In ihrer voraussichtlich letzten Generaldebatte als Kanzlerin wird Angela Merkel emotional: Eindringlich verteidigt sie den Pandemie-Haushalt der GroKo.
Mit einem zutiefst emotionalen Appell hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Bevölkerung zum Durchhalten in der Corona-Krise aufgefordert. "Geben wir alle als Bürgerinnen und Bürger dieser Gesellschaft wieder mehr aufeinander acht", bat die Kanzlerin am Mittwoch im Bundestag. Sie erlebe derzeit, dass die Vorsicht der Menschen nachlasse. Merkel warnte:
Die steigenden Infektionszahlen seien ein Zeichen dafür, dass die Pandemie noch lange nicht vorbei sei. Merkel betonte:
Merkel: Mir geht es nicht anders als anderen
Merkel sprach in der Generaldebatte des Bundestags zum Haushalt für das Jahr 2021 - doch die Kanzlerin betonte, sie könne in dieser Situation keine Routine-Rede halten. Alle sehnten sich wieder nach Nähe, Berührungen und Gemeinsamkeit. "Das spüre ich selbst. Da geht es mir nicht anders als anderen". Doch klar sei: "Wir brauchen immer noch Abstand als Ausdruck von Fürsorge."
Die Kanzlerin verteidigte dann vor allem die im Haushalt vorgesehene Neuverschuldung von 96 Milliarden Euro angesichts einer außergewöhnlichen Notsituation. Man könne nun "schnell und kraftvoll" auf die Krise reagieren, da es über Jahre Etats ohne Neuverschuldung gegeben habe. Um auch in künftigen Krisen handlungsfähig zu sein, gelte es so schnell wie möglich zu einer "verfassungsgerechten Haushaltsführung" zurückzukommen. Jetzt seien aber richtige Entscheidungen getroffen worden, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken und zu investieren.
Weidel: Hören Sie auf, Panik zu schüren
AfD-Fraktionschefin Alice Weidel warf der Bundesregierung Versagen vor. "Ihre überzogenen Maßnahmen machen aus der Corona-Krise die schwerste Rezession in der Geschichte Deutschlands", sagte sie und verlangte:
Die AfD-Politikerin kritisierte auch die Migrationspolitik und sprach von einer Regierung, "die in ihrer hypermoralischen Selbstgerechtigkeit blind die Fehler von 2015 wiederholt". Sie verwies unter anderem auf Straftaten durch Zuwanderer.
Mützenich rechtfertigt Neuverschuldung
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich rechtfertigte die mit einer hohen Neuverschuldung verbundene Corona-Politik der Bundesregierung. "Wir nehmen Geld in die Hand für Solidarität und Sicherheit", sagte er im Bundestag. Die Menschen bräuchten in der "existenziellen Krise" Zuversicht. "Diese Krise kostet eine Menge Geld, weil wir uns mit Kraft und Ausdauer dagegen stemmen wollen." Deshalb sei es aber auch richtig, dass erst 2026 mit der Tilgung der jetzt aufgenommenen Schulden begonnen werden solle.
Lindner kritisiert Krisenmanagement
Kritik dagegen von der FDP: Parteichef Christian Lindner rügte das Krisenmanagement im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Jeder Einzelne trage Verantwortung. "Aber auch die staatliche Verantwortungsgemeinschaft ist gefordert, in diesem Herbst und Winter Maßnahmen zu ergreifen, dass sich ein zweiter Stillstand dieses Landes nicht wiederholen muss."
Es fehlten jedoch konkrete Maßnahmen, etwa zu schnellen Corona-Tests für Menschen in Pflegeeinrichtungen und Lehrberufen oder Ampelmodelle für eine transparente Beschreibung der Infektionslage vor Ort, so Lindner.
Hofreiter: Mehr Vorausplanung
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter rief wie Merkel auch zur Einhaltung der Corona-Schutzmaßnahmen auf. Entscheidend sei, dass die Bürger weiter so gut mitmachten. Deutschland sei bis jetzt "ziemlich glimpflich" durch die Pandemie gekommen, aber das müsse nicht so bleiben.
Hofreiter mahnte zugleich weitere Anstrengungen von Bund und Ländern an. Er wünsche sich mehr Gemeinsamkeit und mehr Vorausplanung. So gebe es nach sechs Monaten Corona-Krise noch immer keine vorausschauende Teststrategie. Auch über Luftfilter in Schulen werde noch immer diskutiert, sagte Hofreiter. "Dafür sinkt mein Verständnis."
Bartsch: Corona-Politik unsozial
Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch bescheinigte der Corona-Politik eine soziale Schieflage:
Mit ihrer Ankündigung, bis 2022 wieder zu den Vorgaben der Schuldenbremse zurückzukehren, mache die Regierung "schon jetzt einen Spardruck auf den Sozialstaat auf", sagte Bartsch. Der Linken-Politiker warnte vor einem "Kürzungshammer", der die Sozialleistungen treffen könne. Er forderte die Bundesregierung auf, die "Superreichen in diesem Land" zur Finanzierung der Corona-Krisenkosten heranzuziehen. "Das dicke Ende der Wirtschaftskrise steht uns noch bevor."