Athleten-Gewerkschaftler Johannes Herber und Rodlerin Dajana Eitberger haben so ihre Probleme mit den Spielen in Peking – befürworten aber nicht das Fernbleiben von Sportlern.
Er sei kein Experte für Außenpolitik, betont der ehemalige Basketballer Johannes Herber. Und sie habe die Olympischen Winterspiele 2022 nicht nach Peking vergeben, erklärt die Weltklasse-Rodlerin Dajana Eitberger. Und doch müssen der Geschäftsführer der Sportlergewerkschaft Athleten Deutschland und die Olympiazweite von 2018 aktuell in Dauerschleife auf Fragen reagieren, deren Beantwortung ihnen schwerfällt.
Quelle: dpa
Ist ein diplomatischer Boykott der Spiele im Februar in China eine gute Sache? Sollten es die deutschen Politiker halten wie die amerikanischen, britischen, australischen und kanadischen und ein Zeichen setzen gegen die andauernden Menschenrechtsverletzungen im Land des Olympiagastgebers? Oder wäre gar ein sportlicher Boykott angebracht nach dem zeitweiligen Verschwinden der chinesischen Tennisspielerin Peng Shuai, die Missbrauchsvorwürfe gegen einen Spitzenpolitiker erhoben hatte?
Frankreich und Italien gegen diplomatischen Boykott
Sie habe es in Pyeongchang als Ehre empfunden, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier "beim Abschlusstraining an der Bahn stand", erzählt Eitberger. "In dem Moment weiß man, dass das, was man da tut, eine gewisse Wertigkeit hat, dass es gesehen wird." Ob die neue Bundesregierung dem amerikanischen Beispiel folgen und einen diplomatischen Olympia-Boykott beschließen wird, ließen Bundeskanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock bislang offen. Man wolle sich mit den europäischen Partnern abstimmen. Frankreich und Italien haben sich bereits gegen einen Boykott ausgesprochen.
Johannes Herber sieht die Sache so: "Wenn Annalena Baerbock sich ihre außenpolitische Strategie gegenüber China zurechtlegt und glaubt, dass ein diplomatischer Boykott innerhalb dieser Strategie ein wichtiges Signal wäre, weil man vielleicht das Ziel hat, eine wertebasiertere Außenpolitik zu machen als vorher, dann ist das stimmig." Von Athleten höre er allerdings oft:
Als Sportlergewerkschaft stelle Athleten Deutschland keine Forderungen an die Politik, weder an die deutsche noch an die chinesische, sondern an das Internationale Olympische Komitee. Und die laute: "Das IOC muss seine menschenrechtliche Verantwortung wahrnehmen." Warum? "Weil das IOC operiert wie ein multinationales Unternehmen, das aus unserer Sicht wie jedes andere multinationale Unternehmen die Pflicht hat, durch seine Lieferketten hindurch sicherzustellen, dass keine Menschenrechte verletzt werden."
Flaggen und Hymnen sorgen für Politisierung
Den Mahnungen des IOC oder chinesischer Politiker, der Sport dürfe nicht politisiert werden, können weder Herber noch Eitberger etwas abgewinnen. "Der Sport schafft starke emotionale Bilder, die Menschen berühren und bewegen", sagt Herber: "China wird diese Bilder sehr bewusst benutzen, um sein Image zu stärken. Das wird ein großes Theaterstück sein, in dem Athleten auf der Bühne stehen, es werden Flaggen gehisst und Hymnen gespielt, das hat alles etwas Politisches."
Aber die Athleten könnten beschließen, sich nicht vereinnahmen zu lassen, sie könnten die Spiele sportlich boykottieren. Oder? Damit beschäftige sich nur sein sehr kleiner Teil der Sportler, glaubt Herber:
Dajana Eitberger macht die Gesamt-Gemengelage zu schaffen. Die strikten Corona-Maßnahmen in China, die sie bei einem Test-Event bereits kennengelernt hat, genauso wie die aufflammenden politischen Diskussionen. In ihr sträubt sich viel gegen diese Spiele in Peking. Aber ein sportlicher Boykott? Sie will nicht, dass das von ihr und anderen Athleten erwartet wird. "Deshalb sind wir keine kaltherzigen Menschen", sagt die Mutter eines knapp zweijährigen Sohnes. "Wir machen einfach nur unseren Job, für den wir Tränen, Schweiß und Schmerzen in Kauf genommen haben."
- Olympia-Boykott findet immer mehr Anhänger
Großbritannien, Australien und Kanada werden wie die USA keine Regierungsvertreter zu den Winterspielen in Peking entsenden. China reagierte mit Unverständnis.