Wirtschaftsminister Habeck sieht bei Klimaschutzmaßnahmen massiven Nachholbedarf. Die Ampel-Regierung starte mit einem "gehörigen Rückstand" - das Tempo müsse verdreifacht werden.
Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) sieht Deutschland bei der Energiewende vor riesigen Herausforderungen. Um diese zügig anzugehen, solle das Kabinett bereits im April ein erstes Sofortprogramm beschließen, im Sommer dann ein zweites, kündigte Habeck in Berlin an. Ziel sei, die bisherigen Anstrengungen etwa zu verdreifachen.
Bei den Zielen zur CO2-Minderung und dem Ausbau Erneuerbarer Energien gebe es einen "gehörigen Rückstand", machte Habeck deutlich. Deswegen sei die Aufgabe, die Ziele bis zum Jahr 2030 zu erreichen, "gigantisch". Umso wichtiger sei es, ab sofort "konsequent nach vorne zu schauen" und "effizienter und schneller" zu werden. Der Minister sprach von einer "Mammut-Aufgabe".
CO2-Emissionen um 40 Millionen Tonnen jährlich mindern
Bei den CO2-Emissionen sei es zwar im Corona-Jahr 2020 durch Sondereffekte gelungen, das Minderungsziel von minus 40 Prozent einzuhalten. Im vergangenen Jahr sei dieser Effekt aber wieder weggefallen. Habeck verwies auf Prognosen, die für 2021 "mit einem Anstieg der Emissionen um vier Prozent" rechnen. Der Trend gehe damit "in die falsche Richtung", sagte der Minister.
Tempo machen will Habeck im Kampf gegen den Klimawandel vor allem bei dem Ausbau von Wind- und Solarenergie, im Gebäudesektor sowie der Transformation der Industrie.
Ausbau von Wind- und Solarenergie
Als Elemente der neuen Regelungen nannte der Grünen-Politiker dazu:
- die Festschreibung von zwei Prozent der Landesfläche für Windkraftanlagen (bisher kämen laut Habeck nur Hessen und Schleswig-Holstein in die Nähe von zwei Prozent)
- eine Solarpflicht für gewerbliche Neubauten sowie
- möglichst auch Solaranlagen bei allen privaten Neubauten.
Wo bei Windkraft zu restriktive Abstandsregeln Neubauten verhinderten, "können die nicht länger bestehen bleiben", stellte Habeck klar. So soll die 10-H-Regelung in Bayern, die schärfste Abstandsregelung in Deutschland, gekippt werden. Die 10-H-Regelung besagt, dass ein Windrad grundsätzlich mindestens das Zehnfache seiner Höhe von Wohnbebauung entfernt sein muss.
"Das Ziel ist richtig, die Umsetzung wird allerdings sehr schwierig werden", so Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Dt. Städte- und Gemeindebunds, zu Habecks Klimaschutzplänen.
In den vergangenen 30 Jahren sei der Anteil Erneuerbarer Energien bei Strom auf 42 Prozent gestiegen, jetzt blieben noch acht Jahre, um deren Anteil auf 80 Prozent zu bringen. Planungsverfahren müssten massiv beschleunigt, Akzeptanzprobleme gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern sowie den Kommunen abgebaut werden.
Maßnahmen im Gebäudesektor
In Gebäuden gehe es darum, dass ...
- bis 2030 50 Prozent der Wärme erneuerbar erzeugt werden, unter anderem durch einen massiven Ausbau bei Wärmepumpen
- ab 2025 jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von mindestens 65 Prozent Erneuerbarer Energien betrieben werden soll.
- die EEG-Umlage zur Entlastung der Stromverbraucher abgeschafft werden soll
Transformation der Industrie
Ziel sei es, den Kohlendioxid-Ausstoß bis 2030 massiv im Vergleich zu 1990 zu senken, sagte Minister Habeck. Dazu müsse auch bei Industrie, Verkehr und Gebäuden massiv umgesteuert werden. Dazu nannte er folgende geplante Maßnahmen:
- Klimaschutzverträge zur staatlichen Unterstützung des Umbaus der Industrie
- Begleitet werden soll dies durch einen massiven Hochlauf der Wasserstofftechnik. "Wir brauchen für den Übergang Gaskraftwerke", räumte Habeck ein, allerdings sollten diese in zunehmendem Maße nur noch zur Absicherung der überwiegend erneuerbaren Stromleistung eingesetzt werden.
- Zudem solle Erdgas ab 2035 durch grünen Wasserstoff ersetzt werden.
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Habeck: Bis 2045 klimaneutral werden
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