Der Traum vom historischen Teamtitel bei einer Skiflug-WM platzte zwar: Die DSV-Springer haben mit einem kompletten Medaillensatz die besten Titelkämpfe aller Zeiten abgeliefert.
Das gibt Aufwind für die anstehende Vierschanzentournee und die Heim-WM in Oberstdorf (24. Februar bis 7. März 2021).
Anständig gefeiert wurde die beste Skiflug-Weltmeisterschaft aller Zeiten für die deutschen Skispringer nicht. Noch am Sonntagabend ging es für Einzel-Weltmeister Karl Geiger und Co. aus dem slowenischen Planica zurück in die Heimat. Der Oberstdorfer hatte es besonders eilig, schließlich wird er in diesen Tagen Papa. "Wir können echt stolz auf diese WM sein, auch wenn es nicht für Team-Gold gereicht hat", meinte er vor seiner Rückfahrt mit Einzel-Gold und Team-Silber im Gepäck.
Angeführt von Einzelweltmeister Karl Geiger fliegt die deutsche Mannschaft zu WM-Silber hinter Norwegen. Das DSV-Quartett lag dabei lange in Führung.
Dass es keine komplett perfekte WM für das deutsche Team wurde, lag am letzten Sprung der dramatischen Team-Konkurrenz. 228 Meter hätte Geiger fliegen müssen, um den historischen ersten Mannschafts-Titel bei der Skiflug-WM für das lange führende deutsche Team zu sichern. Doch der 27-Jährige schaffte "nur" 224,5 Meter. So holte Norwegen zum dritten Mal in Folge die begehrte Mannschafts-Trophäe. Irgendwie war das ein Stück ausgleichende Gerechtigkeit für die Einzelentscheidung, die Geiger mit der Winzigkeit von 0,5 Punkten oder umgerechnet 41 Zentimeter Vorsprung vor dem Norweger Halvor Egner Granerud gewonnen hatte.
Bundestrainer zufrieden: "Außergewöhnlich gut"
Bundestrainer Stefan Horngacher war deshalb auch glücklich mit der historisch besten deutschen Bilanz: "Wir haben einen kompletten Medaillensatz geholt. Das ist außergewöhnlich gut. Ich bin extrem zufrieden mit den Jungs, die tolle Leistungen abgeliefert haben." Champion Geiger und Co. zeigten, dass Deutschland eine Fliegernation ist, die auch auf einer der größten Schanze der Welt dominieren kann.
Karl Geiger ist neuer Skiflug-Weltmeister: Nach vier Durchgängen in Planica machten 0,5 Punkte den Unterschied. Markus Eisenbichler als Dritter komplettierte den DSV-Triumph.
In letzter Zeit galten die Riesenbakken als Domäne der Norweger und Österreicher. Doch bei den ungewöhnlichen Bedingungen in Planica - statt dem sonst hier üblichen starken Aufwind herrschte eher Rückenwind - spielte das Horngacher-Team seine ganze Skisprung-Klasse aus. Ein "bisschen deprimiert" war lediglich Markus Eisenbichler trotz Einzel-Bronze und Team-Silber. Er war als großer Favorit angereist und fuhr ohne die erhoffte Goldmedaille nach Hause:
Treibstoff für Tournee und WM
Vielleicht bringt diese kleine Enttäuschung aber den nötigen Treibstoff für die nächsten großen Aufgaben. In diesem ganz speziellen Corona-Winter gibt es nämlich so viele Höhepunkte wie nie zuvor. Nach der aus dem März in den Dezember verlegten Skiflug-WM beginnt bereits in zwei Wochen in Geigers Heimatort Oberstdorf die Vierschanzentournee. Und dann folgt an gleicher Stelle auch noch die Nordische Heim-WM (24. Februar bis 7. März 2021), bei der Markus Eisenbichler und Co gleich drei Titel zu verteidigen haben.
Nach einem Krafttraining am Mittwoch geht es dann schon am Donnerstag zur Tournee-Generalprobe ins Schweizerische Engelberg. Dort wird der nach seiner langen Verletzungspause noch formschwache Olympiasieger Andreas Wellinger fehlen und durch David Siegel ersetzt. Bei der Vierschanzentournee wird dann auch noch der ebenfalls schwächelnde Richard Freitag ins deutsche Aufgebot zurückkehren.
Erster deutscher Tourneesieg seit 19 Jahren im Visier
Dass das deutsche Team Formprobleme von einstigen Vorfliegern wie Wellinger oder Freitag so leicht kompensieren kann, hat vor allem mit der Arbeit von Chefcoach Horngacher zu tun. Im zweiten Winter unter Führung des Österreichers ist das deutsche Fliegerteam - an der Seite von Geiger und Eisenbichler holten Constantin Schmid und Pius Paschke ihre erste WM-Medaille - noch ausgeglichener geworden.
Besser hätte der Auftakt zur Skiflug-WM in Planica für die DSV-Adler nicht laufen können. Zur Halbzeit führt Karl Geiger, auf Rang drei liegt Markus Eisenbichler.
"Das Trainerteam agiert ruhig und macht keinen Druck, auch wenn wir mal nicht einer Meinung sind. Ich bin megahappy mit der Gesamtsituation", lobt Eisenbichler. Beste Voraussetzungen für ihn und Karl Geiger, um bei der Vierschanzentournee den ersten deutschen Gesamtsieg seit 19 Jahren anzuvisieren…