Wintersport: Dem DSV fehlt der Nachwuchs

    Ski-Nachwuchs:DSV beklagt "massive Einbrüche"

    von Elisabeth Schlammerl
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    Immer weniger junge Menschen streben eine Ski-Karriere an, weil der Aufwand enorm geworden ist. Der Klimawandel und die Energiekrise verschlechtern die Umstände zusehends.

    Skier und Skistöcke auf der Zugspitze
    Dem DSV fehlt der Nachwuchs: In den Landes- und Bundeskadern sind rund 40 Prozent weniger junge Menschen als noch vor 30 Jahren.
    Quelle: dpa

    Martina Ertl fährt für ihr Leben gerne Ski. Noch immer, auch fast 17 Jahre nach Ende ihrer Karriere hat sich daran nichts geändert. Kürzlich war die ehemalige Kombinationsweltmeisterin und mehrfache Medaillengewinnerin im Riesenslalom mit ihren Kindern eine Woche in Schweden.
    Aber es war kein gewöhnlicher Skiurlaub, sondern so etwas wie ein kleiner, privat organisierter Trainingslehrgang. Tochter Romy, 15, und Sohn Luis, 13, wollen in die Fußstapfen der Mutter treten. Beide streben eine Karriere im alpinen Skisport an.

    In den C-Kader reingeschnuppert

    Für Romy entscheidet sich bereits am Ende dieser Saison, ob sie den Sprung in die Nachwuchskader des Bayerischen Skiverbandes und dann Deutschen Skiverbandes schafft, für Luis erst zwei Jahre später. In Schweden durften die beiden schon einmal mit den Größeren trainieren, dem C-Kader des DSV.

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    In diesen Genuss war Martina Ertl nicht gekommen, als sie so alt war wie ihre Kinder. Überhaupt, sagt sie, "hat sich einiges verändert" in der Nachwuchsarbeit. "Es beginnt in allen Nationen alles früher in der Saison und es wird sehr viel intensiver betrieben", sagt die 49-Jährige.

    Training vor der Haustür

    Für sie war einst nach der Saison erst einmal Schluss mit Skifahren. Solange Martina Ertl einem Schülerkader angehörte, gab es für sie im Sommer nur ein paar wenige Tage auf dem Gletscher in Hintertux. Mit dem Schneetraining, erinnert sie sich, "ging es so richtig erst im Dezember los".
    Vor der Haustür in Lenggries, auf dem Weltcup-Hang am Brauneck. Die Mama oder der Papa fuhr sie die paar Kilometer zum Training und holte sie ein paar Stunden später wieder ab.

    Von Oktober bis Mai auf Ski

    Romy hingegen war bereits in den vergangenen Jahren noch bis Mai auf Skiern unterwegs. Gletschertraining im Sommer gehört ebenso zum Standardprogramm wie regelmäßige Schneelehrgänge ab Ende Oktober. Fast jedes Wochenende, erzählt Martina Ertl, sei ihre Tochter mit ihren Trainingsgruppen beim Skifahren.
    Und weil wegen des Klimawandels nicht mehr zuverlässig früh in der Saison ausreichend Schnee liegt oder beschneit werden kann in den Skigebieten im Voralpenland, müssen die Vereine mit ihren Nachwuchsgruppen oft auch noch im Dezember weite Fahrten auf sich nehmen.

    Höherer Aufwand als Verpflichtung

    Ihre Kinder hätten es noch gut, sagt Martina Ertl. Von Lenggries ist nicht weit nach Österreich in höher gelegene Skigebiete. Da könne man sogar mal nachmittags nach der Schule trainieren. Der Aufwand, gibt Wolfgang Maier, Alpinchef im Deutschen Skiverband, zu, sei größer geworden.
    Aber um konkurrenzfähig zu bleiben, auch in Zukunft potentielle Weltcupsieger an den Start zu bringen, "bleibt uns gar nichts anderes übrig, als mitzumachen". Nicht nur zeitlich muss mehr investiert werden, auch finanziell. Skifahren, weiß Maier, werde immer elitärer - und das lässt sich auch an den Zahlen ablesen. Er registriert "massive Einbrüche" bei den 15- bis 16-Jährigen.

    Sich zu quälen, ist nicht mehr "in"

    Rund 40 Prozent weniger junge Athleten und Athletinnen seien deshalb in den Landes- und Bundeskadern als noch vor 30 Jahren. Und wenn es unten, im Nachwuchs, weniger wird, kann oben, im Weltcup, nicht so viel ankommen. Mit der Energiekrise, die zu noch höheren Kosten führt, unter anderem für Lifttickets, könnte sich dieser Trend noch verstärken.
    Maier will die rückläufigen Zahlen aber nicht nur höheren finanziellen und zeitlichen Aufwand festmachen oder am Klimawandel festmachen, sondern er sieht auch einen Grund in der schwindenden Bereitschaft bei Kindern und Jugendlichen, sich für ein Ziel zu schinden.

    Sich gegen Widerstände durchzusetzen, ist nicht mehr so angesagt.

    Wolfgang Maier

    Andere Sportarten sind wegen des geringeren Aufwandes womöglich attraktiver geworden als Skifahren. Allerdings nicht für Romy und Luis. Sie fahren für ihr Leben gerne Ski. Und sie wollen sich durchbeißen. Wie einst die Mama.