Die Inzidenzen steigen. Doch die Politik hält dem Druck nicht mehr stand. Vor wichtigen Landtagswahlen gibt sie das Signal: Die Zeit der harten Hand ist vorbei. Zu viel Corona-Frust hat sich aufgebaut.
Dabei hatte die Kanzlerin noch vor drei Wochen die 35 zum Maßstab für Öffnungen gemacht. Jetzt Rolle rückwärts zum Zielwert 50, Öffnungskorridore sogar schon ab 100, eine Notbremse, regionale Lösungen. Es ist ein Hin und Her. Wer soll da eigentlich noch durchblicken?
"Unsere Corona-Politik ist zu langsam"
Zwar steht Deutschland bei Inzidenzwerten und Corona-Toten im internationalen Vergleich immer noch gut da. Die meisten Bürger sind diszipliniert. Die Industrie verdient wieder Geld. Doch je länger die Krise dauert, desto mehr wird aus der deutschen Corona-Politik eine Geschichte des Versagens.
Zu Beginn gab es keine Masken. Dann das Thema Impfen. Die Beschaffung war richtigerweise europäisch abgestimmt, aber zu spät, zu kurzsichtig, zu knauserig. So läuft Deutschland mit der EU beim Schlüsselthema Impfen vielen hinterher.
Erst jetzt wird der Astrazeneca-Impfstoff auch für über 65-Jährige freigegeben. Auch hier regierte im Land der Kommissionen, Formulare und Bedenken Mutlosigkeit. Unsere Corona-Politik ist zu langsam, zu bürokratisch und zu wenig pragmatisch.
Nach stundenlangen Beratungen haben sich Bund und Länder auf neue Corona-Maßnahmen geeinigt. Der Shutdown wird bis zum 28. März verlängert, gleichzeitig soll es Lockerungen geben.
Merkel und die Länder riskieren viel
Beim Thema Schnell- und Selbsttests stellen wir uns gerade das nächste Bein. Die Infrastruktur - zu spät aufgebaut. Und genügt es, nur einmal die Woche zu testen? Wieder sind andere viel weiter.
Zu wenig Impfungen, zu späte Tests - deshalb ist es fraglich, ob Corona mit den Beschlüssen der letzten Nacht in Schach gehalten werden kann. Merkel und die Länder riskieren mit ihrer stufenweisen Öffnungsstrategie viel. Wenn die Mutante sich weiter durchsetzt, muss die Politik schon bald wieder verbieten, was sie heute erlaubt. Und ob die Bevölkerung in einer dritten Welle auch noch mitspielt, ist fraglich.