Einst war Josef Ackermann Vorzeige-Banker und Chef der Deutschen Bank. Im Interview zeigt er sich wegen dubioser Geschäfte in seiner Amtszeit selbstkritisch.
Josef Ackermann beriet Finanzminister, feierte im Kanzleramt Geburtstag und brachte - aus seiner Sicht - die Deutsche Bank gut durch die Finanzkrise. Am Ende standen jedoch Strafzahlungen in Milliardenhöhe, eine Bank mit ramponiertem Image und ein Aktienkurs, der sich von den Skandalen nie erholt hat.
Zum ersten Mal seit 15 Jahren spricht Josef Ackermann über seine Karriere, die Vorwürfe und Beschuldigungen während und nach seiner Zeit an der Spitze der Deutschen Bank. Am Ende steht ein Eingeständnis des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden.
ZDFheute: Herr Ackermann, Sie wollten die Deutsche Bank ab 2002 zum Global Player machen. Investmentbanking war für Sie das Maß aller Dinge. Für die meisten ist das ein Buch mit sieben Siegeln, denn die zahlreichen Produkte sind oft undurchschaubar. Haben Sie eigentlich von Anfang an genau immer verstanden, worum es beim Investmentbanking geht?
Josef Ackermann: Dass man alle Produkte im Detail nachvollziehen kann, das ist unmöglich. Als Chef ist das unmöglich. Da werden ja Tausende von Strukturen und Produkten entwickelt. Wenn man jedes Produkt selbst bewilligen müsste, müsste man das im Detail verstehen. Ich glaube, dass das nicht denkbar ist.
ZDFheute: Bei vielen Mitstreitern und Mitstreiterinnen eckten Sie mit Ihrem Kurs an. Genau wie mit Ihrer persönlichen Haltung. Wir erinnern uns: Anfang 2004 stehen Sie vor Gericht, es geht um den Verkauf der Mannesmann-Mobilfunk AG an Vodafone und millionenschwere Boni. In Erinnerung bleibt das Foto von Ihnen mit dem Victory-Zeichen vor Prozessbeginn. Eine Geste der Überheblichkeit?
Ackermann: Natürlich war das auch aus einer Nervosität heraus, ich mache dieses Victory-Zeichen spontan - was ich sonst nicht mache. Das wurde dann natürlich interpretiert als mangelnder Respekt gegenüber dem Gericht. Ich habe mich dann auch sofort entschuldigt.
ZDFheute: Kommt genau in solchen Situationen, der eigentliche Charakter von Josef Ackermann zum Vorschein?
Ackermann: Ich überleg' mir nicht immer hundertmal, ob das klug ist, etwas gerade jetzt zu sagen, sondern ich sage es - und das ist vielleicht typisch schweizerisch.
ZDFheute: Das scheint bei anderen nicht immer gut anzukommen: Im Nachhinein rechnen leitende Angestellte der Deutschen Bank öffentlich mit der "Ära Ackermann" ab. Hat es Sie verbittert, dass so massive Kritik gerade auch aus den eigenen Reihen kam?
Ackermann: Ja gut, zum Teil kam sie von Leuten, die ich ja nicht befördert hatte, die so Revanche-Gelüste hatten. Solche Einzelstimmen darf man nicht sehr ernst nehmen, eben weil sie insbesondere oftmals von Menschen kommen, die man charakterlich und fachlich nicht fit gehalten hat für einen höheren Job, die es dann aber geschafft haben. Und die werden natürlich eher ein bisschen zurückzahlen.
ZDFheute: Und dann gab es von einigen Beobachtern und Beobachterinnen auch den Vorwurf: Es habe unter Ihrem Vorsitz einen ungeheuren Druck, Geld zu machen, gegeben und danach noch größeren Druck, wieder mehr zu machen, und im nächsten Jahr noch mehr. War das so?
Ackermann: Da gibt es nichts zu beschönigen, das ist ein schwarzer Fleck! (…) Das ist ein psychologisches großes Thema, wie man erkennen kann, wo die Gier oder das Profitstreben zu hoch ist. Das wären, wenn ich so eine Beichte heute ablege, wahrscheinlich die Dinge, an denen man noch mehr arbeiten könnte.
Das Gespräch führte Egmont R. Koch im Rahmen der Doku "Zeit der Gier".