am Stufenbarren. Sie finde immer mal wieder Fotos von sich im Internet, "die mir auch überhaupt nicht gefallen, eben weil mir in den Schritt fotografiert wurde". Und es sei schwierig, diese Bilder entfernen zu lassen.