RKI-Chef Wieler sieht weiter eine "sehr angespannte Lage" in der Corona-Pandemie. Die Zahl der Todesfälle steige, und es sei mit vielen weiteren Fällen zu rechnen.
Die Zahl der neuen Corona-Fälle in Deutschland muss aus Sicht des Robert-Koch-Instituts (RKI) deutlich stärker gesenkt werden, um das Infektionsgeschehen unter Kontrolle zu bekommen.
RKI-Chef: Fallzahlen sinken nicht spürbar
"Die Lage bleibt weiter sehr angespannt", sagte RKI-Präsident Lothar Wieler am Donnerstag in Berlin. Auch nach den Beschränkungen der vergangenen Wochen, die die Fallzahlen als ersten Erfolg stabilisiert hätten, seien sie immer noch zu hoch. "Sie sinken nicht spürbar."
Die Gesundheitsämter seien zusehends erschöpft und schafften es nicht mehr zu ermitteln, wo sich Betroffene angesteckt haben. Es gebe mehr Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen, in einigen Regionen kämen Krankenhäuser an Belastungsgrenzen.
Zahl der schweren Verläufe und Todesfälle steigt
Die Zahl der schweren Verläufe und Todesfälle steige von Woche zu Woche, es sei mit vielen weiteren Fällen zu rechnen. Mit 479 neuen Todesfällen binnen eines Tages hatten die Gesundheitsämter den zweithöchsten Stand seit Beginn der Pandemie gemeldet. Dabei geht es um Menschen, die an oder unter Beteiligung einer Sars-CoV-2-Infektion sterben.
Der bisherige Höchstwert von 487 Todesfällen war am Mittwoch erreicht worden. In der Tendenz war die Zahl der täglichen Todesfälle zuletzt nach oben gegangen, was nach dem steilen Anstieg bei den Neuinfektionen auch erwartet wurde.
Die Gesundheitsämter haben dem RKI 22.046 neue Corona-Infektionen binnen 24 Stunden gemeldet. Damit liegt der Wert knapp unter den 22.268 Fällen der Vorwoche.
Wieler appelliert: Kontakte reduzieren
Wieler rief auch eindringlich dazu auf, Regeln zu Abstand, Hygiene und Alltagsmasken "immer und überall" zu beherzigen. Das Virus sei immer da, sagte Wieler, und verbreite sich überall dort, wo Menschen zusammenkommen. Wieler appellierte an alle, Kontakte zu reduzieren - auch über die Weihnachtsfeiertage.
Der RKI-Chef wies darauf hin, dass sich in den vergangenen drei Wochen die Zahl der Infektionen in älteren Altersgruppen deutlich erhöht habe. Er sieht einen sehr starken Anstieg der Corona-Infektionen und -Sterbefälle in Alten- und Pflegeheimen.
Die Heime bräuchten dringend die nötigen Ressourcen, um die Hygiene- und Schutzmaßnahmen für besonders gefährdete Gruppen auch umsetzen zu können.
Rexroth erklärt Wochenverlauf der Fallzahlen
Regional sei die Höhe der Inzidenzen unterschiedlich, erklärte die Medizinerin Ute Rexroth vom RKI-Lagezentrum. So sei in Stadtstaaten wie Hamburg oder Berlin ein leicht rückläufiger Trend zu beobachten.
Auf die Frage, warum die Zahl der Neuinfektionen in Deutschland vor allem von Mittwoch auf Donnerstag steige, erklärte sie: Es gebe unterschiedliche Latenzen. So seien etwa die Testungen nicht gleichmäßig über die Woche verteilt. Viele Getestete bekämen ihr Ergebnis zwar innerhalb eines Tages. Es staue sich aber auch in der Woche etwas auf.
Die Frage sei auch, wann jemand zum Arzt gehe und sich testen lasse. Grundsätzlich sei das ein "normaler Verlauf im Gesundheitswesen".