Bundesumweltministerin Schulze bezeichnet den Weg Deutschlands in der Atompolitik als Durchbruch. Zum Jahrestag des Unglücks von Fukushima stellt sie einen Zwölf-Punkte-Plan vor.
Zum Jahrestag der Atomkatastrophe in Fukushima hat Bundesumweltministerin Svenja Schulze dazu aufgerufen, den Kampf gegen weitere atomare Risiken anzugehen.
Die Ministerin hat ein Zwölf-Punkte-Papier zur Vollendung des Atomausstiegs vorgelegt. Darin fasst das Ministerium Forderungen und Schritte zusammen, die helfen sollen, bis zur Abschaltung des letzten Atomkraftwerks im kommenden Jahr die nukleare Gefahr für Deutschland zu minimieren.
Deutscher Ausstieg, ein Durchbruch
In Deutschland habe man sich entschieden bis spätestens Ende 2022 aus der Atomkraft auszusteigen. "Das ist in mehrfacher Hinsicht ein Durchbruch", sagte Schulze. Man habe ein deutliches Plus an Sicherheit geschaffen. Die Risiken würden minimiert. Doch:
Zwölf-Punkte-Papier
Dazu gehören, wie Schulze im Papier ausführt, die Schließung von Brennelemente- und Uranfabriken, eine stärkere Kooperation mit anderen Staaten und ein beschleunigter Ausbau der erneuerbaren Energien.
"Unsere Arbeit ist mit dem deutschen Atomausstieg Ende 2022 nicht beendet", sagte Schulze. Ohne die Schließung der Atomfabriken im nordrhein-westfälischen Gronau und im niedersächsischen Lingen könne der deutsche Atomausstieg nicht vollendet werden, sagte die Ministerin.
"Unser Atomausstieg ist nicht mit der Produktion von Brennstoff und Brennelementen für Atomanlagen im Ausland vereinbar." Ein Vorstoß des Umweltressorts zu diesem Thema habe "in dieser Legislaturperiode nicht die nötige Unterstützung in der Bundesregierung" gefunden, erläuterte Schulze weiter. Dabei hätten Gutachten ergeben, dass eine rechtssichere Schließung der Fabriken möglich sei.
Schulze formuliert Ziele für Europa
Darüber hinaus spricht sich Schulze in dem Papier klar gegen Laufzeitverlängerungen und die staatliche Förderung für AKWs in Europa aus. Wegen der Gefahr, die weiterhin von Kraftwerken in Nachbarländern wie etwa Frankreich oder Belgien ausgehe, sei es wichtig, Kooperationen zwischen den Ländern zu stärken.
Hier müsse Deutschland auch seine Kompetenzen und das Wissen über Kernenergie, etwa in der Forschung, erhalten, um auch weiterhin "Mythen mit validen Fakten" begegnen zu können, so die Ministerin.
Endlagersuche: Deutschland auf dem richtigen Weg
Bei der Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Stoffe sieht Schulze Deutschland auf dem "richtigen Weg". Sie verspricht aber, die Öffentlichkeit künftig verstärkt aufzuklären. Die Befürworter der Atomenergie würden verbal "aufrüsten" und Kernenergie als klimafreundliche Alternative preisen.
Es sei deshalb wichtig, mit seriösen Informationen dagegenzuhalten. Auch neuen Konzepten zu kleineren Reaktoranlagen - den sogenannten Small Modular Reactors - erteilt Schulze eine Absage. Sie würden die Nachteile von großen Anlagen nur auf viele Kleinanlagen verlagern
DIe Katastrophe von Fukushima
Nach der Katastrophe von Fukushima stieg die Skepsis gegenüber der Kernenergie. Der GAU in Japan sorgte für eine Atom-Kehrtwende in Deutschland. Was passierte damals? Ein kurzer Rückblick:
Am 11. März 2011 ereignet sich vor der Ostküste Japans ein Seebeben, das schwere Schäden im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi verursachte. In der Folge kam es in mehreren Reaktorblöcken zu Kernschmelzen und dem Austritt von Radioaktivität. Bis zu 150.000 Einwohner der Region mussten das Gebiet vorübergehend oder dauerhaft verlassen. Es war die schlimmste Atomkatastrophe seit dem Unfall im ukrainischen AKW Tschernobyl 1986.
[Was bei der Katastrophe passierte, welche Folgen bis heute spürbar sind - und warum Japan weiter auf Atomenergie setzt: hier ein Überblick.]
Die Zahl der Toten im havarierten Kraftwerk sowie durch die Evakuierung oder ihre Folgen wird auf etwa 600 beziffert. Insgesamt wird langfristig mit bis zu 10.000 Toten durch die Atomkatastrophe und ihre Folgeerkrankungen gerechnet. Schätzungen zufolge dürften die Entsorgungsarbeiten 30 bis 40 Jahre dauern. Die Folgekosten der Katastrophe werden mittlerweile auf umgerechnet 175 bis 500 Milliarden Euro und sogar mehr beziffert.