Skispringen: Wann kommt die Vierschanzentournee für Frauen?

    Verschiebung sorgt für Frust:Wann kommt die Frauen-Vierschanzentournee?

    von Lars Becker
    |

    Die Skispringerinnen müssen mindestens ein Jahr länger auf ihre Aufnahme in die Vierschanzentournee warten. Der Frust ist groß - die Gründe sind dafür vielschichtig.

    Skispringen: Luisa Goerlich.
    Skispringerin Luisa Görlich kritisiert die Verschiebung der Einführung der Vierschanzentournee für Frauen.
    Quelle: Imago

    Es scheint aufwärts zu gehen für die "fliegenden Frauen", möchte man glauben. Nachdem es im vergangenen Winter mit zwei Springen im slowenischen Ljubno erstmals ein Weltcup-Event rund um den Jahreswechsel für die Skispringerinnen gegeben hatte, steht in diesen Tagen die Premiere einer echten Silvester-Tour auf dem Plan.

    Vierschanzentournee für Frauen lässt auf sich warten

    Nach den zwei Springen im österreichischen Villach folgt eine Doppel-Veranstaltung in Ljubno (31. Dezember/1. Januar). Für die Gesamtsiegerin der vier Springen ist ein Preisgeld von 20.000 Schweizer Franken und eine "Goldene Eule" als Pokal ausgelobt. Bei der Vierschanzentournee der Männer gibt es 100.000 Schweizer Franken Siegprämie und den berühmten "Goldenen Adler".
    Die Reaktionen auf die Silvester-Tour für die Skispringerinnen sind nicht nur deshalb eher gemischt. Die deutsche Olympiazweite Katharina Althaus spricht zwar von einer Verbesserung des Programms. Trotzdem: "Es ist aber nicht das, was wir wollten – und das ist die Frauen-Vierschanzentournee von Großschanzen."

    Görlich sauer, Althaus unzufrieden

    Die deutsche Fliegerin Luisa Görlich schimpfte in ihrem Blog bei "sport.de", dass die letzten Wettkämpfe bewiesen hätten, "dass die Zeit reif ist für eine Vierschanzentournee der Frauen".

    Vor diesem Hintergrund ist es eine Unverschämtheit, im Zeitalter der Gendergerechtigkeit, die Entscheidung auf eine eigene Tour wieder verschoben zu haben!

    Luisa Görlich

    Die Skispringerin reagierte damit auf eine überraschende Ankündigung von Österreichs Skiverbands-Chefin Roswitha Stadlober, dass die Premiere der Vierschanzentournee für Frauen "nicht vor 2024/25" stattfinden werde. Dabei war die Einbeziehung der Frauen in die wichtigste jährliche Skisprung-Veranstaltung der Welt schon für den kommenden Winter 2023/2024 offiziell angekündigt worden.

    Frust beim Deutschen Skiverband

    Beim Deutschen Skiverband (DSV) ist man frustriert. "So wird man das Produkt Frauen-Skispringen nicht entscheidend weiterentwickeln", sagt Horst Hüttel.

    Wir dürfen keine Zeit mehr mit der Einführung der Vierschanzentournee für Frauen verlieren.

    Horst Hüttel

    Hüttel ist beim DSV für die Themen Skispringen und Nordische Kombination verantwortlich und hat in Oberstdorf noch einmal klargemacht, dass er an den im vorläufigen Weltcup-Kalender 2023/2024 fixierten Terminen der Frauen in Garmisch-Partenkirchen (30. Dezember 2023) und Oberstdorf (1. Januar 2024) festhält. Das wäre aber nur eine "halbe" Vierschanzentournee für die Frauen.
    Die Kritik von Hüttel und vielen der Fliegerinnen an der Silvestertour wird vor allem an zwei Dingen festgemacht. Zum einen wird in Ljubno und Villach auf Normalschanzen gesprungen. Auf dem kleinen Bakken in Slowenien, so Hüttel, seien im vergangenen Winter zwei Drittel der Damen bei Weiten unter 85 Metern gelandet. Natürlich ist das nicht für Zuschauer vor Ort und im TV nicht so attraktiv wie die Weiten über 130 Meter bei der Männer-Tournee.

    Laut ÖSV-Präsidentin Stadlober steht die neue Silvester-Tour in Villach und Ljubno "erstmal fix" im Weltcup-Kalender. Der Villacher OK-Chef Gerhard Prasser erklärt mit Blick auf die Vierschanzentournee süffisant, dass man den Damen "nicht das Gefühl vermitteln wolle, sie seien ein Anhängsel."

    Die Zusammenarbeit mit Ljubno sei auf mehrere Jahre angelegt und möglicherweise könne man künftig als zusätzliche dritte Station für die Silvester-Tour das italienische Tarvisio ins Auge fassen. In Ljubno beschäftigt man sich neben der Installation einer Flutlichtanlage derweil mit dem Plan, eine Großschanze zu bauen.

    Zum anderen hat der Name Vierschanzentournee eine einmalige Wertigkeit in der Welt des Sports. "Von diesem Image würden natürlich auch die Frauen profitieren. Aber der Name Vierschanzentournee ist geschützt. Und es geht nur in einer Zusammenarbeit zwischen dem DSV und dem ÖSV", sagt Hüttel und fügt hinzu: "Wir sind für jegliche Gespräche bereit. Wenn es gewünscht ist, setzen wir uns morgen an einen Tisch. Der Ball liegt aber jetzt beim ÖSV."

    Umgekehrte Reihenfolge für Vierschanzentourneen?

    Dort hat man sich wohl bei anderen traditionellen Ausrichtern wie Hinzenbach und Villach in der Pflicht. Und zweifelt auch am Plan des DSV, die Frauen-Vierschanzentournee zur gleichen Zeit, aber in umgekehrter Reihenfolge der Tournee-Ausrichterorte wie bei den Männern zu springen. Also zuerst in Garmisch-Partenkirchen, dann das Neujahrsspringen in Oberstdorf.
    Die deutsche Skisprung-Legende Martin Schmitt kann diese Bedenken verstehen: "Was passiert, wenn in Oberstdorf bei den Männern volles Haus ist und dann wird zu den Frauen geschaltet und dann sind dort viel weniger Zuschauer? Man sollte die Macht der Bilder nicht unterschätzen."

    Mehr zum Thema