Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach in ihrer Regierungserklärung zur Corona-Krise von einer "dramatischen Lage" und verteidigte die beschlossenen Corona-Maßnahmen.
Viele Gesundheitsämter seien an ihrer Belastungsgrenze und könnten nicht mehr alle Kontakte nachverfolgen, erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Beginn ihrer Regierungserklärung.
"Wir befinden uns zu Beginn der kalten Jahreszeit in einer dramatischen Lage", so die Kanzlerin. Merkel wiederholte noch einmal die nach einer Video-Konferenz mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer beschlossenen Corona-Maßnahmen.
Mit Blick auf die Schließung von Freizeit- und Kultureinrichtungen sowie der Gastronomie sagte die Kanzlerin: "Ich verstehe die Frustration, ja die Verzweiflung gerade in diesen Bereichen sehr." Aber: "Wir können 75 Prozent der Infektionen nicht mehr zuordnen, wo sie geschehen sind und aus diesem Zustand müssen wir schnellstmöglich wieder raus", so Merkel.
Merkel: "Nicht warten bis die Intensivstationen voll sind"
Wir seien in einem exponentiellen Wachstum, es steige die Gefahr dass sich Risikogruppen anstecken, erklärte die Kanzlerin.
"Wir dürfen uns nichts schönreden", mahnte die Kanzlerin. Es komme nun auf jeden Einzelnen an. Die Pandemie sei eine Bewährungsprobe auf vielen Ebenen, der man sich gemeinsam entgegenstellen müsse:
Die Bundeskanzlerin bedankte sich allerdings auch ausführlich bei den Bürgerinnen und Bürgern für das Engagement und den Verzicht in den vergangenen Monaten der Pandemie.
Merkel betonte außerdem die zentrale Rolle der Wissenschaft während dieser Pandemie. Die Kanzlerin zitierte zudem die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim, die im heute journal aus der Perspektive des Coronavirus argumentierte.
Das Virus würde denken: "Ich habe hier den perfekten Wirt. Diese Menschen, die leben auf dem ganzen Planeten, die sind global stark vernetzt, sind soziale Lebewesen. Die können also nicht ohne soziale Kontakte leben. Die sind hedonistisch veranlagt, die gehen gerne feiern, also besser kann es gar nicht sein." Merkel zitierte weiter aus dem Interview, dort entgegnete Mai Thi Nguyen-Kim dem Virus: "Wir werden dir zeigen, dass du dir den falschen Wirt ausgesucht hast."
Regierungserklärung: Aufruf zu Verzicht
Merkel rief erneut zum Verzicht auf nicht notwendige persönliche Begegnungen auf. "So, wie wir Menschen schon so viele große Probleme in unserer Geschichte bewältigt haben, so kann auch in der Pandemie jeder und jede von uns aktiv dazu beitragen, dass wir diese Pandemie mit vereinten Kräften bewältigen", sagte die CDU-Politikerin.
"Und aktiv dazu beitragen, das heißt in diesem Fall: Verzichten, auf jeden nicht zwingend erforderlichen Kontakt. Das genau ist der Kern der Pandemiebekämpfung, an dem unsere Maßnahmen alle ansetzen.
Merkel: Winter wird schwer, aber er wird enden
Merkel stimmte die Bürgerinnen und Bürger auf schwierige Monate ein, zeigte sich aber auch zuversichtlich. "Der Winter wird schwer. Vier lange, schwere Monate. Aber er wird enden", sagte sie. In den vergangenen acht Monaten habe man bereits gemeinsam gelernt und sich beigestanden.
"Das zeichnet diese Gesellschaft aus. Diese Hilfsbereitschaft, dieser Gemeinsinn sind es, die mich zuversichtlich sein lassen."
Schäuble muss während Regierungerklärung zur Disziplin aufrufen
Während der Regierungserklärung gab es ungewöhnlich viele Zwischenrufe von der AfD. Sie mahnten angesichts der Corona-Beschlüsse von Bund und Ländern die Gewaltenteilung an, also die Beteiligung der Parlamente.
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble sah sich gezwungen, Merkel zu unterbrechen und die Abgeordneten zu mehr Disziplin zu ermahnen. Das Land sei in einer außergewöhnlich schwierigen Lage, betonte er.
Aber auch Schäuble erntete von AfD-Abgeordneten Zwischenrufe. Darauf mahnte er: "Wenn sie den Präsidenten unterbrechen, kriegen sie gleich Ordnungsrufe, das ist gefährlich."
Schon zu Beginn der Rede kam es immer wieder zu Zwischenrufen aus dem Plenum. "Ich glaube, niemand in unserem Land hätte ein Verständnis, wenn wir nicht die Regierungserklärung der Bundeskanzlerin zu dieser schwierigen Lage mit der gebotenen Disziplin uns anhören würden", wies Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble die Abgeordneten zurecht.