Der VfL Wolfsburg möchte in der Champions League mehr als nur eine Nebenrolle spielen. Das ist angesichts gesunkener Budgets ein ehrenwertes bis mutiges Ziel.
Die grundlegende Vorgabe vom Chef bleibt interessant. Geschäftsführer Jörg Schmadtke möchte, dass der VfL Wolfsburg bei seiner dritten Teilnahme an der Champions League nicht bloß ein Mitläufer ist. Zu der defensiver gewordenen Transferpolitik der Niedersachsen passt das eher nicht.
Gruppe G vor dem 5. Spieltag
- 1. Red Bull Salzburg 7:5 7
- 2. OSC Lille 3:3 5
- 3. VfL Wolfsburg 4:5 5
- 4. FC Sevilla 4 3:4 3
Mit weniger Geld möglichst viel erreichen zu wollen spricht für Demut und Vernunft. Doch der Spagat, den der VfL Wolfsburg in der Königsklasse bestreitet, bleibt ein Balanceakt im Grenzbereich.
Hausgemachte Bescheidenheit in Wolfsburg
Die aktuelle Bescheidenheit des VfL Wolfsburg ist eine hausgemachte Tugend. Parallel zur Diesel-Affäre seines Hauptsponsors Volkswagen war zwangsläufig die Bereitschaft gesunken, sich teure Kicker aus aller Welt zu leisten.
Den Meistertitel 2009 mit anschließender Champions-League-Teilnahme hatte Felix Magath mit Macht und Moneten erzwungen. Der spätere Geschäftsführer Klaus Allofs schaffte 2015 den Einzug in die Königsklasse, was Großverdiener wie Julian Draxler und Andre Schürrle nährte. Zu nachhaltigem Erfolg führte keiner der beiden Wege.
Beim VfL Wolfsburg zum Nationalspieler geworden
Wenn die Wolfsburger am Dienstag (Anpfiff 21 Uhr/Liveticker) beim FC Sevilla antreten, steht ihre Strategie auf dem Prüfstand. Ihr Kader ist in der Breite gut besetzt. Für Erfolg sollen in erster Linie Profis mit Entwicklungspotenzial sorgen.
Der von Mainz 05 geholt Ridle Baku und der von Manchester City zurückgekehrte Lukas Nmecha dienen als Paradebeispiele dafür. Beide sind beim VfL zu Nationalspielern geworden. Für Verein und Profis ist die gewollte Win-win-Situation entstanden.
Schmadtkes kluge Transfers
Die große Chance, die Gruppenphase der Champions League wie schon 2015 zu überstehen, haben der neue Wolfsburger Trainer Florian Kohfeldt und sein Team vor allem Schmadtke zu verdanken. Dessen Gespür für kluge Transfers lässt seit Jahren aufhorchen.
Der Niederländer Wout Weghorst, der Franzose Maxence Lacroix und der Österreicher Xaver Schlager haben ihren Marktwert in Wolfsburg innerhalb kürzester Zeit vervielfacht. Schmadtke hatte sie im mittleren Einkaufsregal des gehobenen Profifußballs entdeckt.
- Mit Ecken und Kanten nach oben
Jörg Schmadtke hat den VfL Wolfsburg runderneuert. Der Geschäftsführer sagt, was er denkt - auch über den Profifußball während Corona und über die DFB-Krise.
Abkehr vom Wettrüsten
Der wundersame Wandel von einem Abstiegsanwärter zu einem Spitzenteam hat sich in Wolfsburg innerhalb von nur drei Jahren vollzogen. Er wird von der Einsicht begleitet, dass es keinen Sinn mehr macht, beim Wettrüsten der europäischen Elite aus England, Spanien oder Frankreich unbedingt mithalten zu wollen.
Das große Ziel am Mittellandkanal bleibt, nach dem erneuten Sprung in die Champions League nicht wieder in Not zu geraten und zu hohen Ansprüchen hinterherzurennen. In den noch ausstehenden Duellen mit dem FC Sevilla und dem OSC Lille sind die "Wölfe" gut beraten, sich als hungriger Außenseiter durchzubeißen.