Aleksander Aamodt Kilde und Marco Odermatt sind die herausragenden Athleten dieser alpinen Ski-Weltcup-Abfahrten. Ihre Wege zum Erfolg könnten kaum unterschiedlicher sein.
Was zeichnet einen typischen Abfahrer aus? Er muss ein Kraftprotz sein, mutig, verwegen, um steilste Pisten im Höchsttempo hinunterzusausen. Der Norweger Aleksander Aamodt Kilde entspricht diesem Bild perfekt. Sein Fahrstil ist brachial, manchmal ein bisschen halsbrecherisch und wild.
Er ist die Nummer eins in der schnellsten Disziplin des alpinen Skirennsports, hat drei von vier Rennen gewonnen. Der Zweitbeste dagegen ist so etwas wie ein Anti-Abfahrer. Marco Odermatt aus der Schweiz bewältigt schwierigste Pisten fast geschmeidig, die Kraftanstrengung ist ihm kaum anzumerken.
Kraftprotz Kilde und Anti-Abfahrer Odermatt
Es ist das Duell dieses Weltcup-Winters, Kilde gegen Odermatt. Auch in diesen Tagen in Bormio, wo vor dem Jahreswechsel noch eine Abfahrt und ein Super-G stattfinden. Der wilde Wikinger und Freund von Mikaela Shiffrin gegen den smarten Eidgenossen mit dem weit weniger Aufsehen erregenden Privatleben. Zwei Athleten, die kaum unterschiedlicher sein könnten.
- Wintersport am 28.12.
Qualifikation für das Springen der Vierschanzentournee in Oberstdorf, Silvestertournee der Skispringerinnen und Ski-Alpin-Weltcup der Frauen und Männer.
Zweikämpfe verleihen einer Sportart, in der es außer in den seltenen Parallelrennen keine Eins-zu-eins-Duelle auf der Piste gibt, die nötige Würze. Aber der Kampf um die große Kristallkugel für den Besten des Winters war jahrelang schon kurz nach Weihnachten entschieden.
Weltcup spannend wie lange nicht
Marcel Hirscher hatte von 2012 bis 2019 in Slalom und Riesenslalom so viele Siege geschafft, dass er in der Gesamtwertung mit einem komfortablen Vorsprung in die zweite Saisonhälfte ging, um den dort dann noch auszubauen. Seit dem Rücktritt des Österreichers hat es immerhin bisher jedes Jahr einen anderen Gewinner der großen Kristallkugel gegeben: 2020 Kilde, 2021 Alexis Pinturault aus Frankreich, 2022 Odermatt.
Aber mit der Abwechslung dürfte es bald wieder vorbei sein - und Odermatt der nächste Seriensieger werden. Das liegt daran, dass der Schweizer nicht mehr nur in Riesenslalom und im Super-G regelmäßiger Gast auf dem Siegerpodest ist, sondern in dieser Saison nun auch in der schnellsten Disziplin. Das hat auch einen Grund, wie Odermatt sagt: "Ich habe meinen Fokus auf die Abfahrt gelegt."
Odermatt nun auch ein guter Gleiter
Auf bestimmten Strecken hatte der Riesenslalom-Olympiasieger von Peking schon in der vergangenen Saison mithalten können. Vor allem, wenn es nicht so sehr aufs Gleiten ankam wie in Bormio, da war er im vergangenen Winter Zweiter geworden. An seiner Schwachstelle hat er gearbeitet - und er beherrscht nun auch diese für Abfahrer typische Eigenschaft, was ihm zwei zweite und einen dritten Platz einbrachte in diesem Winter.
Der alpine Ski-Weltcup startet in die neue Saison. Der Klimawandel und der Schneemangel sorgen gleich zu Beginn für Unsicherheiten im Rennkalender.
Er sei noch nicht perfekt, findet Odermatt. In Gröden vor Weihnachten habe man den Unterschied zu Kilde schon noch gesehen. Im Gleitstück könne er dem Norweger noch nicht das Wasser reichen. "Und Aleksander riskiert immer viel."
Umstellungsprobleme im Riesenslalom
Die Kunst eines Skirennläufers ist es, die eine Disziplin zu stärken, ohne die andere zu vernachlässigen. Wer mehr auf den längeren Brettern unterwegs ist, läuft Gefahr, die Umstellung auf die kürzeren Skier, im Fall Odermatts auf die für den Riesenslalom, nicht ganz perfekt hinzubekommen.
- Wintersport am 29.12.
Mit der Silvestertournee der Skispringerinnen, dem alpinen Ski-Weltcup und dem Auftaktspringen der Vierschanzentournee.
Dem 25-Jährigen war dies in Alta Badia passiert, im ersten von zwei Riesenslaloms hatte er nach sechs Tagen auf der Abfahrt ein paar Probleme, war nach dem ersten Durchgang nur Neunter gewesen, ehe er sich im zweiten Lauf noch doch auf Platz drei vorschob.
Slalom nicht für beide
Kilde hingegen will sich wieder mehr dem Riesenslalom widmen. Er muss es, will er vielleicht doch einmal eine Chance im Gesamtweltcup haben. Vor seinem Kreuzbandriss im Januar 2021 war der 30-Jährige ein sehr passabler Riesenslalomfahrer gewesen, der in dieser Disziplin regelmäßig Weltcup-Punkte geholt hatte.
In seinem Comeback-Winter in der vergangenen Saison konzentrierte er sich erst einmal auf Abfahrt und Super-G, verzichtete auf eine dritte Disziplin. In diesem Jahr ist er wieder dabei, wenn es das Programm erlaubt. Odermatt hingegen will jedes Rennen fahren. Außer Slalom. Darin ist er sich mit Kilde einig.