Andreas Wellinger, Severin Freund, Richard Freitag: Drei einstige Überflieger kämpfen bei der diesjährigen Vierschanzentournee um den Anschluss an die Weltspitze.
Andreas Wellinger auf Platz 32, Severin Freund 39. und Richard Freitag in Engelberg nicht einmal am Start - das waren die Ergebnisse der drei deutschen Überflieger von einst bei der Generalprobe für die 69. Vierschanzentournee.
Sie werden beim Skisprung-Grand-Slam ab Montag in Oberstdorf (Qualifikation sowie Springen am Dienstag live im ZDF) aller Voraussicht nach im Schatten ihrer deutschen Teamkollegen Markus Eisenbichler und Karl Geiger stehen. Es wird ein langer Weg zurück aufs Siegerpodest.
Richtig verinnerlicht hat der 25 Jahre alte Olympiasieger von 2014 und 2018 das aber offenbar noch nicht. "Er erwartet zu viel von sich. Er will die gleiche Situation wie vor der Verletzung herstellen", kritisiert Bundestrainer Stefan Horngacher.
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Geiger aus der Quarantäne in die Tournee
Kaltstart nach Corona-Quaranänte: Skiflug-Weltmeister Karl Geiger kann am Auftakt der Vierschanzentournee teilnehmen.
Fehlendes Gefühl, plus Verkrampfung
Anfang Juni 2019 war Wellinger im Training schwer gestürzt und hatte sich eine komplizierte Kreuzbandverletzung zugezogen. Der schon als Teenager erfolgsverwöhnte Flieger verpasste den vergangenen Skisprung-Winter komplett und muss jetzt lernen, wieder bei Null anzufangen. Statt um Siege geht es erstmal darum, überhaupt unter die besten 30 der Welt zu fliegen und Weltcup-Punkte zu sammeln. Trainer Horngacher:
Im Sommer sei der Sunnyboy, der sich im Frühjahr beim Urlaub in Australien das Schlüsselbein brach, schon einmal weiter gewesen. Jetzt "steckt der Karren im Dreck", aber die Talsohle für den Tournee-Zweiten von 2018 ist nach Meinung des Chefcoachs langsam durchschritten. Horngacher: "Es geht wieder aufwärts. Er ist ein Kämpfer: Wenn er zurücksteckt, wird es wieder nach oben gehen. Und dann kann es bei ihm auch ganz schnell gehen."
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Tournee: Qualifikation 1. Springen
Die Qualifikation zum 1. Springen der Vierschanzentournee in Oberstdorf in voller Länge. Reporter: Stefan Bier, Moderation: Norbert König, Experte: Toni Innauer
Freund Kampf zurück
Im Gegensatz zum Ausnahmetalent Andreas Wellinger musste sich Severin Freund in seiner Karriere immer alles ganz hart erarbeiten. Er brauchte lange bis an die Spitze, feierte dann aber als Olympiasieger von 2014, dreimaliger Weltmeister und Gesamtweltcupsieger spektakuläre Erfolge.
Den letzten seiner 22 Weltcup-Siege feierte er am 26. November 2016 im finnischen Kuusamo, als er sich nach einer Hüftoperation gerade wieder herangekämpft hatte. Danach ging seine unendliche Leidensgeschichte weiter, bei der jeder andere wohl aufgegeben hätte.
Zwei Kreuzbandrisse
Trotz zwei Kreuzbandrissen in Serie und latenten Rückenproblemen hat der inzwischen 32-Jährige jedoch die Rückkehr ins deutsche Weltcup-Team geschafft. Beim Weltcup im finnischen Ruka schaffte er es im November als Neunter sogar wieder unter die Top Ten.
Der Tournee-Zweite von 2016 nimmt sogar in Kauf, dass er es vielleicht nie mehr zurück ganz an die Spitze schafft. Das Skispringen hat sich in seinen Verletzungsjahren enorm weiterentwickelt. Für die deutsche Mannschaft ist der reflektierte und intelligente Vater einer kleinen Tochter trotzdem ein großer Gewinn.
"Severin ist ein außergewöhnlicher Sportler. Ich traue ihm zu, dass er es nochmal zurück nach vorn schafft", sagt Chefcoach Horngacher.
Freitag: "Skispringen ist mein Leben"
Richard Freitag ist in diesem Winter überhaupt noch nicht im Weltcup gesprungen und kämpfte im zweitklassigen Continentalcup um den Anschluss. Seit dem WM-Titel 2019 mit dem Team sucht der inzwischen 29 Jahre alte Flieger nach seiner Form von einst. Aufgeben will aber auch er nicht, "weil Skispringen mein Leben ist".
Chefcoach Horngacher glaubt auch bei Freitag an ein Happyend: "Er wird bei der Tournee hochmotiviert an den Start gehen, den Sprung ins Team schaffen und uns wieder verstärken."